Lucasfilm und die Angst vor dem Internet

FBI gegen Raubkopierer

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Wie schon Tilman Baumgärtel in Spiegel Online angemerkt hat, ist es eine seltsame Strategie, den Online-Medien nicht zu erlauben, Bilder des am 19.5 anlaufenden Star Wars Episode I - The Phantom Menace zu veröffentlichen, während dies Printmedien dürfen, auch wenn sie dies in ihrer Online-Ausgabe machen. Was ist das Problem? Offenbar drohen nicht nur die Phantome, sondern geht auch die Angst vor dem wilden Kopieren um.

Lucasfilm scheint das Internet zu fürchten und hat bereits letzte Woche 700 Internetprovidern einen Brief mit der Warnung zugeschickt, keine durch das Copyright geschützten Materialien auf ihren Servern ins Netz stellen zu lassen. Auch wenn es möglicherweise nur darum geht, die zahlreichen Fans auf die eigene "offizielle" Website zu locken, weil sich der erste Trailer des Films explosionsartig im Netz verbreitet hat, läuft eine allzu rigorose Copyright-Politik wahrscheinlich doch gerade der Aufmerksamkeitsökonomie im Netz zuwider. Websites von Fans, die durchaus ihre eigenen Aufmerksamkeitsinteressen wie The Force Net haben, die jede Neuigkeit um den Film herum sammeln, mehren doch eigentlich den Kultstatus durch memetische Infektion. Mit einem Bilderverbot würde man diese Ausbreitung wohl verhindern, und überdies wäre es sicher ein Trugschluß, daß die Menschen deswegen nicht mehr ins Kino gehen würden, wenn sie im Netz ein paar Bilder oder Trailer vom Film sehen.

Wie Wired berichtet, geht Lucasfilm aber noch weiter in diese Richtung und hat offenbar das FBI gebeten, gegen Raubkopierer einzuschreiten und die Verbreitung von Raubkopien im Netz zu unterbinden. Zwar wird ja kaum noch jemand die Möglichkeit und die Lust haben, sich einen ganzen Film über das Web herunterzuladen, doch haben offenbar Studenten in Kalifornien mit einem breitbandigen Zugang zum Netz bereits digitale Versionen von den Filmen The Matrix und Entrapment digitalisiert und zirkulieren lassen. Die Gefahr mag ja einleuchten, wenn es sich tatsächliche um eine gute Qualität handelt, also wenn ein Studioangestellter eine Kopie des Films entwendet, aber wenn man mit einem Camcorder einen Film im Kino aufnimmt und dann kopiert, dürfte dies nicht wirklich eine Konkurrenz sein, sondern eher schon ein Appetizer, wenn man denn überhaupt Gefallen an dem Film findet.

Aber anscheinend will die Filmindustrie in der Nachfolge der Musikindustrie mit Phantom Menace frühzeitig das Territorium, vielmehr das "geistige Eigentum" im Netz sichern. "Jeder Mensch mit einem Computer ist ein potentieller Raubkopierer", sagt Frank Creighton von der Recording Industry Association of America (RIAA). Raubkopien von Filmen in der Vor-Internet-Zeit würden angeblich der Filmindustrie 3,5 Milliarden Dollar Verluste - man sollte eher sagen: mögliche Gewinne - einbringen.

Ken Jacobson von der Motion Picture Association rechtfertigt den Versuch eines strengeren Vorgehens gegen Raubkopierer sozusagen philanthropisch, weil diese sich doch nur indirekt damit schaden würden. Filme zu machen, sei eine teure Angelegenheit. Und wenn Filme nicht genügend Gewinne einfahren, dann würde auch keine "guten" Filme mehr produziert: "Die Fans müssen zuhören, was Lucas über das Raubkopieren gesagt hat. Wenn aus diesem Film keine Gewinne erzielt werden, dann werden wir die nächste Fortsetzung nicht zu sehen bekommen." Das muß dann allerdings nicht nur die Schuld der Raubkopierer sein, sondern könnte sich auch dem Film selbst verdanken, wenn er nicht genügend Menschen anzieht, die sich Phantom Menace im Kino auf einer großen Leinwand anschauen wollen. Und wäre, wenn die nächste Episode nicht käme, die Welt wirklich ärmer? Trotzdem ist es immer gut, wenn die Eigentümer des (geistigen) Kapitals uns daran erinnern, daß wir uns nur selbst schaden, wenn wir an ihren Gewinnen nagen. Darin unterscheidet sich Lucas nicht von jedem anderem Neoliberalen, bei denen der freie Markt und die Liberalität dort ihr Ende finden, wo es um den eigenen - und sei es auch nur vermeintlich bedrohten - Profit geht.