Mission zum Mars - aufgeschoben

Die NASA vergreist und muss aufgrund der Pannen erst einmal den Plan aufgeben, wieder auf dem Mars zu landen

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Nachdem der Weltraum auch nicht mehr das ist, was er einmal war, und auch die NASA ins Alter kommt, während das Internet weiter boomt und dort sowohl Aufmerksamkeit, vor allem aber oft leicht verdientes Geld winken, gerät die amerikanische Weltraumorganisation in Schwierigkeiten: es kommen keine jungen Leute mehr und wegen der letzten Pannen wird auch das ambitionierte Mars-Programm zurückgefahren.

Foto: Mission to Mars, Brian de Palma

Die NASA-Mitarbeiter, sowieso seit den glücklichen Tagen des Kalten Krieges in der Zahl geschrumpft und 17700 gegenwärtig wieder auf dem Stand von 1962, werden immer älter. Vor mehr als 40 Jahren ins Leben gerufen, ist auch das Alter der Mitarbeiter konstant angestiegen. Die Zahl der über 60jährigen übertrifft weit die der unter 30jährigen, das Durchschnittsalter ist 45 Jahre.

"Das ist sehr ernst", sagte NASA-Chef Dan Goldin am Donnerstag. "Und es wird eher schlimmer als besser." Wegen der boomenden Hightech-Branche und vor allem der explodierenden Zahl von Internetunternehmen sei es sehr schwierig geworden, noch junge Menschen für die NASA zu finden. Man werde zwar immer mehr sich der Forschung und Entwicklung zuwenden und Routinearbeiten zurückfahren, um junge Leute anzuziehen. Aber die Beteiligung am Weltraumabenteuer scheint dennoch die Menschen nicht mehr zu begeistern. Für Golding ist ein Grund, dass die Menschen in der Hightech-Branche einfach mehr Geld verdienen können. So gibt es im Silicon Valley jeden 65 zusätzliche Millionäre, und die Studenten, die von den Hochschulen abgehen, zieht es eher dahin, wo ihnen schneller Reichtum versprochen wird, als in das Raumfahrtprogramm der staatlichen Behörde.

Das Problem hätten auch die Unternehmen, die mit Weltraumtechnologien zu tun haben. Die Experten aus dem Kalten Krieg, die Golding "Cold Warriors" nennt, werden bald in den Ruhestand gehen und eine Lücke hinterlassen: "In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden die Cold Warriors und die Menschen, die für Apollo gearbeitet haben, in die Rente gehen, und daher haben wir zwischen fünf und zehn Jahren Abstand zwischen denen, die wissen, wie man etwas macht, und jenen, die mit neuen brillanten Ideen einsteigen." Sofern sie das tun, weswegen Golding die Misere nicht nur ein Problem der NASA, sondern auch ein nationales Problem nennt. Doch die NASA verliert die jungen Menschen noch schneller als die Weltraumindustrie. Früher haben die Menschen eine lebenslange Anstellung gesucht, jetzt kommen die jungen Menschen - flexibel, wie sie ja eigentlich gewünscht werden - für ein paar Jahre und wechseln dann auf der Jagd nach lukrativeren Jobs den Arbeitsplatz.

Mission to Mars

Möglicherweise hängen auch die vermehrt auftretenden Fehler nicht nur mit der schwindenden Zahl der Angestellten, sondern mit der fehlenden Erfahrung der jobswitchenden Menschen zusammen. David Napier, Forschungsdirektor der Aerospace Industries Association, jedenfalls meint, die Vergreisung sei ein großes Problem, weil die Erfahrung der älteren Generation nur schwer weiterzugeben sei. Auch in der Weltraumindustrie spüre man den Druck der höheren Gehälter, die in der Internetbranche gezahlt werden. Seit September 1999 habe die Luftfahrtindustrie 68000 Angestellte von insgesamt 885000 verloren.

Für Goldin hat die NASA bei den jungen Menschen keine Glaubwürdigkeit mehr, da das jahrelange Auf und Nieder des NASA-Budgets zu einem Hire-and-Fire-Problem geführt habe, dem sie sich nicht aussetzen wollen. Andererseits plant er selbst, nicht mehr nach Angestellten für die Dauer zu suchen, sondern Menschen nur mit Arbeitsverträgen von zwei oder drei Jahren anzustellen. Das könne die jungen Menschen eher locken, und man könne ihnen auch mehr zahlen: "Wir könnten diesen Kids sagen: Hey ihr, kommt zur NASA. Schaut, ob euch das passen könnte." Man habe eine ganze Reihe von neuen und spannenden Projekten wie die Miniaturisierung der Technik oder biologische Forschung vor. Man könne sich die kurzfristig Angestellten anschauen und dann die besten für eine Festanstellung aussuchen. Allerdings könne man den jungen Menschen keine Aktien anbieten, dafür aber könnten sie bei der NASA "geistig reich" werden. Ob das das Problem lösen wird?

Aufgrund der sinkenden Gelder und der schwindenden Angestellten hat die NASA versucht, möglichst viele Aufgaben im Zeitalter des Programms "Schneller, Besser, Billiger" an die Privatindustrie zu vergeben. Der Verlust des Climate Orbiter und des Polar Lander aber hat der NASA allein 400 Millionen Dollar gekostet, und in einem NASA-Bericht wird das unter anderem darauf zurückgeführt, dass man zuviele Arbeiten an die Privatwirtschaft, in diesem Fall vor an Lockheed Martin, delegiert habe, ohne eine ausreichende Kontrolle zu gewährleisten.

Damit wäre zwar der Schwarze Peter vor allem bei der US-Regierung und bei der Privatwirtschaft gelandet, aber die NASA will jetzt auch ihr weiteres Marsprogramm noch einmal überdenken, was heißt: eine Pause einlegen. Die Pläne, erneut auf dem Mars zu landen und Gesteinsproben auf die Erde zu bringen, sind aufs Eis gelegt. Carl Pilcher, zuständig für das NASA-Programm zur Planetenerkundung, sagte, dass die Suche nach Leben auf dem roten Planet so lange unterbrochen wird, "bis die Menschen auf der Erde herausgefunden haben, wie man auf dem Mars sicher landen kann." Allerdings werde man mit dem Marsprogramm insgesamt weitermachen und nächstes Jahr einen neuen Orbiter starten.

Mission to Mars

Beim Mars Orbiter, so Art Stephenson, Direktor des Marshall Space Flight Center, habe man einfach zu wenig auf die Kommunikation zwischen NASA und Lockheed geachtet, weil man gedacht habe, dass dies kein großes Problem sei. Schließlich habe die NASA bereits vor 30 Jahren Mariner 9 erfolgreich in eine Umlaufbahn um den Mars gebracht. Diese Nachlässigkeit aber habe zum Problem geführt, dass man mit zwei verschiedenen metrischen Systemen operiert habe (Menschliches Versagen), was schließlich zum Verlust des Orbiter geführt habe: "Wir wissen, wie wir mit Orbiter-Missionen verfahren müssen, wir haben das schon früher gemacht. Bei Landefahrzeugen aber muss noch einiges gelernt werden."

Damit könnte sich den Europäern mit dem Marsexpress, geplant für 2003, eine Chance eröffnen, Ruhm einzufahren (Mit Supersparpreis zum Mars). Es sei denn, dass auch hier der Cyberspace attraktiver ist als der Weltraum. Einen bemannten Flug zum Mars gibt's vorerst jedenfalls nur im Kino im Jahr 2020. Da ist es sowieso spannender ..., Brian de Palma hat dafür gesorgt.