Lawrow: Pläne zum Nato-Beitritt der Ukraine vereiteln Konfliktlösung

Laut dem russischen Außenminister sind einseitige Schritte eine Verletzung der Nato-Russland-Grundakte

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Inwieweit der diplomatische Versuch Poroschenkos, Friedensverhandlungen zwischen der Kiewer Führung und ihren Gegnern im Osten des Landes auf den Weg zu bringen, politische Relevanz hat, muss sich erst noch herausstellen. Die Frage ist, von wem in Kiew der Annäherungskurs Poroschenkos, den er durch seine gestrige Mitteilung signalisierte, überhaupt gedeckt wird. Gestern deutete sich, nicht zum ersten Mal, ein Machtkampf in Kiew zwischen unterschiedlichen Positionen an. Und, um das Wesentliche, nicht zu vergessen: Bislang hat Kiew nicht den Versuch gemacht und einen solchen auch nicht signalisiert, mit der anderen Konfliktpartei, den Vertretern der "Volksrepubliken" im Osten direkt zu verhandeln. Waffenruhe? Kommt noch...?

Laut Meldungen der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform wie auch der russischen Itar-Tass und Reuters setzten beide Seiten gestern Kriegsgerät ein, schossen und töteten weiter - Wohnviertel blieben nach Angaben aus Kreisen der Volkswehren nicht verschont.

Dass die Kämpfe in den nächsten Tagen abflauen, ist aber nicht ausgeschlossen, da die Politik angesichts des Nato-Gipfels ein gewisses Momentum hat und sich auch Moskau als politischer Vermittler eingeschaltet hat (vgl. den Sieben-Punkte-Plan Putins), wozu die Gespräche zwischen Poroschenko und Putin eine Vorlage gegeben haben. Der Europarat begrüßte laut Ria Nowosti die Vorschläge Putins, mit der Hoffnung, dass sie zu "etwas führen".

In der Abgrenzung dazu machte allerdings Jazenjuk unmissverständlich klar, wie seiner Auffassung nach die Ukraine sich politisch und wirtschaftlich erholen könne (Ukrainischer Ministerpräsident will Mauer an der Grenze zu Russland): die Ukraine definiert sich nach der Freund-Feind-Politarchitektur des Kiewer Ministerpräsidenten in einer klaren Konfrontation zum "Aggressor Russland". Dreh-und Angelpunkte seiner Konstruktion der Ukraine sind die beiden Bündnisse Nato und EU. Jazenjuk will die gesetzgeberischen Bestrebungen Kiews zum Anschluss an die Nato vorantreiben. Zunächst soll der blockfreie Status aufgehoben werden (Kiewer Führung drängt auf Nato-Mitgliedschaft).

Vom russischen Außenminister Lawrow erfolgte nun die Entgegnung auf diese Pläne. Die Bestrebung aus Kiew, den blockfreien Status zu ändern, um sich der Nato anzuschließen, würden sämtliche Bemühungen um einen Dialog mit dem Ziel, die nationale Sicherheit zu festigen, vereiteln, wird Lawrow zitiert.

Laut Itar-Tass äußerte Lawrow, dass einseitige Veränderungen der Abmachungen, die im Nato-Russland-Rat beschlossen wurden und in der Grundakte von 1997 festgeschreiben wurden, "praktisch und legal nicht korrekt" seien und letztlich nur mit einer Aufkündigung der Grundakte unternommen werden können.

Geht es nach Informationen und Interpretationen der FAZ, so ist die Grundakte lediglich eine Absichtserklärung. Was wohl so zu verstehen ist, dass sich die Akteure auf Nato-Seite nicht weiter an ein gemeinsames Abkommen halten, das immerhin eine Basis für Verständigung bietet und einen Rahmen für eine Konfliktlösung bereitstellt, sondern lieber den Konfrontationskurs wählen sollen?

In der Bundesregierung gibt es laut der Zeitung andere Signale:

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat deutlich gemacht, dass die Nato aus ihrer Sicht nichts unternehmen solle, was diesem Text widerspricht; der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wandte sich sogar gegen eine Kündigung des Vertrags, obwohl darüber im Bündnis bisher nicht ernsthaft diskutiert wird.