Klimawandel-Realität: Frühling, Sommer, Herbst und die schrumpfende Winterzeit

(Bild: andreas N, Pixabay)

Die Jahreszeiten verschieben sich, der Winter wird kürzer. In der Landwirtschaft geraten Aussaat und Ernte aus dem Rhythmus. Doch das sind nicht die einzigen Folgen.

Der Wechsel von Trockenheit mit Brandgefahr und Starkregen, der ganze Ortschaften unter Wasser setzt, wird immer häufiger, wie derzeit an der Nordküste des Mittelmeeres zu beobachten ist. Auch in Deutschland werden solche Wetterextreme häufiger. Im Gegensatz zu diesen meist regionalen Ereignissen wirken sich die Verschiebungen der Jahreszeiten deutlich stärker und großräumiger aus, mit Folgeschäden für die Nahrungsmittelproduktion.

Wer nicht gerade Wintersportler ist, wird sich über diese Veränderungen eher freuen. In den vergangenen fünf Jahrzehnten haben Frühling, Sommer und Herbst bei uns immer früher begonnen. Das bedeutet, dass der Winter immer kürzer und der Sommer immer länger wird.

Der Wintersport versucht sich mit künstlicher Beschneiung durch Schneekanonen zu retten, leidet aber zunehmend unter den steigenden Energiepreisen. Verkürzt sich der Winter auf zwei Monate, wie es Forscher um Jiamin Wang von der Lanzhou Universität in China erwarten, wird dem Wintersport die wirtschaftliche Grundlage entzogen.

Der wirtschaftliche Vorteil, dass durch die kürzere Winterzeit die Heizperiode verkürzt wird, hat allerdings den Nachteil, dass die für die Wärmeversorgung notwendige Infrastruktur vom Heizöltanklager bis zur Gasleitung ihre gesamten Infrastrukturkosten in diesen zwei Monaten erwirtschaften muss.

Die kurzen Kälteperioden sorgen inzwischen auch dafür, dass sich Überträger tropischer Krankheiten wie die Asiatische Tigermücke in Mitteleuropa heimisch fühlen. Hatte man bisher gehofft, dass sie in Europa keine Krankheiten übertragen, weil es in Europa kaum Menschen mit solchen Krankheiten gibt, die sie über die Mücken weitergeben könnten, so ist diese Hoffnung inzwischen verflogen. In diesem Sommer wurden in Norditalien die ersten Dengue-Fälle bekannt, die nicht durch Touristen aus Südostasien eingeschleppt wurden.

Verschiebung der Jahreszeiten hat Auswirkungen auf die Landwirtschaft

Die durch den Klimawandel verursachten Verschiebungen der Jahreszeiten wirken sich weltweit auf die Vegetationsperioden und damit auf die Nahrungsmittelproduktion in der Landwirtschaft aus. So zeigt sich in Südostasien seit etwa zehn Jahren das Problem, dass diese Verschiebungen die Abläufe im Nassreisanbau stören.

Konnte man traditionell den Reis am Ende der Regenzeit aussäen und die Pflanzen dann auf dem noch überschwemmten Feld vereinzeln, muss man heute die Felder künstlich bewässern, wodurch der Grundwasserspiegel kontinuierlich sinkt.

Konnte früher auf dem trockenen Feld geerntet werden, muss heute meist auf dem überfluteten Feld geerntet werden, was die maschinelle Ernte erschwert. Ein weiteres Problem ist, dass der nass geerntete Reis taub wird und somit nicht mehr als Saatgut verwendet werden kann.

Auch in Deutschland stellt die Verschiebung der Jahreszeiten die Landwirtschaft vor größere Herausforderungen. So begünstigen milde Winter die Ausbreitung eingeschleppter Schädlinge und Unkräuter. Bei Raps, Gerste und Weizen, die bereits im Spätsommer oder Herbst ausgesät werden und einen Kältereiz im Winter benötigen, um im Folgejahr zu blühen, drohen Ernteausfälle, wenn dieser Reiz durch einen zu milden Winter ausbleibt.

Treiben die Pflanzen zu früh aus, weil der Winter vorbei zu sein scheint, besteht die Gefahr, dass Spätfröste Blüten und Knospen an Obstbäumen oder Triebspitzen an Weinreben erfrieren und die gesamte Ernte gefährden.

2023 scheint auch bei den Giftpilzen ein Rekordjahr zu werden

Ein Phänomen, das sich nach dem heißen Sommer in diesem Jahr zeigt, ist einerseits die gute Ausbeute beim Pilzesammeln.

Zum anderen aber auch die Tatsache, dass man beim Pilzesammeln immer häufiger auf Giftpilze stößt, die den Speisepilzen zum Verwechseln ähnlich sehen und sich nicht am Geschmack als Giftpilze zu erkennen geben.

Für Pilze gibt es keine staatlichen Regelungen, sodass hier die Eigenverantwortung der Pilzsammler greift. Das Risiko beim Verzehr von Pilzen besteht jedoch nicht nur darin, einen Giftpilz erwischt zu haben, sondern beispielsweise auch einen verdorbenen Speisepilz oder einen Pilz, der noch eine radioaktive Belastung als Folge des Reaktorunglücks in Tschernobyl im April 1986 aufweist.

Wildschweine häufig noch radioaktiv belastet

Die radioaktive Wolke, die nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl nach Deutschland geweht wurde, führte damals zu einer Belastung mit dem radioaktiven Isotop Cäsium-137. Wildtiere wie Hasen, Rehe, Hirsche und Wildschweine wurden für den menschlichen Verzehr ungenießbar.

Heute ist die Belastung der meisten gejagten Wildtiere so gering, dass sie wieder unbedenklich verzehrt werden können. Eine Ausnahme bilden Wildschweine, hauptsächlich in Bayern, wo es bis heute Probleme mit der Strahlenbelastung gibt, die lange Zeit unerklärlich waren.

Inzwischen konnte das sogenannte Wildschwein-Paradoxon aufgeklärt werden. Da Cäsium-137 eine Halbwertszeit von 30 Jahren hat, d. h. nach 30 Jahren ist nur noch die Hälfte der ursprünglichen Menge vorhanden, der Rest ist zerfallen, müsste die Belastung bei Wildschweinen wie auch bei anderen Wildtieren inzwischen deutlich zurückgegangen sein.

Bei einer genaueren Untersuchung stellte sich heraus, dass die Strahlenbelastung der Wildschweine nicht auf Cäsium-137 aus Tschernobyl beruht, sondern auf dem schwerer messbaren Cäsium-135, das eine Halbwertszeit von 2,3 Millionen Jahren hat. Die Quelle dieser radioaktiven Belastung waren Atomwaffentests in den 1950er- und 1960er-Jahren.

Es wanderte langsam in den sauren Waldboden und kontaminierte dort Wildschweinnahrung wie Hirschtrüffel. Diese liegen etwa 40 Zentimeter unter der Oberfläche. Sind jedoch genügend Eicheln oder Bucheckern vorhanden, beginnen die Tiere nicht, nach den Trüffeln zu graben. Da alle von Jägern erlegten Tiere auf eine Strahlenbelastung von maximal 600 Becquerel pro Kilogramm Fleisch gemessen werden, gelten Wildschweine mit bis zu 30.000 Becquerel pro Kilogramm als ungenießbar. Ein Strahlenrisiko besteht also nur noch bei gewilderten Tieren.

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