Militärberater statt Kampftruppen

ISIL erobert alte Giftgasfabrik

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US-Präsident Barack Obama hat angekündigt, bis zu 300 "Militärberater" in den Irak zu entsenden. Diese sollen dort zusammen mit Flugzeugen und Drohnen Aufklärungsarbeit leisen und der in den letzten zehn Jahren mit etwa 25 Milliarden US-Dollar subventionierten irakischen Armee beibringen, dass es bei Angriffen von ILIL-Terroristen Alternativen zum Davonlaufen gibt. Das, so betonte der Präsident, seien aber keine Kampftruppen. Außerdem meinte er, den Konflikt im Zweistromland könnten letztendlich nur die Iraker selbst lösen, indem alle religiösen und ethnischen Gruppen an einer Regierung beteiligt werden.

Beobachter verstehen Letzteres vor allem als Kritik am irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki. Zuvor hatte bereits der US-Vizepräsident Joseph Biden verlautbart, der Schiit müsse die "rechtmäßigen Belange der verschiedenen irakischen Volksgruppen berücksichtigen". Der republikanische Senator John McCain hatte sogar gefordert, Obama solle "Maliki zu verstehen geben, dass dessen Zeit vorbei ist". Die von Maliki angesprochene Mitverantwortung Saudi-Arabiens bei der Finanzierung der ISIL-Terroristen wies die US-Außenministeriumssprecherin Jen Psaki als "Gegenteil von dem, was die irakische Bevölkerung derzeit braucht" zurück.

Aus dem Iran kommen widersprüchliche Verlautbarungen über eine Beteiligung an der Terrorbekämpfung im Nachbarland: Nachdem Staatspräsident Hassan Rohani am letzten Wochenende Meldungen des Wall Street Journal über eine Entsendung von Revolutionsgardisten dementiert und verlautbart hatte, ein direktes militärisches Eingreifen stehe "nicht zur Debatte", teilte er nun in einer Rede in Choramabad mit, sein Land werde "alles" unternehmen, um die schiitischen Heiligtümer in Kerbela, Nadschaf, Samarra und im Bagdader Vorort Kadhimijah vor der Zerstörung durch salafistische Ikonoklasten zu schützen.

Die Salafisten eroberten währenddessen die 70 Kilometer nordwestlich von Bagdad gelegene alte Chemiewaffenfabrik al-Muthanna, in der der in den 1980er Jahren von den USA unterstützte und später von ihnen gestürzte irakische Saddam Hussein unter anderem Senfgas produzierte, das er gegen kurdische Zivilisten einsetzte. Allerdings wird in der Fabrik angeblich schon seit den 1990er Jahren kein Giftgas mehr hergestellt, weshalb offen ist, inwieweit sie den ISIL-Terroristen zu Massenvernichtungswaffen verhilft.

Informationen des Bayerischen Rundfunks zufolge wurden 48 aserbaidschanische, bengalische, nepalesische und turkmenische Gastarbeiter, die im Rahmen der salafistischen Eroberung Tikrits festgenommen wurden, inzwischen wieder freigelassen und in die von Kurden kontrollierte Stadt Kirkuk verbracht. Etwa 100 Lastwagenfahrer, Konsulatsinsassen und andere türkische Staatsangehörige sollen dagegen ebenso weiter gefangen gehalten werden wie zahlreiche pakistanische und indische Bauarbeiter. Neben Soldaten, Polizisten, Beamten, Christen, Schiiten und säkularen Sunniten (die als "Apostaten" verfolgt werden) müssen in den von ISIL eroberten Gebieten auch Journalisten um ihr Leben fürchten: In der Nähe der Stadt Bakuba tötete die Terrorgruppe einen Kameramann des Fernsehsenders al-Ahad, der ihren Vormarsch filmen wollte.

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