Internetüberwachung mit Sensoren

Ein von der schottischen Regierung gefördertes Softwareprojekt soll angeblich die Überwachung einzelner Internetbenutzer für kommerzielle oder sicherheitsstrategische Zwecke auf eine neue Stufe heben

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Es ist noch ein fest gehütetes Geheimnis, so dass sich auch nicht wirklich beurteilen lässt, was dahinter steckt. Jedenfalls hat der Computerwissenschaftler Lykourgos Petropoulakis von der University of Strathclyde Ende letzter Woche Gelder von Scottish Enterprise, der schottischen Behörde zur Förderung der Wirtschaft, erhalten, um eine neue, angeblich vielversprechende Software zur Überwachung des Web zu entwickeln.

Für die schottische Wirtschaftsförderung stellt die Software von Petropoulakis einen "Durchbruch" dar. Mit ihr sollen sich leicht und nahezu unbemerkbar vom Nutzer, ohne die Verwendung von Cookies oder Web Bugs, die Bewegungen der einzelnen Surfer im Web detailliert protokollieren lassen. Darauf könnten in der Tat nicht nur Vermarkter scharf sein, um Konsumentenprofile zu erstellen, sondern auch Behörden, Ausbildungseinrichtungen oder Unternehmen, um die Bürger, Schüler oder Angestellten zu überwachen. Gleichzeitig soll man mit der Software auch in der Lage sein, den Zugang zu Websites oder Emails zu blockieren. Das dürfte dann aber schon weniger unauffällig sein.

Scottish Enterprise unterstützt mit den ausgezahlten Fördergeldern angeblich solche Forschungsprojekte, die bei Fertigstellung wirtschaftlichen Erfolg versprechen. Im Fall der Web-Überwachungstechnologie schwärmt man, dass sie "Schottland an die Spitze des E-Commerce bringen kann und zu einem Spinout-Unternehmen führen wird, um den kommerziellen Nutzen aus der Revolutionierung der Datenerhebung für das Webmarketing und der Internetsicherheit auf einer globalen Basis zu ziehen".

Auch Petropoulakis verweist natürlich stolz auf die Leistung seiner Software. Während Cookies leicht zu entdecken, auszuschalten oder zu löschen seien und nur eine sehr begrenzte Menge an Informationen über die Internetnutzer erzeugen können, basiere seine Software auf einer Art von "Sensoren". Damit lasse sich jeder Tastendruck und die gesamte Nutzung des Internet von einzelnen Menschen überwachen. Überdies könne man die Software-"Sensoren" auch beliebig aus der Ferne einstellen, um sie den speziellen Wünschen anzupassen: "Wir können eine ganze Menge mehr an Informationen erhalten, als dies bislang möglich ist, und es gibt keinen schwierigen Prozess der Installation."

Eingesetzt werden könne die Überwachungssoftware für Petropoulakis beispielsweise von Online-Händlern, die mehr über ihre Kunden erfahren wollen. In dem Fall könnten die Kunden, die damit einverstanden sind, Geld dafür erhalten, wenn sie die Software herunterladen. Auf der anderen Seite soll sie auch für Unternehmen interessant sein, um ihre Angestellten zu überwachen, für Eltern, um ihre Kinder in der großen, weiten Welt des Web zu beobachten, oder für Sicherheitskräften überhaupt. So sei sie auch zur Bekämpfung von Internetkriminalität geeignet. Und wenn sich damit gleichzeitig auch in der Form eines ausgeklügelten Proxy-Systems "aufgrund von bestimmten Inhalten der Zugang zu Sites, Dokumenten, Daten, Emails etc." blockieren lässt, dann wäre die Software, sofern sie heimlich installiert und über das Internet aktualisiert werden könnte, natürlich auch ein wunderbares Instrument für autoritäre Staaten oder zur aktuell gefragten Durchsetzung von Jugendschutzbestimmungen.

Man werde, so verspricht Petropoulakis, parallel zur Entwicklung der Software auch darauf achten, "geeignete Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch" einzubauen. Ob die Verhinderung, die Einstellung des "Sensors" zu verändern, eine missbräuchliche Verwendung unterbindet, ist natürlich ebenso fraglich wie die angebliche Leistungskraft der Software. Auch wenn keine technischen Angaben veröffentlicht wurden, so scheint das Überwachungsprogramm auf den Rechnern installiert werden zu müssen. Soll man da, wenn das Programm so "schwierig zu entdecken und zu löschen" sein soll wie versprochen, also an eine Art Trojaner denken? Nach eigenem Bekunden arbeitet auch das FBI unter dem Titel "Magische Laterne" an einem solchen Trojaner, der angeblich mit Emails verschickt werden soll und sich dann unbemerkt vom Nutzer in dessen Rechner installiert (FBI bestätigt Entwicklung des Schnüffelprogramms Magic Lantern).