Mit sowas macht man keine Scherze

Der britischen Regierung gefällt eine Parodie-Website über ihre kürzlich veröffentlichte Anleitung zur Vorbereitung auf Terroranschläge nicht

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Auf Menschen mit dicker Jacke (nicht: dicker Hose!) achten (Vorsicht vor Personen mit großen, schweren Jacken an warmen Tagen), fotografierende Touristen kritisch beäugen und natürlich beim Erblicken eines Almanaches gleich die Polizei rufen (Wenn's Silvester schneit, ist Neujahr nicht mehr weit...) - solche und ähnliche Tipps für die "ewig Wachsamen" gibt es in den USA ja mittlerweile im Dutzend billiger. Genauso wie die dafür geeigneten "Desaster Kits" (Are you ready?). Und da auch Großbritannien zu der "Achse der Gefährdeten" gehört, wurde es Zeit, dass man sich auch im Vereinigten Königreich einmal Gedanken darüber macht, wie sich der Einzelne im Falle einer Katastrophe, explizit natürlich im Falle eines Terrorangriffes, verhalten soll.

Die Webseite www.preparingforemergencies.gov.uk/ soll dem aufmerksamen und hilfesuchendem Leser unter anderem auch zeigen, wie er selbst helfen kann, einem terroristischen Anschlag vorzubeugen:

If you have vital information. If you hear, see or come across anything that may be linked with terrorist activity, please tell the police. They want to hear from you.

Terrorists need...

  1. A place to live: Are you suspicious about any tenants or guests?
  2. To plan: Have you seen anyone pay an unusual amount of attention to security measures at any location?
  3. Money: Individuals may set up bogus bank accounts, copy credit cards, return goods for large cash refunds.
  4. Equipment: If you are a retailer, do you have any cause to be suspicious about anything being bought?

Die ewige Wachsamkeit genießt natürlich oberste Priorität - für den Briten Thomas Scott war die Webseite allerdings weniger hilfreich als vielmehr ein weiteres Beispiel dafür, wie man auf Verunsicherung setzt. Grund genug, auf einer von ihm schnell reservierten Homepage seine Tipps für den Notfall zu verbreiten. Auf www.preparingforemergencies.co.uk/ finden wir deshalb nun Ratschläge zum Thema: Was tun, wenn Zombies angreifen?. Aber nicht nur das, Thomas Scott wartet auch mit anderen "wertvollen Tipps" auf - wobei Tips vielleicht das richtigere Wort wäre. "Report them, citizen" heißt es denn auch markig bei ihm, wenn es darum geht, der Polizei verdächtiges Verhalten von Mietern mitzuteilen.

Die britische Regierung jedoch kann über eine solche Seite gar nicht lachen - vielleicht könnte ja der "unbedarfte Leser" sie mit der wirklichen Hilfeseite verwechseln und sich nun mit einem Baseballschläger ausrüsten um für die Zombieattacke vorbereitet zu sein. Daher wandte man sich, kaum 12 Stunden nachdem die Satireseite online war, an Thomas Scott und legte ihm nahe, die Seite umgehend zu schließen und auch nicht unter einem anderen Namen ins Netz zu stellen. "This is a very is serious campaign that should not be trivialised", heißt es in dem an Scott gerichteten Schreiben.

Scheinbar hat man Sorge, dass dem britischen Durschnittsnetznutzer nichts auffällt, wenn als Verfasser der Satire-Seite das "HM Department of Vague Paranoia" angegeben wird. Oder befürchtet man, dass der Netizen dies als einen ungewöhnlichen Moment der Selbsterkenntnis ansieht und sich bei der Regierung und deren Vorschlägen wähnt?

Thomas Scott hat - bislang - seine Seite nicht vom Netz genommen, vielmehr hat er "This is a parody" auf ihr vermerkt, eine Vorgehensweise, die sich auch in Deutschland seit dem Gerichtsverfahren gegen einen Telepolis-Nutzer (Eine deutsche Justizposse) nicht unbekannt ist und zu dem fast allgegenwärtigen "Das war Satire/eine Parodie/ironisch gemeint..."-Hinweis am Ende eines Kommentars geführt hat. Wenn die vermeintliche Unbedarftheit des Netizen von den Regierungen weiter als Begründung für die eigene Humorlosigkeit herhalten muss, so werden wir wohl in nächster Zeit Satire nur noch mit dem Holzhammer serviert bekommen - sicher ist sicher (und das mit dem Holzhammer ist eine Redewendung und nicht als Anstiftung zur Gewalt zu sehen oder als Gutheißung von Gewalt).