Merkel zeigt, wo die Spendengelder stecken

Ludwig-Erhard-Straße steht am EXPO-Pavillon der Schweiz

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wenn das die EXPO-Botschafterin Uschi Glas oder der Schauspieler Heiner Lauterbach wüssten, dass die CDU eben ihre 10.000 DM für ein kleines Straßenschild auf der EXPO ausgegeben hat. Doch kurz zur Chronologie der Ereignisse. Ein Pressetermin war anberaumt und die neue CDU-Vorsitzende Angela Merkel sollte eine neue Straße auf dem Ost-Gelände der Weltausstellung einweihen. Wie immer kam der Bus auf dem Gelände nicht weit und nach einigen Orientierungs- und Abstimmungsschwierigkeiten der Pressesprecherin Wibke Bruhns fanden die Kollegen das Schild von ganz allein. Wie gut, dass man ein Handy am Ohr hat und selbst als Pressesprecherin nie einen kompetenten Ansprechpartner bei der EXPO GmbH findet. Ob sich das noch bis zur Weltausstellung bessert?

Am Schild angekommen, herrschte doch einige Bestürzung, denn es war von einem schwarzen Tuch bedeckt. Bei einigen Kollegen sah man schon sorgenvolle Gesichter, bei anderen lief der journalistische Geifer schon herunter. Wo war die Story, wann krieg ich die Bilder? Doch dann kam ein Protokoll-Hauptmann der Bundeswehr mit einer EXPO-Flagge und tauschte geschickt das neue Namensschild der "11. EXPO-Straße Ost" aus.

Im Pulk von Christian Wulf, dem CDU-Chef von Niedersachsen, tauchte dann endlich Frau Merkel auf. Doch statt sich gleich dem neuen Straßenschild der CDU zu widmen, interessierte sie sich in Begleitung von Frau Breuel erst einmal nur für den Schweizer Pavillon.

Wahrscheinlich hat sich im Vorfeld niemand Gedanken über die Doppeldeutigkeit des Standortes der CDU-Straße gemacht. Waren die besagten 20 Millionen aus Hessen nicht in der Schweiz? Doch dann ging alles schnell, kurz eine beziehungsreiche Rede geschwungen und ein bisschen Geschichtsverfälschung betrieben. Ohne die CDU hätte es nie eine EXPO gegeben, war dann wirklich der Gipfel der Unverfrorenheit. Zumal zum Zeitpunkt der EXPO-Entscheidung sowohl in Niedersachen als auch in Hannover die SPD regierte. Nur Altbundeskanzler Kohl zierte sich damals bekanntlich lange mit seinem Bundes-Engagement. Dann endlich wurde die Ludwig-Erhard-Strasse offiziell enthüllt, benannt nach dem Vater der sozialen Marktwirtschaft und des deutschen Wirtschaftswunders.

Prompt wurde Frau Merkel auf die 10.000 DM angesprochen, denn so viel hat die temporäre Benennung (bis zum Ende der Weltausstellung) der EXPO-Straße zwischen dem schweizerischen und französischen Pavillon gekostet. Sie meinte, dass dieses gut angelegte Spendengelder seien und viele CDU-Mitglieder und andere Menschen sich über den Straßennamen, der an Ludwig-Erhard erinnern soll, freuen würden.

Weniger erbaut war Frau Merkel dann im Deutschen Pavillon, denn dort wurden die Köpfe von Ludwig Erhard, Konrad Adenauer und Willy Brandt einträchtig nebeneinander gezeigt. Aber so ist Geschichte eben, sie verfälscht nichts. Ganz nebenbei bemerkt: Inzwischen hat die EXPO sechs Straßen für 120.000 DM verkauft und hofft, durch die temporäre Namensvermietung insgesamt bis zu drei Millionen DM einnehmen zu können. So ein Vermarktungskonzept hätte dem spitzfindigen Ludwig Erhard gefallen, und Uschi oder Heiner wissen nun endlich, wo ihre Spendengelder geblieben sind.