Männer und Hausarbeit? Doch nicht den Rollenklischeemüll übernehmen...

Sollen Männer zur "Extremsauberkeit" angehalten werden?

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Damit stehen die Österreicher, Frauen wie Männer, nicht alleine vor dem grausligen Berg, der alle zum Sisyphos macht: Unter den Tätigkeiten, die sie am meisten nerven, steht Hausarbeit an erster Stelle.

Der häusliche Aufgabenbereich, geprägt von der ständigen Wiederaufnahme der selben Mühe und einem sehr kurzen Erfolgsschimmer, hat eine hässliche Kehrseite: Er macht oft den Anfang von Streitigkeiten, die kritische Höhen und eine ziemliche Größe erreichen können, während die Hausarbeitsverrichtungen selbst wenig her machen. Das liefert keine tollen Geschichten. Wer erzählt schon davon? Ist das ein Grund, weshalb sie Männer in Partnerschaften mit einer Frau scheuen?

Studien erzählen uns seit der Erfindung des "neuen Mannes", dass sich an diesem Punkt wenig geändert hat: Frauen übernehmen nach wie vor den Großteil der Arbeit zuhause (Wenig Selbsterziehungspotential). Raus aus dem Kreißsaal des Jahres 2013 gehen wir nach Hause zurück in die 1950er Jahre, solche Bemerkungen sind immer wieder zu lesen. Männer wie Norbert Bolz zweifeln daran, dass der "neue Mann", der im Haushalt mitschafft, sexuell überhaupt attraktiv ist: "Offiziell loben ja alle den 'neuen Mann', der Hausarbeit und Kindererziehung 50:50 mit seiner Frau teilt. Aber werden solche Männer tatsächlich von Frauen begehrt?" (vgl. Das bisschen Haushalt...)

Der Mann, den ich gestern zufällig auf Arbeitsteilung im Haushalt ansprach, reagierte prompt und gereizt: Männer seien im Sinne der Geschlechtergleichheit ohnehin schon weit gebracht worden - "Sollen sie jetzt auch noch zur 'Extremsauberkeit' angehalten werden?"

Laut meiner italienischen Freundin ist das nicht nötig, denn es sei ihr Ehemann, der die Maßstäbe vorgebe, wie sauber es auszusehen hat. Was die Hausarbeit angehe, so habe sie diese Ansprüche umzusetzen. Bei einem befreundeten deutschen Paar ist das übrigens ganz genau so. Und die Sendung "Frauentausch" zeichnete, zumindest vor einigen Jahren, ein ähnliches Bild. Die Männer regten sich über die Schlampereien der Frauen im Haushalt auf, die Arbeit taten die Frauen.

Die Väter haben schon wenig gemacht, die jüngeren neuen Männer machen auch wenig. "Daran wird sich nichts ändern"

In den USA hat sich der Kolumnist Stephen Marche mit einem Kommentar zum Thema in den Augen mancher zum Troll gemacht. Seine Sicht der Dinge spielt ein bisschen mit dem Staubwedel, er poliert unkorrekte Klischees und macht sich ein Vergnügen aus den vorhersehbaren Reaktionen zu seiner Erzählung vom besseren häuslichen Leben.

Sein Ansatz: die heutigen jungen Männer verrichten ungefähr genauso viel bzw. genau so wenig Hausarbeit wie ihre Väter und daran werde sich auch nichts ändern. Als Belege zieht er amerikanische Statistiken heran. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es auch Statistiken gibt, die eine etwas andere Wirklichkeit widerspiegeln. Marche hält sich an die auch hier eingangs genannte Ansicht, dass Männer die Hausarbeit scheuen.

Mehr und mehr Männer seien bereit, sich mehr auf Kinderbetreuung einzulassen, dazu, mehr Zeit, mit dem Nachwuchs zu verbringen, auch zum Windelwechseln, An-und Ausziehen, Vorlesen usw, aber nicht für mehr Hausarbeit. Warum?

