ISPA Österreich führt Zensur für Newsgroups ein

Provider verteidigen das als "Notwehrmassnahme" gegen "komplett blödsinnige Regelung" durch Behörden. Usenet-Aktivisten fordern "Zerschlagung der ISPA".

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In der Newsgroup at.usenet und anderen schlagen die Wellen der Proteste hoch, seitdem die österreichische Internet Service Providers Association (ISPA) ihre Pläne bezüglich der Bekämpfung illegaler Inhalte im Internet bekanntgegeben hat. Was die ISPA vor hat, geht über die blosse Einrichtung einer Hotline, die heute, am 1.12. ihren Betrieb aufgenommen hat, weit hinaus. Erklärtermassen will man gemeldete und für "illegal" befundene Inhalte mittels des sogenannten NoCeM-Modus ("No See Message") zensurieren, wodurch nur österreichische Newsserver von der Massnahme betroffen sind.

Ein weltweiter "Cancel Request" würde ziemlich sicher gegen US-Gesetze verstossen, das weiss auch Herbert Herdlicka, Geschäftsführer des Platzhirschen EUnet und einer der Proponenten des Projekts. Herdlicka sieht es "als eine Art Notwehrmassnahme", bevor vonseiten der Behörden Auflagen erfolgen, "die nicht implementierbar [sind] - bevor uns also eine komplett blödsinnige Regelung aufs Auge gedrückt wird."

Zur Anzeige werden die "illegalen" Inhalte - damit ist Missbrauch von Kindern gemeint - vor ihrer Löschung laut Herdlicka nicht. Ob "eventuell schädliche Inhalte", wie man auf der ISPA-Site offenbar Verstösse gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung umschreibt, auch von der Zensur betroffen werden, wird ein noch zu gründender Zensur-Beirat dieser Tage entscheiden. Anzunehmen ist, dass dies auf der jährlichen Generalversammlung der ISPA am dritten Dezember geschehen wird.

Im österreichischen Usenet ist die Forderung "Zerschlagt die ISPA" mittlerweile durchaus populär. Besonderer Spott wird mit dem Wahlmodus betrieben, mittels dessen der alte ISPA-Vorstand wiedergewählt werden will. Das Stimmrecht innerhalb der ISPA Österreich ist nämlich strikt plutokratisch angelegt: Für einen Mitgliedsbeitrag von ATS 4000 (ca 570 DM) ist ein Stimmrecht zu haben, 3 Stimmen kosten ATS 25.000 (3570 DM) jährlich. Wer ATS 100.000 (DM 14.300) anlegt, hat das neunfache Stimmgewicht eines gewöhnlichen Mitglieds.

Was allen Zensurwilligen zu entgehen scheint, ist, dass sich die ISPA strafbar machen könnte, wenn sie strafrechtlich relevantes Beweismaterial ganz einfach löscht.