Ich sterbe gerade unter großen Schmerzen

Endlich wieder rauchen ohne Todesdrohungen. Wie man sich die schwarzgedruckten Hinweise auf Zigarettenschachteln aus dem Blickfeld schafft

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Erst haben sie in Irland das Rauchen in Kneipen verboten. Das war ungefähr so, wie wenn George W. Bush die Todesstrafe abschaffen und Kiffen legalisieren würde. Geht gar nicht. Dachten wir. Und dann sahen wir im Fernsehen betrübt in ihre Gläser starrende Iren. Einer sagte in eine Kamera: "Das können die doch nicht machen! Sollen wir jetzt im Regen draußen vor dem Pub rauchen?" Irland war also längst gefallen, als die Todesdrohungen nach Deutschland kamen.

Seit dem 01. Oktober kleben auf jeder Kippenpackung EU-verordnete Hinweise wie diese: "Rauchen kann tödlich sein." / "Rauchen kann impotent machen." / "Raucher sterben früher." / "Rauchen lässt Ihre Haut altern." / "Rauchen fügt Ihnen und den Mitmenschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu." Das steht da in schwarzer Schrift, drum herum ein fetter, schwarzer Rahmen. Doch ein paar von Deutschlands 20 Millionen Rauchern machen da nicht mit.

Im Internet gibt es eine Seite, von der man sich Zigarettenpackungs-Drohungen runterladen kann, die man dann ausschneidet und über die Hinweise auf der Zigarettenpackung klebt. Das wäre eine recht dämliche Aktion, wenn die Zigarettenpackungs-Drohungen von besagter Internetseite normale Zigarettenpackungs-Drohungen wären. Sind sie aber nicht. Es sind - tja - Rauchergedichte.

Wem der Lungenkrebstod winkt, für den ist alles Poesie. Rauchergedichte also, die gehen so: "Der Weg zur Lunge muss geteert sein, damit der Tod nicht ausrutscht." / "Rauchen macht glücklich" / "Es lebe der Auswurf" / "Ich sterbe gerade unter großen Schmerzen." / "Tot sein ist gut!" / "Rauchen kann eine riesige und schmerzhafte Dauererektion hervorrufen." / "Röchel!" Dergleichen trägt man gern auf seiner Tabakstengelbox spazieren, lieber jedenfalls als: "Rauchen kann zu einem langsamen und schmerzhaften Tod führen."

Auf der Seite steht zu lesen:

Hallo,

Du kennst die neuen Warnhinweise auf den Zigarettenpäckchen, glaubst aber, dass Du Dich selbst noch viel konsequenter auf die Gefahren des Rauchens hinweisen solltest ;-)

Kein Problem - in weniger als einer Minute hast Du eigene "Warnhinweise" auf Deinem Päckchen.

Systemvoraussetzungen: Drucker und Schere.

"Ho, ho", röchelt da der klickende Raucher und haut sich auf die schwarzen Beine. Dann liest er weiter:

So geht es: 1. Tippe einfach einen anderen Text in die Warnhinweise. 2. Klicke auf die Katze rechts oben. 3. Drucke diese Seite aus. 4. Ausschneiden. 5. Warnhinweis zwischen Folie und Päckchen einschieben. 6. Eine rauchen.

Wenn man fertig ist mit lachen, kann man auch eigene Rauchergedichte erfinden und auf Rauchergedicht.de veröffentlichen. Und andere Raucher laden sich den Quatsch dann runter und versammeln sich in Raucherrudeln vor Rechnern und bekleben ihre Kippenschachteln und zeigen sich dann jeden Morgen im Büro, was sie diesmal für ein lustiges Rauchergedicht spazieren tragen, ha, ha, ha - hust!

Würdiger ist's, die Zigarettenschachtel in eine kleine Plastikbox zu stecken, die die Schachtel ganz umschließt. Es gibt diese Plastikboxen in allen Farben, mit Fotos, Bildern oder gar nichts drauf. Es heißt, in Süddeutschland gäbe es einen Menschen, der habe das Patent auf diese Schachtel-Überzieher und werde gerade stinkreich. In den Niederlanden ist der Umsatz der Zigarettenschachtel-Plastiküberzieher-Industrie seit der Einführung der Todesdrohungen im vergangenen Jahr stark gestiegen. Vielleicht ist es ja die Zigarettenschachtel-Plastiküberzieher-Industrie, die Deutschland aus der Krise reißt.

Ach ja, fast vergessen, der Stil. Stilvoll ist es natürlich, seine Zigaretten in ein gutes altes Zigarettenetui zu stecken. Klappe auf, Kippen rein, Klappe zu. Das ist zwar ein bisschen aufwändig, fühlt sich aber gut an und sieht gut aus. Da fragen dann sogar Nichtraucherinnen, was man denn in diesem formschönen Schächtelchen mit sich trägt. Und denken sie nur an Humphrey Bogart, wie er sein silbernes Etui zückte und sich die hundertste Kippe in den Mundwinkel drückte - und ein Raunen ging durch den Raum.

Noch was: Bald ist es so weit! Im Oktober 2004 will die EU ein Gesetz erlassen, das den Mitgliedsstaaten erlaubt, in Zukunft auch Fotos von Raucherbeinen, Krebsgeschwüren und verfaulten Zähnen als Todesdrohungen auf Zigarettenpackungen drucken zu lassen. Und sie werden es tun.