Klempnern ist sexuell attraktiv, andere Hausarbeit weniger

Warum, so Stephen Marche, können die jungen Männer den Umgang mit Besen, Putzlumpen, Mülleimern, Wäsche, Staubsaugern, Geschirrspülmaschinen, Klobürsten undundund nicht so interpretieren, dass sie daraus virilen Stolz ziehen? Seine Antwort ist einfach und Bolzscher Art. Weil das keinen Sexappeal hat. Weil sich nur bestimmte Hausarbeiten dazu eignen, die sexuelle Anziehungskraft auszustrahlen und das gehöre wesentlich zum Leben eines Paares. In einem gewissen Sinne sei alle Hausarbeit eine Art Vorspiel und so sei Arbeit, wie sie Klempner verrichten, ok und scharf, auch das Kochen. Das Töpfesäubern wäre in Marches Sicht aber schon weniger stimulierend.

Die Männer, welche sich über die Jahre Macho-Klischees aberzogen oder abgelegt haben, müssten jetzt nicht den Rollenklischeemüll der Frauen-Seite übernehmen, so ein anderer Stichpunkt des amerikanischen Esquire-Kolumnisten. Dies führt letztlich dann zu seiner Schlussfolgerung: Es geht nicht um die Fortsetzung von Klischees, beide sollen es besser haben, Frauen und Männer. Beide Partner sollen weniger machen im Haushalt.

Weniger Sauberkeit!

"Disinvestment", weniger Engagement im Haushalt, schmutzigere Treppen, ein paar Staubwuckerl, Staubmäuse in den Ecken, nicht alles blitzblank, das sei die Lösung, die von Statistiken und Trends schon lange angekündigt werde. Seit Mitte der 1960er Jahre sei der Anteil des Postens "unbezahlte Hausarbeit" am Bruttoinlandprodukt in den USA laut Bureau of Economic Analysis von 39 Prozent auf 25, 7 Prozent geschrumpft. Und: Sauberkeit zuhause sei unterschiedlichen historischen Standards ausgesetzt. Also könne man sich da doch gut begründet einiger interpretatorischer Freiheiten bedienen.

Marche erwähnt in diesem Zusammenhang die Renaissance. "Die Römer in der Antike hätten Rennaissance-Europäer unglaublich widerlich gefunden, wie dies auch die zeitgenössischen Muslime so empfanden", schreibt Marche und fügt hinzu, dass seine Großmutter seinen Haushalt (den er mit seiner Frau teilt) schmutzig fände. Die Standards würden sich ändern und es gebe keine allgemein gültige Definition dessen, was in einem Haushalt getan werden müsste.

Für seinen "absurden Kulturrelativismus" hat sich Marche nun den Trollvorwurf eingeheimst. Er habe Krankheiten unterschlagen, die sich durch Keime breitmachen; in diesem Zusammenhang erwähnen seine Kritiker zum Beispiel die Beulenpest in der Folge der hygienischen Standards der Renaissance.

Beiderseitiges Einverständnis nötig und/oder eine Putzfrau

Und natürlich wird er auch daran erinnert, dass eine Beziehung partnerschaftlich zu führen sei. Eine Kritikerin wirft Marche vor, die Frauen dazu bringen zu wollen, die Standards herabzusenken, um selbst möglichst müßig zu leben:

"Why should women lower their standards to accommodate male partners who happen to be slackers?"

Allerdings finden sich in Marches Ausführungen auch Stellen, die sich solcher auf Rivalitäten in Genderstereotypen getrimmten Polemik nicht so ohne weiteres fügen. Etwa wenn er davon spricht, dass Hausarbeit eine intime, vertrauliche Angelegenheit ist, die man zu zweit nach jeweiligen Indiosynkrasien, Stärken und Empfindlichkeiten aufteilt, nach dem Motto: der Mann räumt die Hundekacke weg, dafür kämmt die Frau den Hund.

Was er gar nicht erwähnt, was aber längst, wahrscheinlich auch in den USA, zum Sauberkeitsstandard der Mittelklasse gehört, sind die Putzfrauen. Früher dachte man noch, nur Millionäre könnten sich eine Perle leisten, heute gibt es bei gefühlt jedem dritten Mittelschichtshaushalt eine Zugehfrau. Aber das ist ein eigenes Thema. Warum gibt es eigentlich keine Zugehmänner?