Mit dem Wohlstand wächst das Gewicht

Zwischen 1948 und 2002 haben irische Kinder durchschnittlich 24 kg zugelegt, die jetzige Wirtschaftskrise werde diesen Trend nicht umdrehen, meinen die Wissenschaftler

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Den Iren scheint der schnell eintretende Wohlstand gut bekommen zu sein. Mit dem Wachstum des BIP nahm auch das der Bäuche zu. Nach der im Journal of Epidemiology and Community Health erschienenen Studie "The heights and weights of Irish children from the post-war era to the Celtic tiger", für die drei landesweite Messungen der Größe und des Gewichts von irischen Schulkindern im Alter zwischen 4 und 14 Jahre in den Jahren 1948, 1970 und 2002 ausgewertet wurden, haben die Kinder innerhalb von 50 Jahren 24 kg zugelegt.

1948 war Irland noch eines der Armenhäuser Europas, auch bis 1970 hatte sich daran wenig geändert. 2002 hatte sich der "Keltische Tiger" schon fast an die Spitze der EU emporgearbeitet. Beim Pro-Kopf-Einkommen und beim BIP pro Kopf rangierte Irland an zweiter Stelle hinter Luxemburg.

Während dieser Zeit sind die irischen Kinder auch größer geworden. 14jährige Jungen waren 2002 durchschnittlich 23,1 cm größer als 1948, Mädchen 15,6 cm. Noch viel drastischer als die Körpergröße nahm jedoch das Gewicht der Kinder zu – und dies vor allem nach den 1970er Jahren. 14jährige Jungen war 2002 mit 60,9 kg um 65 Prozent schwerer als 1948, als sie durchschnittlich nur 37 kg wogen. Die gleichaltrigen Mädchen legten von 39,5 kg im Jahr 1948 um 48 Prozent auf 58,7 kg zu. Ab dem Alter von 11 Jahren wird die Veränderung gegenüber 1948 und 1970 besonders deutlich.

Zunahme des Gewichts bei den Jungen

Möglicherweise waren die Kinder in den 1940er Jahren unterernährt, allerdings sei ihre Ernährung durchaus mit dem im restlichen Europa vergleichbar gewesen. Insgesamt aber beweisen die Daten, schreiben die Wissenschaftler, dass "die Evolution der Fett-Epidemie bei irischen Kindern zusammen mit der Zunahme des wirtschaftlichen Wohlstands" erfolgte. Ähnliche Beobachtungen liegen auch von anderen Staaten vor, in Irland vollzog sich der wirtschaftliche Aufschwung nur besonders drastisch. Bis in die 1970er Jahre sei die Gewichtszunahme noch gesund gewesen, meinen die Wissenschaftler, danach werde das Gewicht zu einem belastenden Gesundheitsfaktor, der in Zukunft gar die Gesundheitssysteme zusammenbrechen lassen könne.

Jetzt hat zwar die Finanz- und Wirtschaftskrise Irland voll erwischt und den Höhenflug abrupt beendet. Mit dem Blick auf die Fettleibigkeitsepidemie finden das die Wissenschaftler nicht wirklich beruhigend. Man könne zwar nur spekulieren, welche Folgen die Rezession haben werde, es sei aber wahrscheinlich, dass sich die sozioökonomischen Fettleibigkeitstrends auch durch das wachsende Problem der Nahrungsarmut und –unsicherheit verstärken und die in der Bevölkerung vorherrschende Neigung zu Übergewicht und Fettleibigkeit nicht umkehren.