Kirkuk und die irakischen Kurden: Zerfällt der Irak?

Joe Dunford, Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff, und Jared Kushner, der Berater und Schwiegersohn von Donald Trump im Irak. Bild: DoD

Dunford und Trumps Schwiegersohn auf schwieriger Mission im Irak, Erdogan droht mit militärischer Intervention im Irak zum Schutz der Turkmenen

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Im Irak geht die Offensive weiter, Mosul vom IS zu befreien. Das Pentagon glaubt nun, die Version der irakischen Truppen von der Katastrophe am 17. März übernehmen zu können, wo durch eine Explosion Dutzende von Zivilisten ums Leben kamen. Vermutet wurde von vielen Seiten, es habe sich um einen US-Luftangriff gehandelt, das Pentagon wollte dies schließlich nicht mehr rundweg abstreiten. Jetzt will man es doch nicht gewesen sein.

Der Bericht kam zur Zeit, als gerade General Joe Dunford, als Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff der höchste Offizier, und Jared Kushner, der Berater und Schwiegersohn von Donald Trump, den Irak besuchten. Natürlich besuchten sie auch einen Stützpunkt in der Nähe von Mosul, wo im Irak die Entscheidungsschlacht stattfindet. Kushner äußerte seine Hoffnung gegenüber irakischen Truppen, dass der baldige Sieg nicht nur einer der irakischen und amerikanischen Streitkräfte sein werde, sondern für die ganze Welt.

Dunford versuchte auch den Kampf hochzustilisieren, das Pentagon braucht schließlich bald einen Erfolg, hat doch Trump versprochen, den IS schnell zu eliminieren. Die Schlacht um Mosul werde, so Dunford, "als eine der größten Kämpfe in die Geschichtsbücher eingehen". Der Erfolg, der noch nicht erreicht wurde und bereits viele Opfer unter den Zivilisten fordert, während Hunderttausende geflüchtet sind, sei auf die enge Kooperation zurückzuführen.

Bekanntlich hatten die USA unter Obama lange darauf gedrungen, dass die schiitischen Milizen außen vor bleiben sollten, worauf schließlich der irakische Ministerpräsident al-Abadi diese einfach in die Armee integrierte, womit sie nun an den Kämpfen in Mosul beteiligt sind. Gleichwohl wurden wieder Vorfälle von schweren Misshandlungen, Folter und Exekutionen an Menschen bekannt, die von den schiitischen Milizen verdächtigt werden, IS-Anhänger (gewesen) zu sein. Nach Berichten sollen irakische Soldaten oder Polizisten gefangen genommene IS-Kämpfer auf der anderen Seite auch gegen Geld wieder freilassen.

Fahrt des Trump Schwiegersohns in den Irak. Bild: DoD

Kirkuk und kurdisches Unabhängigkeitsreferendum

Mit der Einnahme von Mosul ist der Kampf gegen den IS noch keineswegs gewonnen, der vor allem in der Provinz Anbar noch über viele Zellen verfügt und zahlreiche Anschläge, auch in Bagdad, begeht. Dazu taucht ein neuer Konflikt auf, denn die unter kurdischer Veraltung stehende Stadt Kirkuk im Norden des Landes, die Peschmerga nach der Vertreibung des IS 2014 eingenommen hat, da die Regierungstruppen geflüchtet waren, rechnet sich zum kurdischen Teil des Landes. So wurde die kurdische Flagge der autonomen Kurdenregion trotzig und unter Protest der arabischen und turkmenischen Bewohner und Stadträte gehisst, was Proteste nicht nur in Bagdad, sondern auch in der Türkei auslöste.

Zwar ist die Türkei bislang eng mit der autonomen Kurdenregion im Nordirak (KRG) unter dem auch dort umstrittenen Präsidenten Massud Barzani von der KDP verbunden, lehnt aber auch eine Ausweitung des Kurdengebiets und vor allem Bestrebungen nach Unabhängigkeit ab. Der Stadtrat von Kirkuk, einem der wichtigsten Zentren der irakischen Öl-Industrie und damit ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, will über die Zugehörigkeit der Stadt ein Referendum durchführen und sich auch an dem Unabhängigkeitsreferendum beteiligen, das Barzani durch einen Beschluss der beiden großen Parteien KDP und PUK am vergangenen Sonntag nun nach langen Ankündigungen voranbringen will.

Eine Unabhängigkeit der Kurdenregion würde mit großer Wahrscheinlichkeit das Land in die nächste Krise und die nächsten Kriege stürzen. Obgleich schon lange darüber diskutiert worden war, ob der Irak nicht zur Befriedung in kurdische, sunnitische und schiitische Gebiete aufgeteilt werden sollte, wofür einiges spräche, wird an der Einheit ebenso wie in Syrien von den beteiligten Groß- und Regionalmächten festgehalten. Gefürchtet wird ansonsten eine weitere Destabilisierung.

Dunbar und Kushner besuchten nach Bagdad und dem Stützpunkt bei Mosul auch Erbil, die Hauptstadt der KRG. Was die Gespräche mit den kurdischen Führern gebracht haben, ist ungewiss, von der Seite der KRG wurden sie als "produktiv" geschildert. Die nordirakischen Kurden waren schon lange enge Verbündete der USA, stehen aber in Konflikt mit den syrischen Kurden der PYD/YPG und den PKK.