Kostet eine Erhöhung des Mindestlohns Arbeitsplätze?

Nach Zahlen aus den USA könnten sogar mehr Arbeitsplätze entstehen

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Was waren es für Krämpfe, in Deutschland den flächendeckenden Mindestlohn zu beschließen, d.h. ihn halbwegs mit vielen Ausnahmen und einigen Verzögerungen ab dem 1. Januar 2015 einzuführen. Die Befürchtungen waren stets, dass der Mindestlohn Arbeitsplätze gefährde, weil Arbeitgeber diesen nicht zahlen wollen oder können. Eine Studie aus den USA, wo US-Präsident Obama zu seinem Erbe, zu dem nun ein weiterer Krieg gegen den Terror gekommen ist, wenigstens noch die Anhebung des nationalen Mindestlohns durchsetzen will (USA: Streit um Erhöhung des Mindestlohns), scheint den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Belastbare Beweise für schädliche Folgen auf den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft konnten die Gegner sowieso nicht vorlegen. Die Kritik speist sich aus dem Unwillen von Arbeitgebern, weniger Gewinne zu machen, und aus der neoliberalen Ideologie, dass der Markt alles am besten selbst regelt. Dazu wurde ständig verkündet, dass schlecht bezahlte Arbeit doch noch immer besser sei, als keine Arbeit zu haben, und dass Arbeitslose noch weniger Chancen hätten, wieder normale Jobs zu erhalten.

Auch in den USA wird von interessierter Seite versucht, die Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 7,25 US-Dollar auf 10,10 US-Dollar zu verhindern, auch wenn manche Unternehmen ihn fordern und auch umsetzen (Gegen den Strom). Elise Gould vom Economic Policy Institute, das sich für höhren Mindestlohn engagiert, hat sich einmal die Entwicklung in den 13 Bundesstaaten angeschaut, die 2014 den Mindestlohn entweder durch ein neues Gesetz (Kalifornien, Connecticut, New Jersey, New York und Rhode Island) oder zum Ausgleich der Inflation bereits erhöht haben. Die Studie geht davon aus, dass die Löhne für Angestellte seit 1979 inflationsbereinigt in den USA entweder gefallen sind oder stagniert haben. Vor allem ist die Produktivität um das Vielfache gegenüber dem Lohn gewachsen.

Zwischen dem ersten Halbjahr 2013 und dem ersten Halbjahr sind die Löhne für das ärmste Zehntel der Amerikaner zwar um 0,3 Prozent gewachsen, in allen anderen Dezilen sind die Reallöhne in dieser Zeit aber geringer geworden, was auch heißt, dass der Mittelstand verarmt und insgesamt die Einkommensungleichheit gewachsen ist, vor allem seit 2007. Ursache sei nicht die Inflation, die nur mäßig gewesen sei. Auch möglicherweise erhöhte Ausbildungsforderungen könne kein wesentlicher Grund sein, weil die Einkommensungleichheit zwischen den Reichsten und der Mittelschicht stärker gewachsen ist als der zwischen Menschen mit Hochschulabschluss und nur einem Highschool-Abschluss. Im Vergleich zum letzten Jahr sind auch die Löhne von Arbeitnehmern mit der höchsten Bildung gesunken, wenn auch nicht so stark wie bei denen mit Hochschul- oder Highschool-Abschlüssen.

Gould geht davon aus, dass die geringe Lohnsteigerung im Vergleich zum letzten Jahr beim ärmsten Zehntel auf die Erhöhung des Mindestlohns in den 13 Bundesstaaten zurückzuführen ist, in denen 40 Prozent der Arbeitnehmer leben, die dadurch 2,7 Milliarden US-Dollar mehr erhielten. Sie hat die Lohnzuwächse beim einkommensschwächsten Dezil in diesen mit der Lohnentwicklung im ganzen Land verglichen. Danach sind die Löhne durch die Anhebung des Mindestlohns ab dem Januar 2014 um 0,9 Prozent gestiegen, während sie in den übrigen 37 Ländern um 0,1 Prozent gefallen sind. Profitiert hätten davon 4,5 Millionen Arbeitnehmer. Gould leitet davon ab, dass die Erhöhung des Mindestlohns auch bei relativ hoher Arbeitslosigkeit ein wirksames Mittel zu Verbesserung der Einkommen ist. In 21 Bundesstaaten ist der Mindestlohn bereits höher als der nationale Mindestlohn.

Nun könnte man sagen, dass die trotz allem sehr bescheidenen Einkommenszuwächse zwischen 10 Cents und einem Dollar zu mehr Arbeitslosigkeit geführt haben könnten. Jared Bernstein vom Center for Budget and Policy Priorities hat sich die Entwicklung des Arbeitsmarktes daraufhin angeschaut und festgestellt, dass sich in den Bundesstaaten, in denen der Mindestlohn erhöht wurde, das Jobwachstum besser entwickelt hat als in den übrigen. Allerdings ist der Unterschied mit 0,3 Prozent sehr gering. Klar scheint zumindest zu sein, wie Bernstein sagt, dass die Erhöhung des Mindestlohns zumindest keine Arbeitsplätze gekostet hat. Allerdings könnten sich langfristige Folgen erst später zeigen.