Mehr Treibhausgase
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Die Energie- und Klimawochenschau: Eurosolar will stärkeren Ausbau, Umweltbundesamt fordert Kohlekraftwerke abzuschalten und IRENA geht davon aus, dass es zu den Erneuerbaren schon 2020 keine ökonomisch sinnvolle Alternative mehr gibt
Nun hat also der SPD-Bundesparteitag mit denkbar knapper Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen gestimmt, und wir dürfen gespannt sein, was in den Verhandlungen energie- und klimapolitisch heraus kommt. Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche waren ja nicht besonders ehrgeizig und ließen unter anderem erwarten, dass das ohnehin unzureichende Klimaziel für 2020 (40 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zu 1990) nicht erreicht werden wird.
Immerhin sprachen die drei beteiligten Parteien aber erstmalig davon, den Ausstieg aus der Kohle organisieren zu wollen. Die Einzelheiten will man mal wieder durch eine der parlamentarischen Kontrolle entzogenen Kommission regeln lassen, in der die Industrie und ihr genehme Gewerkschaften das Sagen haben werden.
Interessanterweise halten die Umweltverbände dennoch still, wie auch sonst derzeit wenig Bemühen von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen auszumachen ist, die vor sich hinschwelende Regierungskrise zu nutzen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Aber wer weiß, vielleicht bleibt dazu ja noch reichlich Gelegenheit. Irgendwie sieht es nämlich ganz so aus, als streben einige danach, den belgischen Rekord einzuholen. Dort kam man 2010 und 2011 541 Tage ohne Regierung aus. Hierzulande sind es am heutigen Mittwoch erst 128 Tage - da werden Belgier vermutlich eher müde lächeln.
Ausbaudeckel lüften
Die Liste der Forderungen an die mögliche Koalitionäre ist derweil lang. Am gestrigen Dienstag rief Eurosolar die beteiligten Parteien auf, "deutlich mehr energiepolitischen Ehrgeiz" zu zeigen.
Eurosolar ist ein 1988 unter anderem von dem langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten Hermann Scheer ins Leben gerufener Verein, der sich den Ausstieg aus Atomkraft und fossilen Brennstoffen sowie den Aufbau einer dezentralen Versorgung mit erneuerbaren Energieträgern auf die Fahnen geschrieben hat.
Das im Sondierungspapier vorgeschlagene Ziel eines Anteils der Erneuerbaren von 65 Prozent bis 2030 hält der Verband für zu abstrakt. Mit ihm würde lediglich der derzeitige Trend fortgeschrieben. Stattdessen müssten konkrete Maßnahmen her. Zum Beispiel wird die Besteuerung des Eigenverbrauchs von Solaranlagenbesitzern kritisiert. Auch müssten die Deckel auf den Ausbau verschwinden, die den jährlichen Zubau einschränken. Bemängelt wird außerdem die Fixierung auf das Ausschreibungssystem.
Wenn schon Ausschreibungen, dann müsse wenigstens eine De-minimis-Regelung für kleine Windparks ins Erneuerbare-Energien-Gesetz geschrieben werden. Gemeint ist damit eine Ausnahme von der Pflicht zur Teilnahme an Ausschreibungsverfahren.
Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission hatten der Bundesrepublik vor zwei Jahren zugestanden, für kleine Windparks bis 18 Megawatt eine Ausnahme machen zu können.
Kleine Projekte, wie sie für kommunale Unternehmen oder Bürgerprojekte charakteristisch sind, könnten damit wie bisher auf lokaler Ebene - nach den Maßgaben der Landesplanung - initiiert und umgesetzt werden. Bei der letzten Novelle des EEG wurde von der genehmigten Ausnahme allerdings kein Gebrauch gemacht. Nur Kleinwindanlagen können seitdem eine garantierte Einspeisevergütung bekommen, ohne an einer Ausschreibung teilgenommen zu haben.
Mehr Klimagase
Unterdessen machte das Umweltbundesamt (UBA) am Dienstag deutlich, wie wichtig neue Impulse im Klimaschutz sind. 2016 seien die deutschen Treibhausgasemissionen im zweiten Jahr in Folge leicht gestiegen, heißt es in einer UBA-Pressemitteilung.
Obige Grafik zeigt, dass die Emissionen im Prinzip bereits seit Ende des letzten Jahrzehnts bei etwas über 900 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente stagnieren.
Größter Treibhausgasproduzent ist, so das UBAS, weiter die Energiewirtschaft. 36 Prozent der Emissionen, 332 Millionen Tonnen CO2 gingen 2016 auf ihr Konto. Trotz des steigenden Anteils von Wind, Sonne & Co. gingen ihre Emissionen um lediglich 4,6 Millionen Tonnen zurück. Das ist vor allem das Ergebnis des steigenden Stromexports.
Deutschland habe seine Emissionen im Verhältnis zu 1990 bisher um lediglich 27,3 Prozent gesenkt. Das Ziel, bis 2020 40 Reduktion Reduktion zu schaffen, werde voraussichtlich deutlich verfehlt. UBA-Präsidentin Maria Krautzberger plädiert daher dafür, sich um die "Kohleverstromung zu kümmern".
Ich rate weiter dazu, Braun- und Steinkohlekraftwerke, die älter als 20 Jahre sind, nur noch mit maximal 4.000 Volllaststunden pro Anlage pro Jahr laufen zu lassen. Zudem sollten mindestens 5 Gigawatt der ältesten und ineffizientesten Braunkohlekraftwerke ganz stillgelegt werden.
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger
Die Energiewirtschaft müsse auch für das Klimaschutzziel 2030 "einen großen Teil der Reduktion schultern". Das gehe nur, wenn schnell mit der Stilllegung von älteren bzw. ineffizienten Braun- und Steinkohlekraftwerken angefangen werde. Sonst werde womöglich nicht nur das 2020er Ziel, sondern auch die anderen verpasst.
Hauptverantwortlich für den Anstieg der Treibhausgasemissionen in 2016 war nach UBA-Angaben der Verkehr. Mit 166,8 Millionen Tonnen lägen dessen Emissionen wieder über dem Niveau von 1990. 96 Prozent davon gingen auf das Konto des Straßenverkehrs, der 2016 3,7 Millionen Tonnen CO2 mehr als noch ein Jahr zuvor ausgestoßen habe.
Das liege zum einen am Trend zu größeren Autos, zum anderen daran, "dass immer mehr Güter auf der Straße transportiert werden". Das UBA plädiert für strengere Abgasgrenzewerte und für eine E-Auto-Quote, um die Emissionen zu senken.