Menschenpark China

Geld und Propaganda für Mädchen

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Die Warnungen sind nicht neu, die Schätzungen auch nicht: "Jahrelanges Steuern des Bevölkerungswachstums, eingeschlossen Tötungen von 'überzähligen' weiblichen Babies, haben ein alptraumhaftes Ungleichgewicht zwischen männlicher und weiblicher Bevölkerung in China hergestellt" (Peter Stockland, 1997). Eine Studie der chinesischen Akademie kam 1999 zu dem Ergebnis, dieses Ungleichgewicht sei derart außer Balance geraten, dass es 111 Millionen Männer in China gebe, die keine Frau finden werden. Folge: das Kidnappen von Frauen und Frauenhandel.

Der Weg zum Herz einer modernen Chinesin, so der Guardian, erfordere eine geräumige Wohnung und ein gesichertes Einkommen. Etwa so: Ein Heiratswilliger gibt eine Annonce auf. Beigefügt ist ein Foto - seines Badezimmers. Reichere Männer "kaufen" schon mal außerhalb der Grenzen ein. So gibt es beispielsweise Berichte über Frauen, die in Vietnam entführt werden, um in China verkauft zu werden. Ärmere besorgen sich Frauen, die von illegalen Händlern verschleppt werden. Geht man von internationalen Durchschnittszahlen aus, liegt das Geschlechterverhältnis bei den Neugeborenen zwischen 105 und 107 Jungen pro 100 Mädchen im Alter von 0 bis 1 Jahren. So war das auch noch, bis China mit der Ein-Kind-Politik zu Beginn der 80er Jahre anfing. 1982 war das Verhältnis noch zwischen 100 und 108 Jungen pro 100 Mädchen, 1990 waren es schon 111 und im Jahr 2002 bereits bei 117. In den Provinzen Hainan und Guangdong liegt das Verhältnis bereits bei 100 zu 130 (vgl. Allein unter Männern).

Jetzt schlägt auch die chinesische Regierung Alarm und will mit einer großangelegten Initiative eine neue Richtung in der Bevölkerungspolitik einschlagen: Künftig sollen Eltern prämiert werden, die ein Mädchen zur Welt bringen.

Das war nicht immer so. Die Geschichten von weiblichen Babies, die man aufgrund ihres Geschlechts tötet oder verkauft, werden immer wieder erwähnt, wenn es um die Bevölkerungspolitik des großen Landes geht. In China wird den Familien nur ein Kind zugestanden. Da ein Sohn nicht nur dafür sorgt, dass Familienname und - tradition weitergegeben werden, sondern auch für die Zukunft der Eltern, setzten die meisten Familien auf männlichen Nachwuchs. Techniken zur pränatalen Erkennung des Geschlechts haben dazu geführt, dass weibliche Föten in großer Zahl abgetrieben wurden, weshalb Ultraschalluntersuchungen und geschlechtsselektive Abtreibungen seit dem letzten Jahr verboten sind.

Bild: Gendercide Watch

Wie der Vizeminister der Nationalen Kommission für Bevölkerung und Familienplanung, Zhao Baige, vor kurzem in einer Pressekonferenz bekannt gab, reichen diese Maßnahmen nicht mehr aus, um das "gefährlich hohe Niveau" des zahlenmäßigen Ungleichgewichts zwischen der weiblichen und männlichen Bevölkerung zu senken. Der globale Durchschnitt würde bei etwa 105 Männern gegenüber 100 Frauen liegen. Das würde bedeuten, dass im China des Jahres 2020 30 Millionen Frauen fehlen würden. Eine Zahl, die, wie die chinesischen Politiker fürchten, zu großen sozialen Instabilitäten führen könnte. Um den Trend umzukehren, bemüht man Programme, die "Propaganda für Mädchen" betreiben sollen und unterstützt nunmehr Eltern, die ein Mädchen zur Welt bringen mit einer Art Rentenzuschuss, der je nach Region eine "beträchtliche Summe" ausmachen soll.