Kopfschmerzen mit dem neuen Mac

Mit den kleinen Roboterhändchen hält sich die iWatch den schweren Kopf - wie nach einer durchzechten Nacht. Ja, Steve Jobs gibt’s eben nicht mehr! Bild: Tom Appleton

OH WEI! Nicht nur mit der neuen Apple-Uhr - auch mit dem neuen Apple-Computer kann einem ganz blümerant zumute werden.

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Nachdem ich viele Jahre in Österreich gewohnt hatte, stand über meinem Apple-Keyboard auch immer das Wort "Austrian". Beim neuen MacBook Pro, das ich mir jetzt geleistet habe, steht dort nur noch "Deutsch" und daneben "100 Prozent".

Naja, schön, das greifbare Keyboard ist natürlich immer noch lediglich eine QWERTY-Tastatur, aber darunter steckt, eben (unsichtbar) die QWERTZUIOPÜ-Version. Wer das nicht weiß, schreibt auf meinem Computer nur lauter Blödsinn. Aber der Schaden ist leicht behoben: Man schaltet dann eben auf "Australian". "New Zealand" gibt’s nun wieder gar nicht, aber gut und gerne 50 andere. Also alles im grünen Bereich.

Ich brauche den Computer seit über 20 Jahren in erster Linie als gehobene Schreibmaschine. Ich produziere Texte auf Deutsch und Englisch. Und wenn ich mir (wie jetzt eben) nicht ganz sicher bin, ob es "auf Deutsch oder Englisch" heißen sollte (also groß statt klein geschrieben), dann bin ich dem Rechtschreibprogramm dankbar, das mir da eine geriffelte Unterstreichung druntersetzt. Also eine Aufforderung, dieses Wort gegebenenfalls zu korrigieren oder nachzusehen.

Das ist ein netter Zug bei dem Schreibprogramm, das ich schon auf Windows 98 kennengelernt habe - oder noch früher, bereits als Word 4 oder 5 auf einem DOS-Rechner Anfang der 1990er Jahre. Bei Apple heißt es "Microsoft Word for Mac" und funktioniert tadellos. Ich kann die Sprache, in der ich schreibe, mit einem "Klick" umschalten und "Fehlermeldungen" - die in der Sprache "Deutsch" erscheinen, wenn ich "Englisch" schreibe, mit einem Wusch beseitigen. Auch die Anführungsstrichelchen beim Zitatanfang und Zitatende können auf Englisch durchgängig oben erscheinen. Auf Deutsch unten beim Zitatanfang und oben, wenn man am Schluss angekommen ist. Natürlich gibt es ÄÖÜ und das scharfe S oder EssZett.

Das ist insofern sehr angenehm, wenn ich z.B. für Telepolis einen Artikel auf Deutsch schreibe, dann muss nicht ein Redakteur erst mühsam jedes "ue" zu einem "ü" ändern und suchen, ob er auch keines übersehen hat. Beziehungsweise, da ja auch die Telepolis-Redakteure auf Microsoft-Computern arbeiten [nein, das hier passiert grade auf Ubuntu - d. Red.], wie ein sehr großer Teil aller Leute auf der Welt, haben sie kein Problem, eine Datei von mir mühelos zu übernehmen und aufzumachen.

Nun ging aber mein alter "Apple" nach vier Jahren allmählich aus dem Leim. Oder auch schon beträchtlich früher. Das elfenbeinfarbene, irgendwie an Braun-Elektrogeräte der Sechzigerjahre gemahnende Tastaturdeck begann an den Ecken, die den häufigsten Kontakt mit den Handkanten hatten, abzubröckeln. Das Plastikmaterial an dieser Stelle knickte ein und ich pflasterte einen Klebestreifen über diese Stellen, um dem Staub und den Insekten eine Barriere vorzuschieben.

Jetzt, so könnte man meinen, wäre es eigentlich Zeit für eine Rückrufaktion der Firma Apple gewesen - so wie bei General Motors oder Ford, wenn dort irgendein mechanischer Fehler am Fahrzeug auftritt. Tatsächlich konnte man das auch machen: Sich von Apple ein neues Top draufsetzen lassen. Wenn man in Amerika wohnte. Mein Gerät war auch in Amerika gekauft worden - aber wie sollte ich damit aus Neuseeland in die USA düsen? So ganz nebenher?

