Medienkonvergenz macht Provider mobil

ISPŽs setzen auf Internet-Fernsehen und damit verbundene ECommerce Möglichkeiten

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Online-Provider besetzen jetzt schon Marktsegmente im künftigen Online-TV. Die deutsche Telekom kündigte am Montag an, selbst ins Digital-TV-Geschäft einzusteigen. Auch der Provider UUnet startete Ende November ein Internet-Fernsehen-Pilotprojekt. Medienkonvergenz ist das Stichwort, das derzeit alle Provider in Bewegung hält. Bereits in zwei Jahren könnte der Markt aufgeteilt sein.

Die Medienkonvergenz lässt die Provider träumen: Die Telekom will sich langfristig als dritte Privatmacht neben Kirch und Bertelsman auf dem Digital-TV-Markt etablieren. Bereits im August schwirrten diverse Gerüchte durch die Medienszene, nachdem die Telekom mit "Spiegel-TV" und dem Erotikvertrieb Beate Uhse über Programme und Kanäle verhandelte. Angeblich habe die Telekom sogar ein Computerspiel "Die unendliche Geschichte" entwickeln lassen, um die Markteinführung zu forcieren. Bislang hat sich von diesen Gerüchten nichts bewahrheitet. Insgesamt setzt der Telekommunikationsriese jedoch auf das Zusammenwachsen verschiedener klassischer Medienkanäle:

Die Telekom und UUnet binden das Internet in ihr Angebot ein, jedoch auf ganz unterschiedliche Weise: Während die Telekom ähnlich wie Web-TV eine Internetverbindung über das Fernsehgerät nur zu programmspezifischen Homepages ermöglicht, werden die Videos bei UUnet über das Internet oder Firmennetze übertragen und können mit Internetbrowsern betrachtet werden. Geht es nach UUnet, lassen sich über "die direkte Feedback-Möglichkeit über das Internet interaktive Fernsehformate realisieren". Der Zuschauer kann "direkt auf die Übertragung Einfluß nehmen und so den Sendeverlauf bestimmen". UUnet setzt dabei vor allem auf Firmen- und Messekunden. Das Projekt "UUtv" basiert dabei auf der Netshow-Technologie von Microsoft.

Überregionales Programm mit @TV

Die Telekom stützt sich anders als UUnet nicht auf das Internet als Medium für ihr interaktives Fernsehprogramm, sondern auf ihr Breitbandkabelnetz - das sie jedoch Anfang des Jahres zum größten Teil an Private verkaufen muß. In Kooperation mit der Firma "@TV" soll ein überregionales Mantelprogramm mit regionalen Fenstern produziert werden. Dabei werden drei Spartenkanäle aus den Genres Lifestyle, Entertainment und News angeboten. Gesendet wird in Hamburg, Nordrhein-Westfalen, München, Frankfurt und Berlin. Dort sollen neben Redaktionsbüros auch Produktionsstätten für eigene Programme aufgebaut werden. Zu jedem Programm soll es eine Homepage geben, die dann über den interaktiven Programmführer direkt mit der Fernbedienung aufgerufen werden können. Künftig soll man die Homepage auch über ein im Bildschirm integriertes Logo aufrufen können. Geht es nach Initiator Michael Oplesch soll dieses Feature schon zur Funkausstellung 99 vorgestellt werden.

@TV und die T-Media Net, die von der Telekom neu gegründete zentrale Dienstegesellschaft, setzen mit ihrem Angebot auf ein Mediagerät des Herstellers Loewe. Auch der digitale Decoder der Kirch-Gruppe, die d-box, soll mit der entsprechenden Software nicht nur TV-Sendungen ausstrahlen, sondern auch Hochgeschwindigkeits-Datenübertragung und damit den "Klick ins Internet" ermöglichen. Ob die Kirch-Gruppe jedoch auch wie die Provider T-Online und UUnet in den Aufbau der Netze investieren wird, ist zu bezweifeln. Vermutlich wird sie eher Kapazitäten anmieten. Ein Vorbild gibt es schon im Kleinen: Extranet-Provider PSINet produziert nicht selbst, sondern bietet Content-Anbietern eine Plattform: MTV startete auf PSINet-Basis den ersten kommerziellen TV-Musikkanal im Internet.

Pay-Per-View und Home-Shopping als Zugpferde

Die jetzt vorgestellten Angebote sollen später über Pay-Per-View- und Home-Shopping den Service-Providern hohe Umsätze bescheren. Nach einem im November vorgestellten Report von Forrester Research sollen bis zum Jahr 2005 mehr als die Hälfte aller Haushalte in Frankreich, Großbritannien und Schweden über Digitales Fernsehen verfügen. Fernsehanstalten wie Canal Plus, BskyB und die KirchGruppe werden eigene Sendungen produzieren und TV-Abos vertreiben. Hersteller rechnen damit, TV-Geräte und Set-Top-Boxen an über 250 Millionen Haushalte zu verkaufen. Doch der Boom wird unter den Providern gleichzeitig einen harten Auslesevorgang einläuten: Wie das britische Marktforschungsinstitut Ovum in einer Studie herausfand, müssen Provider neben der Schwierigkeit, interessanten Content zu generieren, mit der künftigen Digital-TV-Konkurrenz rechnen. Ovum sieht aufgrund des verschärften Wettbewerbs ab dem Jahr 2000 eine Konsolidierung des Marktes kommen.

Daniel Bieler, Co-Autor der Studie:

"Zur Zeit verfolgen die meisten ISPs die Strategie, als voller Service-Provider sowohl Netzwerk- als auch Content-Dienste anzubieten."

Die Kunden legen jedoch vor allem Wert auf professionelleren Service und ein zuverlässigeres Netzwerk. "Die meisten ISPs schaffen es jedoch nicht, eine wettbewerbsfähige Position auf beiden Märkten aufzubauen," fand Bieler heraus. Nach Ansicht von Ovum können nur wenige Provider beide Dienste anbieten. Content-orientierte Provider müssen sicherstellen, daß sie ihren Geschäftskunden erstklassige Informationen und ihren Privatkunden gute Unterhaltung bieten können. Netzwerk-Provider müssen hingegen ihre Performance verbessern und es content-orientierten Providern wiederum ermöglichen, Konsumenten einen Multimedia-Access zu ermöglichen. Vermutlich werden am Ende nur die großen Provider auf beiden Hochzeiten tanzen. Die Telekom und UUnet rechnen sich offensichtlich schon heute zu den Gästen.