Mehr als heiße Luft

Die Energie- und Klimawochenschau: Auch ohne verpflichtende Absprachen ist der UN-Klimagipfel wegweisend

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Medial bestimmte vor allem das wochenlange Gerangel um konkrete Klimaziele das Bild von der Bali-Konferenz. Zwar wurde dieser Aspekt während der vergangenen Wochen wieder gerne inszeniert, sozusagen als Humanizer, um dem eigentlich recht technokratischen Thema etwas menschliches Gepräge und Drama anzuheften, doch war das wirklich das Wichtigste?

Wenn man sich Kyoto 1 anschaut, so sieht man viel Gutes. Angefangen mit der zunehmenden internationalen Kooperation, bei der auch arme Länder als Verhandlungspartner ernst genommen werden. Dann die spannenden technischen Entwicklungen rund um die Erneuerbaren Energien. Und schließlich auch eine neue Wahrnehmung von Umwelt und menschengemachter Veränderungen in ihr. Quasi ein neues Öko-Bewusstsein, dessen Leitmotiv nicht mehr „der Baum“, sondern „das Klimagas“ ist.

Doch eins ist bei einer kritischen Revision von Kyoto 1 ganz klar: Die Reduktionsziele des Vertrags sind noch nicht erreicht worden und werden dies bis zum Auslaufen des Vertags im Jahr 2012 auch nicht. Deshalb hätten konkrete Reduktionsziele zwar gut in das Ritual der Bali Abschluss-Pressekonferenz gepasst, sie wären aber faktisch so aussagekräftig und real wie jährlich verkündete oder prognostizierte Zahlen eines irgendwie gearteten Wirtschaftswachstums.

Drei Wochen debattierten Gesandte aus 187 Ländern darüber, wie die Menschheit dem Klimawandel entgegenwirken kann. In der abschließenden Erklärung wurde anerkannt, dass weniger CO2-Emissionen nötig sind. Konkrete Zahlen und damit Zielvorgaben wurden aber wieder aus der Abschlusserklärung gestrichen. Am Ende kamen so zwar keine prozentual fixierten Ziele heraus, aber die Verabredung zu weiteren Treffen und auch zukünftiger Kooperation. Das ist nur ein Minimalkonsens, aber es gibt auch Ergebnisse, auf die lange hingearbeitet wurde und die jetzt endlich wahr wurden:

Australien, wegen seiner kohlegestützten Wirtschaft einer der Spitzenreiter beim CO2-Pro-Kopf-Ausstoss, erklärte gleich zu Beginn der Klimakonferenz seines Beitritt zum Kyoto-Protokoll.

Die Schaffung des neuen Anpassungsfonds ist ein weiterer Erfolg dieser Konferenz. Mit dem Geld sollen arme Länder unterstützt werden, die selbst kaum CO2 oder Methan emittiert haben, aber am stärksten unter den Folgen des Klimawandels leiden oder in Zukunft am stärksten von den Folgen betroffen sein werden. Noch sind die Mittel des Fonds zu gering aber es ist ein Anfang und auch ein erstes Schuldeingeständnis der Industrieländer.

Der Fonds richtet den Blick auf ein Thema, das uns ab jetzt ständig begleiten wird : Anpassung an die Folgen der Erderwärmung. Zunehmende Überflutungen in niedrig gelegenen Küstenländern, Dürren und sich verschärfende Konflikte um Ressourcen haben bereits begonnen. Wer wird die Bewohner versunkener Südseeinseln oder der Küstenregionen Bangladeshs aufnehmen, wer wird sie entschädigen?

Erfreuliches Ergebnis dieser Konferenz ist auch der neu beschlossene Waldschutz. Jährlich werden 13 Millionen Hektar Wald vernichtet, entweder gerodet oder verbrannt. Die brennenden Wälder setzten fast ebensoviel CO2 frei wie alle Kraftwerke weltweit. In den Verhandlungen für das Kyoto-Nachfolgeabkommen wird nun auch der Schutz der Wälder festgeschrieben.

Aber auch hier gilt das Motto der ganzen Bali-Konferenz: Keine konkreten Abmachungen. Schade, denn bis 2012 gehen noch einige Jahre ins Land - und was bis dahin gerodet worden ist wächst so schnell nicht mehr nach. Bleibt zu hoffen, dass in den Jahren bis 2012 die Erfahrungen mit Zielen und Instrumenten von Kyoto 1 zu Optimierungsprozessen und Verbesserungen bei Nachfolgeabkommen führen werden, denn eins ist klar: So wirkungslos wie Kyoto 1 darf sein Nachfolger nicht werden.