Israel-Wahl: Was machen die arabischen Wähler?

Jerusalem. Bild: Walkerssk

Netanjahu kündigte an, die Souveränität Israel auf Teile des Westjordanlands auszudehnen

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Im Wahlkampf warb Ministerpräsident Netanjahu kürzlich um Stimmen mit der Ankündigung, dass er die Souveränität Israels auf Teile des Westjordanland ausdehnen werde. "Werden wir uns zur nächsten Stufe bewegen?", fragte er und gab eine Versprechen zur Antwort: "Ja, ich werde die Souveränität erweitern, dabei unterscheide ich nicht zwischen den Siedlungsblöcken und den isolierten Siedlungen, weil jede Siedlung israelisch ist und ich sie nicht der palästinensischen Souveränität unterordnen will."

Es gehe ihm um die Sicherheit Israels, sagte er. Über die Bewertung dieser Ansage gibt es ganz unterschiedliche Ansichten. Manche Kommentatoren sprechen der heutigen Knesset-Wahl sogar die Bedeutung eines "Referendums über die Annexion des Westjordanlands" zu. Ob die arabischen Staatsbürger Israels die Situation zur Wahl auch so sehen, ist allerdings nicht eindeutig zu beantworten.

Es gibt auch unter den Arabern mit israelischer Staatsbürgerschaft, die sich nicht zwangsläufig als Palästinenser sehen, Wähler Netanjahus, was darauf verweist, dass sie, wie andere israelische Wähler auch, ebenso politische Inhalte außerhalb der Dauerfrage zur Zukunft der besetzten Gebiete im Blick haben: "Die Palästinafrage ist wichtig, aber wir wollen, dass unsere Vertreter mehr in sozialen Belangen aktiv sind."

Bei der Stimmabgabe der arabischen Wähler spielt außer dem großen Konflikt, auf den die internationale Öffentlichkeit vor allem schaut, die Enttäuschung über die Parteien, die sie vertreten, eine Rolle. Die arabischen Wähler machen etwa 20 Prozent der Bevölkerung aus. 940.000 Palästinenser von insgesamt 6,3 Millionen Stimmberechtigten haben das Wahlrecht. Eine wichtige Frage ist die Wahlbeteiligung, zumal ein Boykott diskutiert wird.

Niedrige Wahlbeteiligung

Umfragen sagen einen Rückgang der Beteiligung voraus (Nachtrag: Gegen 19 Uhr 20 Ortszeit deutet sich eine historisch niedrige Wahlbeteiligung der arabischen Wähler an). Traditionell liegt sie zwischen 65 und 70 Prozent, diesmal könnte sie nur bei 55 Prozent liegen. Die Hälfte der Palästinenser, die angaben, nicht wählen zu gehen, nannten "mangelndes Vertrauen in Politiker" als Grund. Als weitere Gründe zur Stimmenthaltung nennt etwa das Konrad Adenauer& Moshe Dayan Center einen Mangel an Interesse in Politik (50.5%) und dass sie sich von keiner Partei vertreten fühlen. Auch die Auflösung der gemeinsamen Liste wird als Grund angegeben. Etwa 10 Prozent wollen die Wahl aus "ideologischen Gründen" boykottieren.

Die Unzufriedenheit der arabischen Wähler mit den Parteien, die sie vertreten, wird wenig beachtet, schreibt Elizabeth Tsurkov, die eigentlich als Syrienexpertin bekannt ist, sich aber häufig auch zu israelisch-palästinensischen Themen äußert und dabei nicht gerade die Position von Likud und anderen israelischen Parteien weiter rechts vertritt.

Die gemeinsame "arabische Liste" schnitt bei der Wahl 2015 sehr erfolgreich ab, was hierzulande nicht zuletzt angesichts der Beteiligung der jüdisch-arabischen kommunistischen Partei Hadash von den Linken aufmerksam verfolgt wurde. Die Liste errang 13 der 120 Knesset-Sitze.

Mittlerweile haben sich die Gemeinsamkeiten erschöpft, die ziemlich unterschiedlichen Parteien, darunter auch Islamisten, haben sich in zwei Blöcke Ra'am-Balad sowie Hadash/Ta'al auf der anderen Seite getrennt. Ganz offensichtlich können sie politisch nicht miteinander. Wähler werfen der Liste vor, dass es die Parteien gemeinsam nicht geschafft haben, die konkreten Lebensbedingungen zu verbessern. "Es ist nicht mehr auf dem Tisch.".

Angesichts der 3,25-Prozent-Hürde ist nicht unwahrscheinlich, dass es nur einer der beiden Blöcke in den Knesset schafft. Die Wiederholung des Wahlerfolges der gemeinsamen Liste ist völlig unwahrscheinlich. Hadash/Ta'al steht in Umfragen bei etwa 7 Sitzen. Ra'am-Balad ist sehr gefährdet.

Selbst die ausgesprochene Gegnerschaft Netanjahus, der in seinem Wahlkampf nicht mit Giftigkeiten gegen die politischen Vertreter sparte, konnten die Parteien nicht dazu bringen, sich zusammenzutun. Offen ist auch, ob sie im Falle eines entsprechenden Wahlerfolgs eine Koalition unter der Führung des Netanjahu-Konkurrenten Benny Gantz unterstützen würden. Möglich wäre, dass sie eine solche Regierung tolerieren.

Laut Informationen von Ha'aretz lässt die Likud-Partei Netanjahus die arabischen Wahllokale mit 1.200 Körperkameras überwachen. Die Polizei konfiszierte die Kameras.