Ist der Klimawandel ein Kostentreiber?

Seit Jahren warnen Versicherungs- und Rückversicherungskonzerne vor steigenden Kosten durch den Klimawandel. Doch ein Versicherungszweig könnte von dem Trend profitieren.

Gerne wird den Versicherungen vorgeworfen, sie würden nur vor den steigenden Risiken durch den Klimawandel warnen, um höhere Prämien für Elementarversicherungen durchzusetzen. Bislang besteht in Deutschland jedoch keine allgemeine Pflicht, eine Elementarversicherung abzuschließen, wie es zuletzt nach dem Hochwasser im Ahrtal angemahnt worden war.

Zuletzt forderten die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Thüringen im Rahmen der 1032. Sitzung des Bundesrates am 31.03.2023 in Top 12 die Einführung einer Verpflichtung zu einer Elementarschadenversicherung, wobei bislang noch umstritten ist, wie dieser Zwang durchgesetzt werden kann.

Es ist auch noch offen, ob auch die Versicherungswirtschaft gezwungen werden kann, Policen für Hochrisikoobjekten anzubieten, ″ohne die Versichertengemeinschaft insgesamt über Gebühr und damit verfassungswidrig zu belasten″, wie es im Bundesrat hieß. Die Situation ist dann durchaus vergleichbar mit der Lage bei Kernkraftwerken, bei welchen die Haftung auf knapp 250 Millionen Euro begrenzt ist.

Die Bundesregierung zögert bislang mit der Einführung einer verpflichtenden Elementarschadenversicherung, weil man negative Auswirkungen auf Immobilieneigentümer und Mieter befürchtet. Nach den Erfahrungen setzt man im Schadenfall seine Hoffnungen auf die Spendenbereitschaft der Bevölkerung, sowie auf ein Einspringen der öffentlichen Hände als faktische Ersatzversicherer. Man kann dabei offensichtlich damit rechnen, dass die Kulanz der jeweiligen Landesregierungen mit der Nähe der nächsten Wahlen zunimmt.

In Deutschland sind die Bürger von der Hoffnung getragen, dass der Staat im Falle eines Elementarschadens hilft. Daher ist das Interesse an einer allgemeinen Elementarversicherung noch immer sehr gering. Im Bundesdurchschnitt sind gerade einmal 40 Prozent der Gebäude gegen Elementarschäden versichert.

Eine Ausnahme bildet Baden-Württemberg. Hier war eine Elementarversicherung früher für Hausbesitzer verpflichtend. Und heute sind nach Schätzungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft noch 94 Prozent der Hauseigentümer im Ländle versichert. Im Südwesten sagt man sich offensichtlich. In Bremen und Niedersachsen ist die Versicherungsquote für Elementarschäden mit 17 beziehungsweise 18 Prozent eher gering.

Zu viele Neubauten in Überschwemmungsgebieten

″In Überschwemmungsgebieten wird nach wie vor zu viel neu gebaut. In Deutschland sind seit dem Jahr 2000 rund 2,7 Millionen neue Wohngebäude entstanden – über 32.000 davon in Überschwemmungsgebieten. Pro Jahr kamen also etwa 1.000 bis 2.400 neue Wohngebäude in den Risikogebieten hinzu. Das geht aus Berechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor.

Datenbasis ist das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS Geo). Damit können Versicherer für jedes Gebäude die Hochwassergefährdung abschätzen. Insgesamt liegen in Deutschland rund 270.000 Wohngebäude in hochgefährdeten Überschwemmungsgebieten.

"Wir sind überzeugt, dass in Überschwemmungsgebieten grundsätzlich nicht neu gebaut werden sollte", lässt sich der GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen zitieren: "Tatsächlich ist aber der prozentuale Anteil neuer Wohngebäude in Überschwemmungsgebieten in den vergangenen 23 Jahren gestiegen."

Es scheint für viele Kommunen noch immer zu verführerisch, Bauland auszuweisen, das man sich zuvor gesichert hatte, um dem Gemeindehaushalt frisches Geld zuzuführen. Berlin will bislang diese Geldquelle vielfach klammer Kommunen nicht verschließen. Offensichtlich hofft man, dass alles gut geht und der Klimawandel doch nicht zu gefährlich werden kann, wie man offiziell befürchtet.

Die Sorgen der Rückversicherer

Während die deutschen Versicherer in der Hauptsache die Risiken in Deutschland betrachten, wagen die Rückversicherer, die quasi als Versicherer der Versicherer mehr oder weniger global auftreten, einen Blick über den deutschen Tellerrand, um die Entwicklung der globalen Risiken zu beurteilen.

So analysiert die in München angesiedelte Munich Re seit fünf Jahrzehnten die Auswirkungen von globaler Erwärmung und natürlichen Klimaschwankungen auf wetterbedingte Naturkatastrophen.

Das grundlegende Problem des Klimawandels ist die Tatsache, dass die Risiken nur schwer greifbar sind und damit der Öffentlichkeit nur schwer vermittelbar. Wo es um Aussagen zur Zukunft geht, muss man sich auf wissenschaftlich begründete Modelle stützen. Für Versicherungen gehört dieses Prozedere zum ganz normalen Tagesgeschäft.

Für einen beträchtlichen Anteil der Bevölkerung, die ihr Wissen aus den Erzählungen der Altvorderen schöpft, ist der Blick in die Zukunft bestenfalls ein Buch mit sieben Siegeln.

So gibt es inzwischen zum Thema Klimawandel erdrückend viel an Wissen, das die Theorie vielfach empirisch bestätigt. Alle 19 Jahre ab 2001 gehörten zu den 20 wärmsten überhaupt. Der Meeresspiegel ist in den letzten 100 Jahren um rund 20 cm angestiegen.

Die Munich RE geht daher heute davon aus, dass der größtenteils von Menschen verursachte Klimawandel Realität ist und wetterbedingte Naturkatastrophen beeinflusst, die sich dann vielfach als Schadensereignisse in ihrem Tagesgeschäft niederschlagen. Gebäudeschäden und Schäden an der Infrastruktur, wie sie mit entsprechenden Policen von den Versicherungen abgedeckt werden können, stellen jedoch mitnichten das gesamte Risikopotential für die Menschen hierzulande dar.

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