Julian Assange erleidet erneut juristische Niederlage

Julian Assange, 2014. Bild: Global Panorama, CC BY-SA 2.0

Auslieferung des 50-jährigen an die USA wahrscheinlicher. Am Ende wird über das Schicksal des Journalisten auf politischer Ebene entscheiden

Die britische Justiz verweigert dem Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, im Rechtsstreit über seine Auslieferung in die USA, das höchste britische Gericht anzurufen. Nach einem Bericht der britischen Nachrichtenagentur PA informierte der Londoner Supreme Court am Montag über die Ablehnung eines entsprechenden Antrags von Assanges Anwälten.

Nach Ansicht der höchsten Richter gibt es keine ausreichenden Rechtsgründe für eine erneute Behandlung des Falls. Damit rückt eine Auslieferung des australischen Journalisten an die USA in greifbare Nähe.

Die US-Staatsanwaltschaft hat Assange wegen Spionage auf Basis eines über 100 Jahre alten, umstrittenen Gesetzes angeklagt. Dem Journalisten drohen im Fall einer Auslieferung und einer folgenden als sicher geltenden Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft – de facto also Gefängnis bis zum Tod.

Der inzwischen 50-jährige Vater zweier minderjähriger Söhne sitzt seit rund drei Jahren im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Haft. Der scheidende UN-Sonderberichterstatter zum Thema Folter, Nils Melzer, hat der britischen Justiz nach einer gemeinsamen Untersuchung mit medizinischen Experten vorgeworfen, den Journalisten zu foltern.

Ein britisches Gericht hatte die Auslieferung an die USA angesichts des psychischen Zustands des Inhaftierten Anfang 2021 in erster Instanz untersagt. Die wahrscheinlichen Haftbedingungen in den USA würden den ohnehin angeschlagenen Wikileaks-Gründer möglicherweise in den Suizid treiben, hieß es damals in der Begründung.

Im Berufungsverfahren versicherte die Vertreterin des US-Justizministeriums eine humane Behandlung Assanges in US-Gefängnissen vor. Das oberste britische Gericht ebnete daraufhin den Weg für die Auslieferung des Journalisten. Diese Entscheidung wollte Assange vom Supreme Court überprüfen lassen, was der High Court auch zuließ. Das höchste Gericht Großbritanniens lehnte das Ansinnen nun aber ab.

Die letzte Entscheidung wird bei der britischen Innenministerin Priti Patel liegen, die dem rechten Flügel der regierenden Tories zugerechnet wird.

Angesichts der Entwicklung kündigten Assanges Anwälte an, ihr Mandant wolle am 23. März seine Verlobte Stella Moris in Belmarsh heiraten. Die beiden gemeinsamen Söhne sollen bei der Zeremonie anwesend sein.

Anfang Januar hatte Moris erklärt, ihr Verlobter sitze seit 1.000 Tagen "im härtesten Gefängnis Großbritanniens". Obgleich Assange keines Verbrechens schuldig sei, habe er in Belmarsh längere Zeit verbringen müssen als viele Gewaltverbrecher.

Seine kleinen Kinder im Alter von zwei und vier Jahren haben keine Erinnerung an ihren Vater außerhalb eines Hochsicherheitsgefängnisses des Vereinigten Königreichs. Julian Assange wird lediglich auf Ersuchen der US-Regierung festgehalten, die ein bestehendes Auslieferungsabkommen mit Großbritannien weiterhin für politische Zwecke missbraucht. Die US-Regierung versucht, einen australischen Journalisten vor ein nationales US-Sicherheitsgericht zu stellen, wo ihm eine 175-jährige Haftstrafe und eine Inhaftierung unter Folterbedingungen in völliger Isolation drohen, nur weil er seinen Job gemacht hat: weil er von Chelsea Manning wahre Informationen über die Opfer und die Verbrechen von US-Operationen in Guantánamo Bay, Afghanistan und im Irak erhalten und diese veröffentlicht hat.

Stella Moris

Der Journalist hatte seit 2010 über Wikileaks geheime US-Berichte und Depeschen veröffentlicht, die zahlreiche US-Kriegsverbrechen in Irak und Afghanistan ans Licht brachten. Die USA werfen ihm daher Spionage und Verschwörung vor; sie sehen in ihm über nun mehrere Regierungen hinweg einen Staatsfeind. Von den Verantwortlichen für die enthüllten Kriegsverbrechen ist bislang keiner verurteilt worden.