Internationale Proteste erfolglos

Saudi-Arabien lässt Blogger wegen "Lächerlichmachens religiöser Figuren des Islam" auspeitschen

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In Saudi-Arabien bekam der Blogger Raif Badawi am Wochenende auf dem Vorhof der al-Dschuffali-Moschee in Dschidda die ersten 50 von insgesamt 1000 Peitschenhieben verabreicht, zu denen ihn das Strafgericht der Stadt wegen "Lächerlichmachens religiöser Figuren des Islam" verurteilt hatte. Darüber hinaus muss der Blogger noch acht von zehn Jahren Gefängnis absitzen und eine Million Rial an die saudische Königsfamilie zahlen. Umgerechnet sind das etwa 225.000 Euro.

Anlass für den Strafprozess war, dass der Blogger 2006 die Website Saudi Arabian Liberals ins Leben gerufen hatte, auf der Bürger des Landes freiheitliche Ideen und Interpretationen des Islam diskutieren konnten. In diesem Rahmen wurden unter anderem wahabitische Prediger und die Religionspolizei kritisiert indem man sie so übertrieben lobte, dass es ihnen auffiel. Die satirischen oder anderweitig kritischen Bemerkungen betrafen unter anderem das Verbot des Valentinstages in Saudi-Arabien (dessen Einhaltung die Religionspolizei mit Kontrollen in Blumen- und Süßwarenläden überwacht) und das (auch für christliche Mitarbeiter ausländischer Firmen geltende) Weihnachtsbaumverbot.

Außerdem fragte man sich, warum die religiöse Toleranz, die Saudi-Arabien von der übrigen Welt einfordert, nicht im eigenen Land gilt. Dadurch gefährdete Badawi nach Ansicht der Richter nicht nur die nationale Sicherheit, sondern machte sich auch des oben genannten Verbrechens schuldig. Der saudische Theologe Scheich Abdul-Rahman al-Barrak hatte außerdem eine Fatwa erlassen, in der es hieß, Badawi sei vom Glauben abgefallen, weil er behauptete, Moslems, Juden, Christen und Atheisten wären gleich. Diesen Vorwurf des Abfalls vom Islam, auf den in Saudi-Arabien verbindlich die Todesstrafe folgt, wollten die Strafrichter nicht bestätigen. Dafür erhöhten sie die Gefängnisstrafe wegen "Ungehorsam den Eltern gegenüber" um drei Monate, weil Badawis Meinungsverschiedenheiten mit seinem Vater öffentlich ausgetragen hatte.

Bild: Amnesty International.

Bei Menschenrechtsorganisationen kam das Urteil nicht gut an: Human Rights Watch verwies auf Artikel 32 der Arabischen Charta der Menschenrechte, der Meinungs- und Redefreiheit garantiert, und sprach von einer "abscheuliche Botschaft der Intoleranz". Außerdem appellierte man erfolglos an den saudischen König, den Blogger umgehend zu begnadigen. Amnesty International beklagte eine "himmelschreienden" Ungerechtigkeit, weil Badawi nichts weiter gemacht habe, als ein Forum zur Verfügung stellen, in dem Bürger friedlich Meinungen austauschen.

Die noch ausstehenden 950 Peitschenhiebe sollen dem Blogger innerhalb der nächsten 19 Wochen verabreicht werden. Würde man sie in einer einzigen Sitzung auf ihn niederprasseln lasse, dann stürbe er mit hoher Wahrscheinlichkeit und ein Teil der Schmerzen bliebe ihm erspart.

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