Klimawandel konkret - die Carteret-Inseln

Inselstaaten kämpfen um ihr Überleben

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"Wissen Sie, wo die Carteret-Inseln liegen?", fragt Ursula Rakova. "Falls nicht, müssen Sie sich eigentlich nicht die Mühe machen, im Atlas nachzuschlagen. Denn es dauert nicht mehr lange, bis die Inseln im Meer versunken sind." Ursula Rakova berichtet für die BUND-Partnerorganisation Freunde der Erde (Friends of the Earth) bei einer Veranstaltung am Rande der Bali-Weltklimakonferenz über vom Klimawandel betroffene Regionen.

Die hufeisenförmige Inselgruppe im Pazifik vor Papua-Neuguinea ist durch den langsam steigenden Meeresspiegel direkt bedroht. Auf den Eilanden dringt das Wasser immer weiter ins Landesinnere vor. Vor Jahren provisorisch errichtete Wälle, die im Vergleich zu Deichen in Deutschland und angesichts der tatsächlichen Bedrohung hilflos wirken, sind schon längst vom Meer überspült. Das Grundwasser versalzt und die Bananenstauden gehen ein. Am Strand liegen tausende entwurzelte Kokospalmen, die dem steigenden Wasser nicht mehr Stand halten konnten. Die Inseln lagen lediglich einen bis eineinhalb Meter über dem Meeresspiegel. Seit 1993 ist dieser bereits um rund 40 Zentimeter angestiegen.

Der Klimawandel ist keine Fiktion, sondern für viele Menschen bittere Realität. Eine der zentralen Fragen ist deshalb, wie ihnen geholfen werden kann. Die UN-Delegierten auf Bali sprechen über die "Finanzierung von Anpassungen" - bisher gibt es unter ihnen weder eine Einigung darüber, wie viel Geld für solche Maßnahmen erforderlich ist, noch wo es herkommen soll. 34 Milliarden Euro pro Jahr müssten aufgebracht werden, schätzt die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam. Eine der möglichen Quellen könnten die Versteigerungserlöse aus dem internationalen Handel mit CO2-Zertifikaten sein.

In der nächsten Handelsperiode, die 2008 beginnt, will Deutschland neun Prozent der deutschen Zertifikate nicht mehr verschenken, sondern versteigern. 400 Millionen Euro könnten so eingenommen werden. 120 Millionen wurden in Deutschland bereits für internationale Anpassungsmaßnahmen und den Transfer von Umwelttechnologien bereitgestellt. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und das Bundesumweltministerium erarbeiten derzeit Pläne, wie und wo das Geld am besten eingesetzt wird. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Jetzt müssen weitere Länder mit ähnlichen Angeboten folgen.

Die Malediven, Tuvalu, die Seychellen, Taiwan, die Fidschi-Inseln und viele andere haben sich zu einer Gruppe von insgesamt 43 kleinen Inselstaaten zusammengeschlossen. Sie kämpfen auf Bali um ihr Überleben und wollen, dass die reicheren Industriestaaten zu ihrer Verantwortung für den Klimawandel stehen. Das politische Gewicht der Gruppe ist leider nicht sehr groß. Die USA, China, die OPEC-Staaten und andere sind nicht ausreichend bereit, die Treibhausgase wirksam zu begrenzen und zu reduzieren. Deshalb ist der Einfluss der Europäischen Union und auch Deutschlands extrem wichtig. Gehen diese mit weit reichenden Klimaschutzmaßnahmen voran, wird der Druck auf alle anderen größer, sich diesem Prozess nicht länger zu verweigern. Ein Kyoto-Anschlussabkommen wird für die Carteret-Inseln vermutlich zu spät wirken. Die rund 3000 Einwohner arbeiten bereits an Evakuierungsszenarien, auf den Atollen haben sie keine Zukunft mehr.