Historischer Sieg: Als erstes Land sagt Ecuador Nein zum Erdöl

Seite 2: Inspiration für globale Trendumkehr?

Tatsächlich reicht der Sieg aber noch weiter in die Vergangenheit zurück. Wie die New York Times im Vorfeld der Abstimmung berichtete, ist das Referendum "der Höhepunkt eines bahnbrechenden Vorschlags, der vor fast zwei Jahrzehnten gemacht wurde, als Rafael Correa, der damalige Präsident Ecuadors, versuchte, wohlhabende Nationen davon zu überzeugen, sein Land dafür zu bezahlen, dass es das gleiche Ölfeld in Yasuní unberührt lässt. Er verlangte 3,6 Milliarden Dollar, also die Hälfte des geschätzten Werts der Ölreserven."

Correa versuchte über sechs Jahren den Vorschlag voranzutreiben, aber es gelang ihm nicht, die reichen Industriestaaten von einer Zahlung zu überzeugen. Damals versprach die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar anfänglich, 50 Millionen Euro beizusteuern, doch der damalige Entwicklungsminister Niebel (FDP) zog die Zusage schließlich zurück.

Als Correa verkündet, dass der Vorschlag gescheitert sei und die Bohrungen beginnen würden, begannen viele im Land, vor allem die Jungen, zu protestieren. Daraus entstand die Bewegung für ein Referendum.

Yasunidos, die zivilgesellschaftliche Gruppe, die hinter der Volksabstimmung steht, feierte das Votum als "einen historischen Sieg für Ecuador und für den Planeten". Nemonte Nenquimo, ein indigener Waorani-Anführer und Träger des Goldman-Umweltpreises, sagte:

Endlich werden wir die Ölfirmen aus unserem Gebiet vertreiben! Das ist ein großer Sieg für alle indigenen Völker, für die Tiere, die Pflanzen, die Geister des Waldes und unser Klima.

"Dieser Sieg zeigt, dass wir Menschen etwas unternehmen, um unseren Planeten in diesen Zeiten der Klimakrise zu retten", stellt Leonidas Iza fest, Präsident von Conaie, Ecuadors Dachverband der indigenen Völker.

Der Bohrstopp steht in starkem Kontrast zu dem weiter anhaltenden Run auf fossile Brennstoffe weltweit. So werden insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent neue Gas- und Ölprojekte vorangetrieben. Auf einer u.a. von der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung organisierten "Nationalen Öl- und Gaskonferenz" in Namibia vor zehn Tagen, zu der 700 Teilnehmer aus dem In- und Ausland, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler und Politiker geladen waren, frohlockte der Projektleiter der deutschen Stiftung, Clemens von Doderer, dass Namibia "die einmalige Chance" habe, das "Norwegen Afrikas zu werden".

Wenigstens elf Milliarden Barrel Öl und 2.2 Billionen Kubikmeter Gas werden in einer Tiefe von etwa 3000 Meter im sogenannte Orange Basin vor der Küste erwartet. Es ist eine von vielen Klima- und Emissionsbomben in Afrika, wie es der britische Guardian nennt.

In den USA genehmigte Präsident Joe Biden ein riesiges Ölbohrprojekt in Alaska und eine umstrittene Gas-Pipeline durch die Appalachen im Bundesstaat West-Virginia. In Deutschland werden zugleich neue LNG-Terminals für verflüssigtes Erdgas vor allem aus den USA gebaut, u.a. vor der Ostseeinsel Rügen.

Auch dagegen gibt es wie bei vielen fossilen Projekten Proteste. Und trotz eindringlicher Warnungen vor den damit verbundenen Klimarisiken beschleunigt die britische Regierung die Vergabe von Öl- und Gaslizenzen in der Nordsee.

Dagegen lautet die Botschaft, die von Ecuador ausgeht: Es ist möglich, Nein zum Öl zu sagen. Man muss es nur machen. Das Votum der Ecuadorianer:innen sollte jetzt als Inspiration für eine globale Trendumkehr genutzt werden.