Ist die Alzheimer-Krankheit eine Folge der Einstellung zum Altern?

Alzheimer-Fibrille in HE-Färbung. Bild: Patho/CC-BY-3.0

Wissenschaftler sehen eine Verbindung zwischen einer negativen Einstellung zum Altern und erhöhtem Erkrankungsrisiko

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Wie kann man die weitere Verbreitung der Alzheimer-Erkrankung vorbeugen? Ganz einfach, sagen Wissenschaftler, die herausgefunden haben wollen, dass Menschen, die Angst vor dem Altern haben, eher als andere zur Demenz neigen, die mit Alzheimer einhergeht. Man müsste also die negative Einstellung gegenüber dem Altern ändern, um die schnell ansteigende Verbreitung von Alzheimer zu verlangsamen.

Die von Psychologen und Neurowissenschaftlern der Yale University geleitete Studie, die zu diesem erstaunlichen Ergebnis gekommen ist und an der auch Wissenschaftler des National Institute on Aging mitgearbeitet haben, ist in der Fachzeitschrift Psychology and Aging erschienen. Die Mitteilung der Yale University erklärt stolz, es sei die erste Studie, die "mit Alzheimer verbundene Gehirnveränderungen mit einem kulturell begründeten psychosozialen Risikofaktor verbindet".

Alzheimer-Fibrille in HE-Färbung. Bild: Patho/CC-BY-3.0

Allerdings gibt es ähnliche Studien mit vergleichbaren Ergebnissen. So ist auch vor kurzem in derselben Fachzeitschrift eine Studie erschienen, die einen Zusammenhang zwischen der Einstellung zum Altern und kognitiven Folgen zieht. Untersucht wurden hier von den Wissenschaftlern bei 301 älteren Menschen die Verbindungen zwischen den Einstellungen zum Altern, den selbst beschriebenen Fähigkeiten und den Leistungen beim Erinnern und Hören, beides sei wichtig für die Kommunikation und soziale Interaktion von alten Menschen.

Die Hypothese war, dass negative Einstellungen zum Altern die Hör- und Gedächtnisleistungen beeinträchtigen, so dass die Menschen ihre Fähigkeiten hier selbst negativer einschätzten. Allerdings stellte sich auch heraus, dass man die Ergebnisse auch so interpretieren kann, dass die Hörleistung die Selbsteinschätzung vorhersagt, was heißen würde, dass Menschen, die schlecht hören, auch wissen, dass sie schlecht hören. Jedenfalls gehen die Wissenschaftler davon aus, dass das Hören das Gedächtnis und auch die Selbsteinschätzung von dessen Leistung beeinflussen.

Die von der Yale-Psychologin Becca Levy geleitete Studie geht allerdings tiefer. Die Wissenschaftler untersuchten 158 gesunde, nicht-demente Teilnehmer einer Langzeitstudie zum Altern. Anhand von Gehirnscans, die über 10 Jahre lang jährlich ausgeführt wurden, konnten sie zeigen, dass bei Menschen im Alter von durchschnittlich 68 Jahren mit einer negativen Einstellung zum Altern, die zum Beispiel sagten, dass alte Menschen geistig abwesend seien, das Volumen des Hippocampus kleiner war und stetig kleiner wurde. Das Gehirnareal ist wichtig für das Gedächtnis, ein verkleinertes Volumen ist ein Anzeichen für die Alzheimer-Krankheit.

Überdies untersuchten die Wissenschaftler Gehirnautopsien von 78 Verstorbenen nach zwei weiteren Hinweisen auf Alzheimer: Plaques, die zwischen Gehirnzellen Proteinablagerungen bilden, und fibrilläre Ablagerungen in den Zellen. Teilnehmer der Langzeitstudie, die eine negative Einstellung zum Altern durchschnittlich 28 Jahre bevor dem Auftreten der Plaques und fibrillären Ablagerungen, geäußert hatten, wiesen eine größere Zahl von diesen auf, auch nach Berücksichtigung anderer Risikofaktoren wie allgemeiner Gesundheitszustand oder Alter.

Für Becca Levy zeigt die Studie, dass der durch negative Einstellungen gegenüber dem Altern verursachte Stress zu pathologischen Gehirnveränderungen führen kann: "Ich denke, dass die Behandlung von alten Menschen mit Respekt einen merklichen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und ihre alten Menschen haben kann."

Die negativen Einstellungen können von der Gesellschaft gefördert werden, aber man könne ja auch positive Einstellungen verstärken, um so die negativen Einflüsse nicht so wirksam werden zu lassen. Demgemäß muss man also auch beim Altern immer nur positiv denken. Das ist bekanntlich schon lange Ideologie, daher wäre eher interessant gewesen, ob bei denjenigen, die angeleitet werden, positiv über das Altern zu denken, der Hippocampus weniger schrumpft und die Zahl der Plaques geringer bleibt.

Ob man eine selbsterfüllende Prophezeiung bei Alzheimer glauben mag oder nach anderen Faktoren hinter dem Ergebnis der Studie sucht, ist vielleicht ebenfalls eine Frage der Einstellung. Durchaus möglich könnte etwa sein, dass Menschen mit einer negativen Einstellung zum Altern negative Folgen bei Eltern oder anderen Verwandten beobachten konnten und deswegen zu der Einstellung kamen, sie aber nicht wegen dieser eher Symptome zeigen, sondern beispielsweise wegen ihrer genetischen Veranlagung.