"Londonistan": Labour-Kandidat Khan in Kurs auf Wahlsieg

Khan wäre damit erster muslimischer Bürgermeister einer europäischen Haupstadt

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Für Muslimphobiker wird es ein Beweis dafür sein, dass nun das christlich-abendländische Europa bedroht ist und Schritt für Schritt islamisiert werden könnte. Für die anderen ist der wahrscheinliche Sieg von Sadiq Khan, 45 Jahre alt, im Wahlkampf um den Bürgermeisterposten ein Beleg für die Toleranz und Offenheit der europäischen Kultur, die auch Muslime integriert. Mitternacht konnte Khan 44.2 % erzielen, sein konservativer Konkurrent 35.0 %. 50 % sind notwendig, um Bürgermeister zu werden. Sollte Khan gewinnen, wäre auch die achtjährige Herrschaft der Konservativen über die britische Hauptstadt zu Ende. Sein Erfolg wäre auch eine Stärkung des linken Jeremy Corbyn als Labour-Parteichef.

Khan, ein Menschenrechtsanwalt, wird damit zu einer Symbolfigur, ähnlich wie in den USA Barack Obama als erster schwarzer Präsident, aber auch wie Angela Merkel als erste Bundeskanzlerin oder Tarek Al-Wazir als Wirtschaftsminister in Hessen.

London zeigt jedenfalls, dass die durch antimuslimische Bewegungen wie in Deutschland AfD und Pegida und durch Anschläge von Islamisten genährte Angst vor der Islamisierung des Abendlandes nicht die Bewohner einer Weltstadt wie London beherrscht.

Multikulturalismus, in rechten und konservativen Kreisen absurderweise zu einem Unwort geworden, ist eine Option. Sie prägt natürlich überall in Europa die großstädtische Kultur, Multikulturalismus ist hier gelebte Realität, der völkische Isolationismus ist letztlich der (Alb)Traum davon, die Entwicklung der letzten Jahrzehnte wieder umkehren zu können, um unter seinesgleichen zu leben. Wie pervers solche Veranstaltungen sind, zeigt schon der Slogan "Mia san mia" etwa auch für den FC Bayern, dessen Mannschaft ein Paradebeispiel für Multikulturalismus ist. Die scheinbare Bavarisierung ist letztlich nur eine Integration der Globalisierung des Sports, die von den Fans auch klaglos akzeptiert wird.

Khan ist nicht nur von seinem Migrationshintergrund ein Gegenbild zum Konkurrenten um das Bürgermeisteramt, er hat seine verschiedenen Facetten auch herausgestrichen: ""I am a Londoner, I am European, I am British, I am English, I am of Islamic faith, of Asian origin, of Pakistani heritage, a dad, a husband."

Zac Goldsmith ist ein schwerreicher Konservativer, Sohn eines Milliardärs und damit aus der herrschenden Klasse, der sich für den Brexit stark machte. Khan ist für den Verbleib in der EU, vor allem aber kommt er auch von unten, ist Sohn eines pakistanischen Busfahrers. Dass er in London über Goldsmith siegen konnte, verdankt sich nicht seiner muslimischer Herkunft, einen so hohen Anteil an Muslimen hat London nicht. 12 Prozent der Einwohner sind Muslime, 40 Prozent sind allerdings nicht in Großbritannien geboren. Aber er scheint durch die Angriffe von Goldsmith gestärkt worden zu sein, der ihn in die Nähe der Islamisten rücken wollte. Das war zu durchsichtig. Er trinkt keinen Alkohol, macht kein Hehl daraus, Muslim zu sein, und hat schon einmal nicht auf die Bibel, sondern auf den Koran geschworen, als er in den Privy Council aufgenommen wurde, der die Queen berät.