Kiew soll nicht mehr Kiew heißen. Aber was ist mit dem Kiewer Kotelett?

"Ignorant" sei, wer "Kiew" schreibe, meint ein ARD-Mann. Politische Umbenennungen sind nicht neu. Unser Autor fragt sich: Können wir politisch korrekt essen und denken?

Der deutsche Botschafter in Kiew, Martin Jaeger, hat sich dafür ausgesprochen, die geläufige Schreibweise der ukrainischen Hauptstadt Kiew in Deutschland zu überdenken.

Auf X (ehemals Twitter) reagierte Jaeger auf einen Beitrag des ARD-Korrespondenten in Kiew, Wassili Golod. Der Journalist hatte darauf hingewiesen, dass die Schreibweise "Kiew" aus dem Russischen komme und bei ihrer Verwendung eine mögliche politische Intention unterstellt. Golod plädierte stattdessen für die Verwendung von "Kyiv".

Die Verwendung des Namens Kiew weist nach Golods Ansicht darauf hin, dass der "deutsche Ukraine-Diskurs (…) besonders bis zum russischen Überfall von russischen Narrativen beeinflusst" worden sei. "Kiew" sei die deutsche Übersetzung aus dem Russischen.

Wer konkret die Schreibweise ändern soll und an wen sich der Appell richtet, ließen Golod und Jäger offen. Ihre Social Media Beiträge wurden unter anderem vom Nachrichtenmagazin Spiegel und anderen Medien aufgegriffen.

Bemerkenswerterweise nutzte Jaeger dabei die ausdrücklich ukrainische Schreibweise, obwohl das Auswärtige Amt in seinen Länderinformationen weiterhin die russische Form beibehält. Außenministerin Annalena Baerbock hatte bereits in vorherigen X-Beiträgen die Schreibweise "Kyiv" verwendet.

Das Auswärtige Amt erklärte auf Anfrage, dass es in sozialen Medien grundsätzlich die Schreibweise mit "Y" bevorzuge, wie ein Instagram-Eintrag vom 21. November 2023 belegt. Die Verwendung der Schreibweise mit "E" auf X (ehemals Twitter) wurde als Ausdruck der Gewohnheit und Unachtsamkeit bezeichnet. Es bleibt jedoch offen, ob die Schreibweise des Namens der ukrainischen Hauptstadt auch in internen und offiziellen Dokumenten angepasst wird.

Golod, der für die ARD aus der Ukraine berichtet, zeigte sich selbstkritisch in seinem Beitrag. Er wies auf einen "Tagesschau"-Beitrag hin, in dem weiterhin "Kiew" geschrieben wurde. Diese Schreibweise sei für Ukrainerinnen und Ukrainer, die deutsche Medien verfolgen, jedes Mal höchst irritierend und verletzend, so Golod. In wissenschaftlichen und journalistischen Fachkreisen herrsche Einigkeit darüber, nicht länger "Kiew" zu verwenden.

Auf Russisch lautet der Name der Stadt "Киев", deutsche Transkription: Kijew/Kiew.

Auf Ukrainisch heißt die Stadt "Київ", deutsche Transkription: Kyjiw. "Kyiv" ist die englische Variante.

Die ukrainische Kapitale wurde bereits 1995 offiziell umbenannt. Im Jahr 2018 startete die Ukraine im englischsprachigen Raum die Kampagne #KyivNotKiev, und seitdem haben fast alle bedeutenden englischsprachigen Medien ihre Schreibweise geändert.

Kiew, auf Ukrainisch als "Київ" bekannt, ist die Hauptstadt und die größte Stadt der Ukraine. Die Stadt hat eine reiche historische Vergangenheit, die bis in das 5. Jahrhundert zurückreicht. Kiew spielte eine zentrale Rolle in der ostslawischen Geschichte und war das Zentrum der Kiewer Rus, eines mittelalterlichen Staatsgebildes.

Die offizielle Umbenennung der Stadt erfolgte 1995, um die historisch-kulturelle Identität der Ukraine zu stärken. Seitdem hat die Ukraine aktiv die Verwendung der Schreibweise "Kyiv" in internationalen Medien gefördert, um die ukrainische Aussprache und Rechtschreibung zu respektieren. Die Kampagne #KyivNotKiev, die 2018 gestartet wurde, war ein weiterer Schritt in diese Richtung und hat dazu beigetragen, die internationale Anerkennung der eigenen Schreibweise durchzusetzen.

Die Debatte schwelt schon eine Weile, wie auch unser Autor Wolfgang Sachsenröder mit Blick auf die Gastronomie festgestellt hat. Im Folgenden sein kulinarisch-politischer Kommentar zum Geschehen. (Telepolis)

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