"Houston - ich habe ein Problem!"

Sex im All? ISS-Astronautinnen mit Schwangerschaftstest-Set ausgestattet

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Eigentlich sollte doch der Sex im Orbit für Astronauten im wahrsten Sinne des Wortes schwerelos sein. Doch am liebsten wäre der NASA, wenn ihre Astronauten in dieser Hinsicht nicht den Boden unter den Füßen verlieren. Jetzt will die prüde US-Raumfahrtagentur den künftigen ISS-Raumfahrerinnen Schwangerschafts-Teststreifen ins Reisegepäck legen. Sollte ein sexueller Kontakt mit unerwünschten Folgen erfolgen, müsste die "trächtige" Raumfahrerin wieder die Koffer packen.

Der Alltag an Bord der Internationalen Raumstation ist für die dort lebenden Menschen wahrlich kein Zuckerschlecken. Im Orbit stehen sinnlich-kulinarische Genüsse in der Regel nicht auf der Speisekarte. Nicht Spaß und Abenteuergefühle beglücken die Besatzung, sondern der Kampf gegen Gleichgewichts- und Appetitstörungen sowie Knochen- und Muskelschwund bestimmen deren Tagesablauf. Ständig müssen die Raumfahrer trainieren, schwitzen und arbeiten. Der Zeitplan ist grundsätzlich eng, und die sukzessive anfallenden Probleme verlangen generell nach einer schnellen Lösung. Dass die Libido bei diesem Stress und Arbeitspensum schnell der Strecke bleibt, hat auch der deutsche Wissenschaftsastronaut Dr. Ulrich Walter am eigenen Leib erfahren: "Wir dachten alle an alles Mögliche - nur an das Eine nicht."

Erstaunlicherweise wurde der Zusammenhang und die ethische Dimension von Sexualität und Raumfahrt bislang kaum diskutiert, obgleich auf der Internationalen Raumstation und bei der ersten für das Jahr 2019 angedachten bemannten Mars-Mission (Forschungsexpedition zum Roten Wüstenplaneten (Teil 1)) sexuelle Kontakte vorprogrammiert sind, da Raumfahrer beiderlei Geschlechts monate- und jahrelang auf engsten Raum arbeiten werden.

Keine Verhütung - nur Nachsorge

Doch die prüde NASA, die das Thema Sex und Raumfahrt bis dato fortwährend ausgeklammert hat, scheint wohl über ihren Schatten gesprungen zu sein - zumindest in punkto "Nachsorge". Denn fortan werden alle ISS-Astronautinnen für den Fall der Fälle mit einem Schwangerschaftstest-Set ausgestattet. Sollte es während späteren Orbitaufenthalten und Raumreisen zu "unerwünschten" Intimitäten zwischen den Besatzungsmitgliedern kommen, tritt der "Pregnancy Test Stick" in Aktion. Diesen hat die NASA zusammen mit einer kurzen Gebrauchsanleitung und anderem medizinischen Equipment in einem Arzneikoffer deponiert. Dabei dient der beigefügte Test bloß für das "danach". Pillen und andere Verhütungsmittel wie etwa Kondome für das "davor" wurden erwartungsgemäß nicht berücksichtigt.

Derzeit wissen die Raumfahrtmediziner nur wenig über die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf menschliche Embryos. Dies wird wohl auch noch für eine Weile so bleiben, denn seit Beginn der "bemannten" Raumfahrt dürfen Astronautinnen, die vor dem Start einen positiven Schwangerschaftstest hatten, nicht ins All fliegen. Sollte es auf der Internationalen Raumstation einmal zu einer Schwangerschaft kommen, müsste die betroffene Astronautin aus Sicherheitsgründen zum schnellstmöglichen Zeitpunkt zur Erde zurück kehren, um medizinischen Komplikationen vorzubeugen. Wenngleich Frauen auch in Zukunft auf der ISS nur sporadisch zum Einsatz kommen werden, so war bereits unter der letzten Crew mit Susan Helms die erste Astronautin an Bord der "Station". Und schon im kommenden Team folgt die nächste: Peggy Whitson - sie wird die erste Astronautin sein, die im Ernstfall auf derartige Teststreifen zurückgreifen kann.

Notfallszenarien aller Couleur

Die Einzelheiten des Schwangerschaftstests und die dazu gehörige Gebrauchsanleitung sind erst kürzlich durch die Website SpaceRef.com bekannt geworden, die offensichtlich auf legale Weise in Besitz der "Medical Operation Books" der NASA gekommen ist. In dem dreibändigen Werk spielt die NASA etliche Notfallszenarien durch, die darauf abzielen, der Crew bei Unfällen oder medizinischen Notfällen den schnellstmöglichsten Lösungsansatz zu vermitteln. Alle darin aufgeführten Szenarien und Bewältigungsstrategien sowie Tipps für die richtige Medikation sind in dem offiziellen NASA-Handbuch nicht verzeichnet. Kein Wunder, denn manche der aufgelisteten so genannten "Routine Medical Procedures" beziehen sich auf nicht "alltägliche" Notfälle. Was ist etwa zu tun, wenn Selbstmordgedanken aufkommen, wenn psychische Störungen, schwere allergische Reaktionen, schwere Kopfverletzungen, Vergiftungen oder Verbrennungen auftreten? Oder wie lassen sich Zahnschmerzen, Nasenbluten und Durchfall in der Schwerelosigkeit am effektivsten bekämpfen? Die Gebrauchs- und Handlungsanweisungen sind, obgleich mit zahlreichen Illustrationen, Bildern und mitunter auch Statistiken versehen, kurz und präzis. So beschränkt sich die Anleitung für den Schwangerschaftstest im Kern auf gerade mal eine Seite.

Für den Herausgeber von SpaceRef.com Keith Cowing, der selbst einmal bei der NASA eine Zeitlang als Wissenschaftler gearbeitet hat, hat die Raumfahrtbehörde in Bezug auf Sex nach wie vor eine ambivalente Haltung. Einerseits treffe sie alle Vorkehrungen für die Nachsorge und zeige auch Interesse an einer Erforschung der Befruchtung respektive des Verlaufs einer Schwangerschaft im Orbit. Andererseits sei ihre generelle Haltung in dieser Hinsicht nach wie vor negativ:

Die NASA hat bislang über die Möglichkeit von Sex im All noch nicht ernsthaft diskutiert. Und jetzt zeigt sie sich sogar besorgt darüber, was eine Astronautin in der Nacht vor dem Start mit ihrem Ehemann so alles angestellt hat.

Wenngleich bis auf den heutigen Tag keine Hinweise vorliegen, die sexuelle Handlungen in und auf der ISS vermuten lassen, gehen Insider doch davon aus, dass im Zuge der immer länger werdenden All-Aufenthalte an Bord der Raumstation die Wahrscheinlichkeit von sexuellen Kontakten wächst.

Mag sein, dass die NASA auch in naher Zukunft das prekäre Thema "Sex im All" mit Reserve behandeln wird. Gleichwohl sollte in Houston momentan wirklich kein Anlass zur Sorge bestehen. Es ist nämlich "recht" unwahrscheinlich, dass sich ein Mitglied der jetzigen ISS-Besatzung in anderen Umständen befindet und sich alsbald mit den Worten zu Wort meldet. "Houston, ich habe ein Problem".