Kampagne gegen regierungskritische Websites

Aznars Volkspartei fordert fünf Jahre Haft für Kriegsgegner

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Auch ohne das neue Militärgesetz geht die konservative spanische Regierung mit harten Bandagen gegen die Kriegsgegner vor. Im Besonderen soll es die Webseite www.noalaguerra.org (Nein zum Krieg) treffen. Für den Professor für Politologie an der Universität von Madrid, Juan Carlos Monedero, auf dessen Namen die Seite registriert ist, fordert die regierende Volkspartei (PP) bis zu fünf Jahre Haft für "Beleidigung und Verleumdung". Auf den Webseiten, die sich klar gegen die Beteiligung am Angriff auf den Irak aussprechen, seien die Politiker von José Maria Aznars Partei als "Mörder" bezeichnet worden.

Der spanische Präsident Aznar gestern bei US-Präsident Bush. Er fordert die Aufhebung der UN-Sanktionen, betont die gemeinsamen Werte und den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus und sagt zum Irak-Krieg: "Well, we've done, very simply, very normally, what we had to do."

Die Polemik wurde ausgelöst, als auf der Startseite von No a la guerra Ende März ein Bild von PP-Abgeordneten zu sehen war, die als "Komplizen der Mörder" bezeichnet wurden. Diese Startseite wurde gepostet, nachdem die absolute Mehrheit der PP sich über alle Parteien hinwegsetzte und sich für eine Beteiligung an der Irak-Intervention aussprach (Position zum Krieg führt zu ersten Zerfallserscheinungen in spanischer Regierung). Doch tatsächlich wurden von No a la Guerra nur die Regierungschef der USA und Großbritanniens, George Bush und Tony Blair, als "Mörder" bezeichnet.

Dass die Anzeige auf einer falschen Grundlage beruht, hat zum Beispiel die Tageszeitung El País schon am 1. April festgestellt. Doch offenbar geht es nicht darum, Verwertbares für das Gericht zu liefern. Die "Hexenjagd", wie der Professor den Angriff bezeichnet, hat ohnehin schon früher begonnen. Schon Ende März machte die PP die Betreiber der Website dafür verantwortlich, dass per Mailbombing die Webseiten der PP ausgeschaltet wurden.

Weil auf No a la guerra bis heute ein Musterbrief zu lesen ist, um "Aznar aufzufordern, gegen den Krieg zu stimmen" sprach der PP-Sekretär für Neue Technologien, Juan Manuel Moreno, von "Verfolgung" und einem "Angriff auf die Meinungsfreiheit". In Aznars Partei, die in den letzten fünf Jahren für die "vorläufige Schließung" von zwei Zeitungen, einer Zeitschrift und einem Radio gesorgt hat, herrscht ein eigenartiger Begriff von Verfolgung und Meinungsfreiheit (Baskische Journalisten gefoltert).

Gegenüber Radio Euskadi stellte Monedero gestern fest, er habe nur 50 Euro für eine Gruppe von Studenten bezahlt, um die Webseiten zu registrieren. Damit sollte "der politische Unmut der Leute" gesammelt werden, was Monedero als eine gute Idee ansah. Er fügte an, die Seiten seien von den Studenten "selbstbestimmt" erstellt worden. "Man kann weder das Internet kontrollieren, noch alles was die Studenten tun". Er räumte ein, die Bezeichnung "Komplizen der Mörder" sei vielleicht etwas ungeschickt gewesen. Angesichts der "Gräuel" im Irak sei es aber "heuchlerisch", jemanden wegen der Bezeichnung "Komplizen der Mörder" mit fünf Jahren Haft zu bedrohen.

Der Professor vermutet, es gehe darum, "kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, die sich an der Universität erhoben haben". Zudem hätten die Anwälte der PP bei einer Vernehmung versucht, "Verbindungen" zur Vereinten Linken (IU) auszumachen. Sie wollten wissen, auch wenn der Richter die Frage als "unangemessen" abwies, ob er auf der Lohnliste der IU steht. Tatsächlich ist er einfaches Mitglied, das bisweilen die Partei berät. Mit der Anzeige versuche man die "IU zu kriminalisieren und damit die Opposition gegen den Krieg". Statt auf die Leute zu hören, zerre man sie vor Gericht. Das habe die PP schon mit der galizischen Bürgerbewegung Nunca Mais gemacht, die wegen der Ölpest gegen die Regierung protestiert hat (Großdemonstration und Generalstreik).

Dass es sich mehr um eine Offensive gegen die IU handeln könnte, dafür spricht, dass auf Antrag der PP auch gegen Miguel Marin ermittelt wird. Auf den Namen des Ex-Angestellten der IU sind die Webseiten der Partei angemeldet, auf der sich lediglich ein Link zu No a la guerra findet. Dafür fordert die PP eine Bestrafung von Marin. Für Monedero ist das absurd, schließlich befände sich auf den Seiten der PP auch ein Link zu der faschistischen Falange (Falange bereitet schmutzigen Krieg gegen Basken vor).

Dass es damit aber längst nicht getan ist, weiß die Zeitung El Mundo zu berichten. Das regierungsnahe Blatt berichtete, auch andere Webseiten würden untersucht. Genannt wurde speziell www.nodo50.org die sich der Gegeninformation verschrieben hat und gegen die Kriegsbeteiligung von Spanien mobilisierte.