Immunität für amerikanische Ölkonzerne im Irak

Ein jetzt erst bekannt gewordener Präsidentenerlass von George Bush hebt wieder einmal das Öl als einen wichtigen Grund für den Irak-Krieg hervor

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Der Irak kommt den USA teuer zu stehen (Trübe Aussichten). Vermutlich hatte sich die US-Regierung dies anders vorgestellt, schließlich erfolgte der Tyrannensturz im Land mit den zweitgrößten Ölressourcen der Welt nicht selbstlos (Die Bush-Regierung und das irakische Öl). Während die US-Regierung sieben Soldaten in humanitärer Mission in das verarmte Liberia schickt, das geschäftlich kaum etwas zu bieten hat, auch wenn Präsident Taylor ausgewiesene Kontakte mit al-Qaida besaß, so rückten in den Irak 150.000 Soldaten ein, deren vordringliche Aufgabe die Sicherung der Ölquellen und des Ölministeriums war (Öl oder Kultur).

Kriegsgegner kritisierten den Krieg mit der Parole: "Blut für Öl" Das irakische Öl war, auch wenn die Bush-Regierung dies leugnet, natürlich eine der wesentlichen Motive für den Irak-Krieg (Irak-Krieg von langer Hand vorbereitet), der als erster Schritt gedacht war, die gesamte Region zu stabilisieren und gleichzeitig die Abhängigkeit des weiter wachsenden Energiebedarfs von Saudi-Arabien zu mildern (Blut für Öl). Zynisch hatten denn US-Soldaten von der 101st Airborne Division ihre Lager nicht zu unrecht Camp Shell oder Camp Exxon genannt, was sie aber schnell auf Geheiß des Pentagon ändern mussten, weil dies ein gar zu schlechtes Bild abgeben würde.

Dass die US-Regierung kaum einen Gedanken an die Besatzung und das Geld verschwendete, das diese kosten wird, liegt wohl auch daran, dass man erwartete, dass mit Ölressourcen Kosten der Besatzung und des Wiederaufbaus gesichert werden können. Vom Wiederaufbau sollten dann auch vor allem amerikanische Firmen profitieren. Immerhin hat die US-Regierung im Mai die Resolution 1483 durchsetzen können, mit der die Sanktionen gegenüber dem Irak beendet wurden und die ihr die Kontrolle über den Entwicklungsfond übertrug, auch wenn es einen internationalen Aufsichtsrat gibt (Die neu entdeckte Einigkeit der Uneinigen). In diesen Fond kommen nicht nur Gelder des beendeten Öl-für-Lebensmittel-Programms oder die vom Kongress bewilligten Gelder, sondern auch die künftigen Gewinne über den Verkauf des Öls. Aus diesem sollen dann die Schulden, Kredite und Wiederaufbauarbeiten gezahlt werden. So gewährt die staatliche U.S. Export-Import Bank (ExIm) US-Firmen Kredite für den Wiederaufbau im Irak, die vom Entwicklungsfond gedeckt werden.

Kurz nach der Resolution und mit dieser zusammenhängend unterzeichnete Präsident Bush die Executive Order 13303 am 22. Mai, die den Ölkonzernen und US-Bürgern, die im Irak tätig sind, weitgehend Immunität garantiert:

"Any attachment, judgment, decree, lien, execution, garnishment or other judicial process is prohibited, and shall be deemed null and void, with respect to the following:

"(a) the Development Fund for Iraq and

"(b) all Iraqi petroleum and petroleum products, and interests therein, and proceeds, obligations or any financial instruments of any nature whatsoever arising from or related to the sale or marketing thereof, and interests therein, in which any foreign country or a national thereof has any interest, that are in the United States, that hereafter come within the United States, or that are or hereafter come within the possession or control of United States persons."

Nach diesem Erlass, so Steve Kretzmann and Jim Vallette vom Sustainable Energy and Environment Network (SEEN), die vor kurzem als erste darauf aufmerksam gemacht haben, können Ölkonzerne in ihren Irak-Geschäften kaum mehr belangt werden und risikofrei agieren. So wären keine Klagen möglich, wenn es einen Tankerunfall, eine Explosion in einer Ölraffinerie oder andere Umweltschäden gibt, Zwangsarbeit oder sogar Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen wären straffrei möglich. Zudem wird mit dem Erlass jede Forderung von Opfern oder Kreditgebern des alten Regimes, aber auch der erst zu wählenden Regierung als nichtig erklärt. "Der Bush-Erlass erklärt das irakische Öl unilateral zur unantastbaren Provinz der US-Konzerne."

Taylor Griffin, Sprecher des Finanzministerium, sieht das freilich anders. Der Erlass würde nicht das Geld der US-Konzerne schützen, sondern nur das Geld der irakischen Menschen. Genauere Regeln würden jetzt erst vom Finanzministerium ausgearbeitet werden. Kritiker wie Tom Devine vom Government Accountability Project sind davon nicht überzeugt: "Nach ihrem Wortlaut scheint die Executive Order die Gültigkeit des Gesetzes für die Ölindustrie und jede Person abzuschaffen, die in Besitz oder Kontrolle von irakischem Öl oder beliebig Anderem gelangt, das mit irakischem Öl zusammen hängt."

Bei der engen Verflochtenheit von George W. Bush und seiner Regierungsmannschaft mit Öl- und Energiekonzernen (Bush-Cheney Inc.) wäre die Ausstellung eines solchen Freischeins für Geschäfte mit dem lukrativen irakischen Öl zumindest nicht unwahrscheinlich (Die Gewinner des Krieges).