Irgendwann hörte ich dann aber doch, dass es auch in Neuseeland möglich sei, dieses Teil auszuwechseln, selbst wenn die Garantiezeit bereits abgelaufen wäre. Das ließ ich dann auch machen - es kostete allerdings eine Kleinigkeit. Etwa 160 Dollar, wenn ich mich recht erinnere. Die teure Anreise nach Wellington, Motel und dergleichen nicht mitgerechnet.

Nun würde es Kunden der üblichen misstrauischen Art, zu denen ich auch gehöre, nicht sonderlich verwundern, wenn bei der Kiste relativ kurz nach der pfleglichen Behandlung in der Apple-Werkstatt, irgendwas anderes in die Brüche gehen würde. Und tatsächlich: Im Juli war ich dort gewesen, im August fing dann auch schon der Bildschirm an, zu flackern. Nun musste ich eine zugelassene Apple-Werkstatt finden, die das beheben konnte.

Nur um sich das mal anzuschauen, verlangte man dort schon 150 Dollar - und da meine Sache ja auch nicht dringend war (das war die Einschätzung der Firma, bei Dringlichkeit hätte es mehr gekostet), wartete ich nun drei Wochen, bis man mir beschied, Reparatur oder neuer Bildschirm würden mich ca. 1.100 Dollar kosten. Zusätzlich zu Kosten für Arbeit und Mehrwertsteuer.

Jetzt hatte der Computer selber (neu) schon fast 1.600 Dollar gekostet. Es wäre also angesagt gewesen, die Reparatur des Bildschirms zu vergessen und gleich ein neues Gerät zu kaufen. Dieses Geld hatte ich aber grade in dem Moment nicht zur Hand. Ich kaufte mir also einen separaten Bildschirm - großformatiges aber etwas grizzeliges Bild, doch immerhin: Samt allen anderen Kosten, kam diese Option bloß auf 450 Dollar (die anfänglichen 150 Dollar jetzt mal nicht mitgerechnet).

Seitdem schrieb ich auf dem Computer mit dem schwarzen Loch und blickte seitwärts auf den angehängten Bildschirm. Was also meinen transportablen Laptop effektiv zu einem Desktop-Computer umwandelte, denn die beiden Geräte auseinanderzuschrauben und irgendwohin mitzuschleppen und dann dort wieder aneinanderzuschrauben war einfach zuviel der Mühe.

Egal. Irgendwann, nahm ich mir vor, würde ich mir eben einen neuen Apple kaufen.

Vor mir das schwarze Loch, daneben der Bildschirm. Bild: Tom Appleton

Nun habe ich, aus verschiedenen Gründen, ein große Anzahl von europäischen DVDs. Auch iranische, die in Europa herausgebracht wurden, mit Untertiteln und Synchronversionen. Diese Silberscheiben sind alle mit einem Ländercode Nr. 2 für Europa versehen. Mein amerikanischer Apple mit dem Austrian Keyboard war (weil aus Amerika kommend) ursprünglich auf Region 1 (USA) eingestellt gewesen. Ich hatte ihn auf Region 2 umgestellt - und da man solche Änderungen nur insgesamt fünfmal vornehmen darf, hütete ich mich davor, noch einmal etwas daran zu ändern.

Dann bekam ich aus Europa den norwegischen "Kon-Tiki"-Film zugeschickt, der mit einem Kopierschutz gesichert war, und deswegen auf meinem Apple nicht lief - obwohl Region 2. Er lief aber auch auf den meisten DVD-Abspielgeräten meiner Bekannten nicht, die ja in Neuseeland Geräte mit Region 4 besitzen. Und weiß der Hirsch warum, selbst auf den regionalcodefreien Geräten lief das Ding nicht. Ich freute mich also darauf, einmal auf einem neuen Apple diesen Film auszuprobieren.

Der Anlass dazu kam dann fast zwei Jahre später, wieder in Wellington, als mein Computer auf dem Schreibtisch schräg stand und zu wackeln begann. Was konnte das sein? Ich bemerkte, dass die Tür am Chassis des Gerätes, hinter der sich die Batterie befindet, aufgebrochen war. Oha! War der NSA während meiner Abwesenheit eingebrochen und hatte achtloserweise an meinem Gerät eine Wanze eingepflanzt?

