Heiße Bilder von heißen Sternen

Neue spektakuläre VLT-Fotos entschleiern mysteriöse astrale Nebel

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Auf der südlichen Erdhalbkugel sind die in den Sternbildern Dorado und Mensa ("Große Magellanische Wolke") und Tucana ("Kleine Magellanische Wolke") eingebetteten Magellanschen Wolken mit bloßem Auge zu sehen - als auffallend helle Nebelflecken. Jetzt hat das leistungsfähige "Very Large Telescope" (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile innerhalb dieser Nebelflecken weitere Nebelflecken ausgemacht und fotografiert. Die farbenprächtigen Bilder, die jüngst veröffentlicht wurden, zeigen ionisierte Regionen, in denen heiße und junge Sterne im wahrsten Sinne des Wortes "erstrahlen".

Bilder: ESO

Wenn die Sterngucker unserer Tage mit hochsensiblen erdgebundenen optischen Teleskopen oder gar Weltraumobservatorien à la Hubble nach Lichtpartikeln jagen, womöglich noch das eingefangene stellare Licht mit hochfiligranen Spektografen zerlegen und deren Lichteigenschaften mit spezieller Software en detail berechnen und dabei während der Datenanalyse gebannt auf PC-Monitore starren, kann es sein, dass sich die eingehende Photonenflut Bit für Bit zu einem Bild von faszinierender Schönheit verdichtet.

Astrales Triumvirat

Schön und faszinierend zugleich ist ebenfalls eine soeben veröffentlichte Aufnahme von den Magellanischen Wolken, die mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO gelang, das auf dem 2635 Meter hohen Cerro Paranal in der Atacama-Wüste im Norden von Chile residiert und weltweit den zu den größten und modernsten optischen Teleskopsystemen seines Genres zählt. Vereinigen sich seine vier ortsfesten 8,2-Meter-Spiegelteleskope (und beweglichen 1.8-Meter-Hilfsfernrohre) zu einem Interferometer, sind in der Regel handfeste Überraschungen vorprogrammiert, vor allem dann, wenn mysteriöse Himmelskörper anvisiert werden, wozu die Magellanschen Wolken zweifelsfrei zählen.

Zusammen mit unserer Milchstrasse bilden die beiden Magellanschen Wolken LMC ("Large Magellanic Cloud") und SMC ("Small Magellanic Cloud") unter den katalogisierten 30 Nachbar-Galaxien ein astrales Triumvirat, das zur so genannten Lokalen Gruppe gehört.

Von allen Mitgliedern der Lokalen Gruppe ist die Andromeda-Galaxie mit 150.000 Lichtjahren Durchmesser die größte. An zweiter Stelle folgt die Milchstraße mit 110.000 Lichtjahren - und mit Abstand, die Magellanschen Wolken, 21.000 (LMC) und 9.500 (SMC) Lichtjahre. Alle anderen Galaxien der Lokalen Gruppe haben Durchmesser zwischen 1000 und 7000 Lichtjahren. Während die Andromeda-Galaxie und die Milchstraße als Spiralgalaxien durchs All rasen, zeichnen sich die Magellanschen Wolken als so genannte irreguläre Zwerggalaxien durch keine systematische Form aus, sind aber von allen Galaxien in "unserem" (vgl. Baby-Universen aus Schwarzen Löchern?) Universum der Milchstrasse immerhin am nächsten.

Exquisite VLT-Bilder

Benannt sind die ausschließlich von der Südkugel aus zu sehenden, aber mit bloßem Auge erkennbaren Galaxien nach Ferdinand Magellan (1489-1521), der die Nebelwolken am Himmel erstmals in seinem Bordbuch erwähnte. Die große Magellansche Wolke hat ein Viertel der Leuchtkraft unserer Milchstraße, die kleine nur 1/25 davon. Die LMC steht uns mit einer Entfernung von 185.000 Lichtjahren am nächsten; die SMC ist unsere zweitnächste Nachbarin mit einem Abstand von ungefähr 250.000 Lichtjahren Entfernung. Zwar bewegen sich beide Wolken mit zirka 55 Kilometer in der Sekunde aufeinander zu; dennoch stellen sie kein gravitativ gebundenes Galaxienpaar dar.

Was da auf den beiden exquisiten VLT-Bildern, an deren Zustandekommen belgische Wissenschaftler vom Institute of Astrophysics and Geophysics der Universität in Liège maßgeblich beteiligt waren, förmlich und farbenprächtig ins Auge springt, sind nicht die beiden Galaxien selbst, sondern ist ausschließlich ionisierter Nebel, von dem die Sterne umgeben sind. Auf den Fotos ist demzufolge nur ein winziger Ausschnitt der jeweiligen Galaxie zu sehen.

Dabei sind die Sterne, die um respektive in solchen Nebeln nisten, in punkto Größe und Temperatur mindestens genauso außergewöhnlich wie das ästhetische Farbenspiel selbst. Denn die Messungen der Forscher ergaben, dass die meisten Sterne in der Nähe der ionisierten Nebel die 20-fache Masse der Sonne und eine Oberflächentemperatur von 90.000 Grad Celsius aufweisen. Zum Vergleich: Die Oberflächentemperatur unseres Heimatstern beläuft sich auf zirka 5500 Grad Celsius.

Faszinierendes Zusammenspiel

Das bizarr-ästhetische Aussehen der Nebel, das faszinierende Zusammenspiel zwischen Gas, Staub und Strahlung rund um die neugeborenen Sterne in diesen Nebeln, ist primär auf die extrem intensive Strahlung von jungen, heißen Sternen zurückzuführen. Im Inneren des Nebel befinden sich sehr massereiche Sterne, die sich erst vor kurzer Zeit gebildet haben und von denen starke Winde und Schockwellen, insbesondere aber ultraviolette Strahlung ausgehen, die in erster Linie das Fluoreszieren des Nebels bedingen.

Da die Kleine Magellansche Wolke im Vergleich zu unserer Milchstraße etwa nur ein Zehntel der Häufigkeit an schweren Elementen aufweist, eignet sie sich als Studienobjekt für die Sternentstehung in früheren Zeiten (als es noch weitaus weniger schwere Elemente gab) besonders gut.

Näheres zu den Hintergründen und noch zwei weitere Bilder, die auch als Desktop-Hintergrund taugen.