Kampagne gegen Netzzensur in Hong Kong

Regierung will "obszöne" Inhalte aus dem Netz verbannen.

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Die Regierung von Hong Kong hat Pläne zur inhaltlichen Kontrolle des Internet vorgestellt. Inhalte, die als "obszön" gelten, sollen von den Computern der browsenden Hafenstadtbewohner ferngehalten und ISPs als Filterinstanzen in die Pflicht genommen werden.

Wirft man einen Blick ins mächtige Nachbarland, wo gerade ein Website-Betreiber verhaftet und mit 10 Jahren Gefängnis bedroht wurde, so ist es nicht verwunderlich, dass die Netzgemeinde in Hong Kong ein wenig nervös ob der gesetzgeberischen Ambitionen der eigenen stadtstaatlichen Obrigkeit geworden ist. Unter der Bezeichnung Free Net HK hat sich eine Kampagne formiert, die mittels einer online zugänglichen Petition gegen die Zensurpläne kämpft.

Kernpunkte der von der Regierung vorgestellten Pläne sind:

  1. alle Internet Service Provider müssen ihren Kunden Filterprogramme zur Verfügung stellen
  2. ISPs werden vom Gesetz wie Verleger behandelt und können daher für die Inhalte in ihren Netzen verantwortlich gemacht werden, auch wenn sie diese nicht selbst erstellen und das Blockieren der Inhalte technisch einen unzumutbaren Aufwand darstellen würde
  3. die Regierung bekommt neue Befugnisse, die es ihr ermöglichen, ISPs anzuweisen, Inhalte zu zensurieren und zu blockieren, die lokal ins Netz gestellt wurden und in die Kategorie "obszön" fallen
  4. dieselbe Blockadeanordnung auch für "obszöne" Inhalte auf Servern außerhalb Hong Kongs

Die Kampagne für das freie Internet in Hong Kong fasst ihre Kritik an den Vorschlägen mit dem Wort "bad" zusammen: schlecht für die Freiheit, schlecht für die Konsumenten, schlecht fürs Geschäft und schlecht für das Image Hong Kongs. Die Maßnahmen seien ein "gefährlicher erster Schritt hin zur Erosion der Freiheit des öffentlichen Zugangs zum Internet". Nicht nur, dass sie Providern Mehrkosten für Technik und Arbeitsleistungen aufbürden, welche diese an die Kunden weitergeben müssten, sie zeigten auch geringes Verständnis von der Natur des Internets seitens der Regierung und würden dem erklärtem Ziel zuwiderlaufen, Hong Kong zum Knotenpunkt für E-Commerce in Asien zu machen. Klingt bekannt? Es finden sich auf jeden Fall Anleihen an den US-amerikanischen Communications Decency Act, der dank einer Free Speech Kampagne 1996 rausgeworfen wurde. Ähnliche Ideen manifestieren sich aber auch immer wieder in den Köpfen europäischer Strafverfolger und Politiker. Was dem einen die "Obszönität", ist dem anderen sein "radikal". Sympathisch fühlende Mitmenschen können die Hong Konger jedenfalls mittels der Online-Kampagne unterstützen, indem sie die Petition unterschreiben, sollten sich aber beeilne, denn die Frist für öffentliche Reaktionen auf die Vorschläge läuft am 14.Juni ab.