Ich also hin zur Firma, der hiesigen Vertragswerkstatt für Apple. Ja, die Batterie sei geplatzt. Mit der könnte man das Gerät nicht weiter bedienen, aber weil das Modell schon veraltet sei, hätte man in Neuseeland keine Ersatzbatterien dafür. Aber es ließe sich mühelos eine aus den Philippinen bestellen. Oder sogar direkt aus den USA. Kostenpunkt 600 Dollar. Ein guter Freund, Apple-Spezialist, machte mich darauf aufmerksam, dass das Gerät auch ohne Batterie funktionieren würde. Einfach ans Stromnetz anschließen, und alle paar Minuten abspeichern, damit der Text nicht zufällig verloren ginge, falls ich mal übers Stromkabel stolpern sollte oder falls es aus sonst einem Grund zu einem Elektroausfall käme.

Das war die billigere Variante.

Jetzt, dachte ich, ist allmählich ein neues Gerät angesagt. Ein anderer Freund hatte sich aus allem möglichen Computerschrott und dem Betriebssystem Ubuntu für knapp 100 Dollar ein volltaugliches Gerät gebastelt - praktisch nur, um mir zu zeigen, dass ich keinen Apple bräuchte. Es ginge auch anders und billiger. Dann kaufte er sich selber für 600 Dollar ein Superteil mit X und Y und Z, aber gekettet an Windows 8 (und durch nichts davon abzubringen). "Eine Scheiße!" meinte er.

Na, ich wollte das Mac Book Pro haben. Es kostete erstaunlicherweise auch fünf Jahre, nachdem ich mein vorheriges Gerät gekauft hatte, wieder 1.600 Dollar. Grund: Ein Vorführgerät, nicht mehr ganz frisch, aber doch praktisch so gut wie neuwertig. Vor allem ist es nicht die "Air"-Variante, denn die spielt ja keine DVDs mehr. Da hätte ich mir dann entweder einen separaten DVD-Spieler zulegen müssen, oder ein ausgelagertes Teil, das die DVDs abspielen kann und sie dann auf dem Bildschirm des Computers zeigt. Auch nicht teuer. Aber wer hat schon diese extra paar Hunderter immer so schnell parat?

Ich kaufte also das Gerät mit dem eingebauten DVD-Laufwerk - und jetzt konnte ich auch den "Kon Tiki"-Film endlich ansehen. Das neue Gerät sieht edel aus, Alufarben, die Tastatur ist von unterhalb beleuchtet und mit Sensoren ausgestattet. Sie merkt von selber, wenn es zu dunkel ist, um die Tasten zu sehen. Auch der Bildschirm hat eine verblüffende Strahlkraft. Die Musik ertönt lauter - und das Beste: Man kann jetzt auf iBooks mit großem Vergnügen alle PDFs und EPUBs lesen, als läse man ein richtiges Buch. Aber die messerscharfe Kante schneidet sich einem über kurz oder lang schmerzhaft in die Hände. Man muss versuchen, wie ein Klavierspieler über der Tastatur zu schweben. Ermüdend!

Als Comicleser macht mich das neue Gerät allerdings auch verrückt, denn jede Seite, jedes Bild wird durchflackert von einer ÜBERHILFREICHEN Ansammlung von Fragen. Möchtest du A sehen, B machen, lieber C probieren??? Nein! Nur dieses Bild ansehen will ich, den Text lesen - und weiter.

Auch die Musik-Sparte, iTunes genannt, ist zum bloßen Adjunkt des Apple-Musikladens verwandelt worden. Fast hätte ich gesagt, sie ist dazu verkommen. Zufällig hatte ich bereits bei meinem alten Gerät einmal auf die gelegentliche Einladung von Apple, neue Sicherheitsprogramme zu laden, mit "Okay" geantwortet. Wahrscheinlich hab ich dabei, ohne es zu merken, auch das neue Musikprogramm installiert.

Bis dahin war es möglich gewesen sich (wie in den guten alten Tagen des Mixtapes) beispielsweise aus fünf oder sieben Todd-Rundgren-Scheiben insgesamt 15 Tracks zusammenzustellen und diese Zusammenstellung mit einem Bild des Künstlers zu versehen, das man vielleicht im Internet gefunden hatte. Diese Playlist konnte man dann in der entsprechenden Reihenfolge (oder umgekehrt abspielen) - und man konnte einige Nummern, die man grade nicht hören wollte, ausblenden ohne sie zu löschen und so weiter.

Ich hatte auch verschiedene Audiobücher drauf und für rund 300 US-Dollar Hörbücher von Audible in den USA, die man sowieso nur mit einem Applegerät problemlos abhören kann. Und ZACK. Als das neue Musikprogramm kam wurden alle Bücher gelöscht, alle Optionen für freies Zusammenstellen gekündigt - und es blieb ein völlig ärgerliches Programm. Meine 150 Don-Covay-Songs und -Kompositionen befinden sich jetzt beispielsweise in einem Dutzend verschiedener Dateien. Es gelang mir bislang nicht, sie wieder in einem einzigen Playlist-File zu vereinigen.

