Leistung oder Teamgeist: Was treibt den Unternehmenserfolg an?

Team lächelnder Mitarbeiter im Büro - Reaktion auf Unternehmenskrise

(Bild: Ronald Carreño, Pixabay)

In einer Zeit des Wandels stehen Firmen vor der Wahl, individuelle Leistungen oder den Teamgeist zu fördern. Diese Entscheidung prägt die Zukunft der Arbeitswelt.

Die aktuellen Zahlen stellen die Unternehmenslenker hierzulande nicht zufrieden. Das Ifo-Institut hat vor dem Hintergrund der Haushaltskrise seine eigene Wachstumsprognose gesenkt. Für 2024 rechnet das Institut nun mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,7 Prozent – im Dezember waren es noch 0,9 Prozent. Die Unternehmen rechnen daher mit sinkenden Gewinnen und diskutieren Gegenstrategien.

New Work unter der Lupe: Effektivität infrage gestellt

In vielen Unternehmen werden inzwischen Maßnahmen hinterfragt, die als "New Work"-Konzepte propagiert wurden. Das "Neue" an dieser Idee versteht jedes Management anders: Arbeiten wird überall möglich, die Kommunikation im Team gefördert. Arbeitsgruppen übernehmen Führungsaufgaben und steuern sich selbst.

Große Unternehmen wie Bosch schafften individuelle Bonuszahlungen weitgehend ab, das Erreichen von Teamzielen wurde zur Grundlage von Sonderzahlungen.

Feel-Good-Maßnahmen: Steigern sie die Innovationskraft?

"Feel-Good-Manager" kümmern sich um das Wohlbefinden der Mitarbeiter, die für das Unternehmen immer online erreichbar sein sollen. In vielen Unternehmen gibt es solche Stellen, die Firmenevents planen oder sich um gesunde Ernährung in der Betriebskantine kümmern.

"Die Investitionen in Feel-Good-Maßnahmen, wie viele New Work missverstanden haben, haben meist nicht zur Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen geführt. Ernüchterung macht sich in Managementkreisen breit", bemängelt Reiner Straub, Herausgeber des Personalmagazins, und fragt: "Müssen wir mehr leisten?".

SAPs radikale Neuausrichtung: Leistungsklassen als Lösung?

Vorreiter des Wandels hierzulande ist der Softwaregigant SAP: "In Deutschland mangelt es an Leistungsdenken", formuliert SAP-Vorstand Christian Klein. Im Rahmen des Performance-Managements fordert er deshalb nicht nur regelmäßige individuelle Leistungsbeurteilungen für alle SAP-Mitarbeiter. Vielmehr sollen die Vorgesetzten die Mitarbeiter in drei Leistungsklassen einteilen: "Performer, Achiever, Improver".

"Das Vorhaben, Minderleistende systematisch zu identifizieren und in eine Gruppe einzusortieren, führte in den sozialen Medien zu heftiger Kritik, die meisten Kommentatoren der Wirtschaftspresse fragten sich, ob das nicht Managementmethoden aus dem vergangenen Jahrhundert seien", meldet haufe.de.

Leistung oder Teamgeist: Was zählt mehr für den Unternehmenserfolg?

Das normative Ziel von Leistung sei der langfristige Unternehmenserfolg, sagt Dirk Sliwka, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Köln: "Vorstände müssen entscheiden, ob sie mehr auf das Individuum oder das Team setzen".

Auch die von New-Work-Beratern oft propagierte Emotionalisierung mit Appellen an den Teamgedanken wird infrage gestellt. "Moralpredigten oder Townhall-Meetings zum Einschwören auf Leistung – das bringt uns nicht weiter. Ein positiver Leistungsbegriff beginnt mit einem Menschenbild, das alle als Erwachsene behandelt", sagt Oliver Sowa, Geschäftsführer der Beutlhauser Gruppe.

"Schluss mit Kuscheln", kommentiert die Wirtschaftswoche die Pläne des Software-Riesen. Die Beschäftigten sehen das anders. Der europäische SAP-Betriebsrat kritisiert den Vorstand in einer internen E-Mail nach Medienberichten scharf: "SAP, wie wir es kannten, ist vorbei" - 2.000 Mitarbeiter sollen den Aufruf bisher unterschrieben haben.

New-Work-Realität: Zwischen Anspruch und betrieblicher Praxis

"New Work" als entspannte Arbeitswelt darzustellen, beschreibt nicht die betriebliche Realität. Die Vorteile für die Unternehmen überwiegen. Meist erfolgt die Arbeitsteilung indirekt – nicht mehr, indem ein Vorgesetzter die einzelnen Arbeitsschritte vorgibt und deren Einhaltung kontrolliert.

Vielmehr findet gerade bei hoch qualifizierten Beschäftigten häufig eine Vermarktlichung des Arbeitsverhältnisses statt. Sie müssen sich eigenverantwortlich im Rahmen der Vorgaben direkt gegenüber dem Kunden am Markt orientieren.

Dass Mitglieder in agilen Projekten nicht nur zufrieden sind und die Arbeitsbelastung durch die hohe Verantwortung in der Teamarbeit steigt, hat Hermann Bueren, Autor von "Bewegt Euch schneller", zuletzt auf Telepolis beschrieben.

Führungskräfte und Mitarbeiter: Eine Kluft in der Wahrnehmung

Dieser steigende Druck wird von den Führungskräften mehrheitlich ignoriert – zumal eine aktuelle Studie von StepStone zeigt, wie unterschiedlich die Wahrnehmung ist: 97 Prozent der Vorgesetzten sind überzeugt, dass sie die Leistung ihrer Mitarbeiter ausreichend würdigen. Die Mehrheit der Mitarbeiter sieht das anders: Nur 57 Prozent stimmen dieser Einschätzung zu.

An anderer Stelle wird der Vorstoß des SAP-Vorstands, moderne Regeln einzuschränken und weltweit 8.000 Stellen abzubauen, begrüßt: "Die Aktie steigt auf ein Rekordhoch", beschreibt das Handelsblatt die Reaktion der Börse.

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