Oder, anderes Beispiel: Ich "kopierte" eine schöne alte LP mit Texten von Pablo Neruda, seit 40 Jahren in meinem Besitz, und wollte ein Foto aus dem Internet dazukleben. Es ging und ging aber nicht.

Immer wenn sich Apple jetzt meldet und fragt, ob ich ein neues Musik oder Fotoprogramm herunterladen möchte, dann sage ich: Nie! Natürlich meldet sich Apple aber beharrlich jeden zweiten Tag wieder mit derselben Frage. Und um das auch noch gesagt zu haben: Das Foto-Programm ist NOCH ärgerlicher. Genauso das Mail-Programm. Und alles ist auf Amerika zugeschnitten.

Da hatte Apple fürs iPhone ein Programm entwickelt, Auto Correct, das dem flüchtigen Daumen beim Versenden von SMS-Nachrichten behilflich sein soll. In Neuseeland war dieses System noch nicht angekommen, als ich vor zwei Jahren bei Gericht an einer Schöffenversammlung teilnahm. Unter anderem mussten wir ellenlange Transskripte von SMS-Nachrichten durchforsten, um festzustellen, ob die observierten Drogenschmuggler sich auf Marihuana oder Crystal Meth bezogen. Der hiesige SMS-Jargong aus kurioser Rechtschreibung und eigenartigen Kürzeln ist auch bei Normalbürgern nur mühsam zu entziffern. Wer weiß, was Auto Correct daraus gemacht hätte. In Amerika belustigt sich die ganze Nation über kuriose Rechtschreibkorrekturen. Und jetzt hat Apple dieses System auch noch in seine Computer übertragen.

Ärgerlich. Schrieb ich "angemailt", also "per Mail angeschrieben", wurde daraus "angemalt". Korrigierte ich das, wurde daraus "angemault". Schrieb ich "Lilo Pulver" (Name einer Schauspielerin) wurde daraus "lila Pulver". Und zwar häufig retroaktiv, nachdem ich das bereits zweimal korrigiert hatte und im Text schon eine Seite weiter war. Noch ärgerlicher aber: "Microsoft Word für Mac wird nicht mehr unterstützt". Was bedeutet das? Es bedeutet, ich schiebe einen Text, eine Datei mit .doc in meinen neuen Apple, und er weigert sich, sie zu öffnen.

Nein, falsch. Mit Mühe und Not kriegt man ihn auf - und zwar in Apples neuem System, "Pages" genannt. Da mein Apple ja zu 100 Prozent auf "Deutsch" eingestellt ist, habe ich nun kein Problem, auf Pages Deutsch zu schreiben. Allerdings kommt nun auch die Auto-Correct-Hilfe ungebeten dazu, die mir jedes Wort ohne jegliche Warnung in irgendeinen Blödsinn umwandelt. ÜBERHILFREICH überbedient, muss ich jeden Text nun dreimal lesen, ob er nicht post factum doch noch geändert wurde. Die praktische kleine Schaltung, die mir erlaubte, die Sprache zwischen Englisch und Deutsch zu wechseln, gibt es bei Pages auch nicht mehr. Jetzt stehen auch im Englischen die Anführungsstrichelchen bei einem Zitat UNTEN und können nachher nicht händisch korrigiert werden.

Aber egal, ich schreibe für Telepolis ja eh Deutsch. Und so schrieb ich also einen Text und schickte ihn los, dann kam von Telepolis die Meldung: Wir kriegen den Text nicht auf! Schließlich fand man doch noch einen passenden Apple-Computer und kriegte ihn damit auf. Dann hieß es allerdings: Da müssen wir ein anderes System finden, denn die Mühe und den Aufwand können wir uns nicht für jeden Text von Dir leisten.

Also, was mache ich? Ich schreibe auch diesen Text wieder auf dem alten Computer. Dem neuen mit dem Auto Correct kann ich keinen Text anvertrauen, solange ich nicht weiß, wie ich das System wieder abschalten kann. Der Bedienungskomfort, das vergnügliche Erlebnis, den Mac aus der Kiste zu heben und sofort problemlos damit arbeiten zu können, ist jedenfalls vorerst mal dahin.

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