Morpheus/KaZaA sperrte kurz vor Klage GNU/Linux-Client aus

Erleichtert die Protokolländerung die Klage der Medienindustrie gegen das Netzwerk?

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Das FastTrack-Netzwerk, zugänglich über die Clients Morpheus, KaZaA, Grokster und (bisher) giFT (general interface to FastTrack) gilt zusammen mit Audiogalaxy und Gnutella als wichtigster Napster-Nachfolger. Ein zweigliedriger Aufbau, Downloads bei mehreren Anbietern gleichzeitig und ausführlich konfigurierbare Suchfunktionen nicht nur für Titel und Interpreten, sondern u.a. auch für Dateigröße, Bildauflösung und Länge der Stücke bzw. Videos machten das Netzwerk zu einem der effektivsten Filesharing-Werkzeuge, in dem in den letzten Wochen etwa 600.000 Benutzer ständig präsent waren. Am Dienstag Abend reichten dann die Verbände Motion Picture Association of America (MPAA und Recording Industry Association of America (RIAA bei einem Bundesgericht in Los Angeles Klage gegen die Anbieter der drei offiziellen Clients wegen Copyrightverletzung ein (Vgl. Morpheus im Fadenkreuz).

Bisher wurde aufgrund der dezentralen Gnutella-ähnlichen Struktur des Netzwerks angenommen, dass selbst dann, wenn die beteiligten Firmen vom Markt geklagt würden, das Netzwerk weiter bestehen könnte. Dass dies jetzt nicht mehr der Fall sein könnte, hängt möglicherweise mit den durch die Aussperrung von giFT vorgenommenen Änderungen zusammen.

Die drei offiziellen Clients benutzen das FastTrack-Protokoll und können dadurch miteinander kommunizieren. Als sich die giFT-Entwickler an FastTrack wandten, zeigten diese zwar Interesse - aber nur an der Entwicklung eines proprietären Clients für GNU/Linux. Daraufhin gingen die Entwickler den mühseligen Weg des reverse engineering, wobei sie von anonymen Helfern Unterstützung erhielten. Anders als die drei kommerziellen Clients forderte der dabei entstandene Client giFT weder Registrierung noch Login und funktionierte außerdem ohne Werbung.

Mit der als "Sicherheitsupdate" bezeichneten Version 1.3.3 der offiziellen Clients sperrte FastTrack die Benutzer des Open-Source-Clients aus, indem es Teile des Protokolls änderte. Im Gegensatz zu anderen Filesharingprogrammen nimmt die Software der offiziellen FastTrack-Clients die Updates selbst und ungefragt vor. Die Entwickler von giFT vermuten, dass das Protokoll zuerst in solcher Weise geändert wurde, dass man sich in einen zentralen Server einloggen muss, um einen Schlüssel für die Initialisierung eines Algorithmus zur Ver- und Entschlüsselung des Datenverkehrs zu erhalten. Als sie herausfanden, wie die Verschlüsselung zwischen Knoten und Clients funktionierte, soll am 29. September 2001 schließlich auch noch der Algorithmus geändert worden sein.

Noch in einem bei Dotcomscoop.com veröffentlichten internen Papier der RIAA vom 25. September stellten die Autoren fest, dass die Clients auch ohne die Login-Server der Firmen funktionieren. Allerdings hatten die Spione der Medienindustrie auch weniger Ahnung vom Protokoll als über giFT eigentlich bekannt war - wobei sie von dem Open-Source-Projekt offenbar gar nichts wussten.

Sollte das Protokoll tatsächlich in einer Weise geändert worden sein, wie die Entwickler von giFT vermuten, hätte FastTrack der Medienindustrie möglicherweise selbst eine Einbruchsstelle geliefert: ein Netzwerk, das von zentralen Servern abhängt, befindet sich in einer ähnlich angreifbaren Situation wie Napster.

Allerdings sind auch andere Erklärungen für die Änderung des Protokolls denkbar - etwa, dass sie bereits in Erwartung der Klage und anders als von den giFT-Entwicklern vermutet durchgeführt wurde. Bisher war jedoch keiner der drei FastTrack-Betreiber für eine Stellungnahme zur Protokolländerung erreichbar.

Unfreiwillig zynisch mutet nach dieser Aussperrung eines freien Clients in jedem Fall die Morpheus-Loginseite an, auf der es heißt: "Das MusicCity Netzwerk wird von Konsumenten und Schöpfern betrieben - nicht von Firmenservern und Firmeninteressen. Kurz gesagt: Du bist das Netzwerk."

Filesharingprogramme haben zunehmend Einfluss auf die Nutzbarkeit und Popularität von Betriebssystemen. Durch proprietäre Netzwerke wiederum können Betriebssysteme ausgeschlossen werden, während sich Monopole verfestigen. Nach dem Wegfall von FastTrack gibt es für GNU/Linux neben einem Client zu dem für den Filmtausch gebräuchlichen eDonkey unter anderem den leistungsfähigsten Gnutella-Client LimeWire und den Audiogalaxy-Satelliten als einen von der Firma selbst angebotenen Kommandozeilen-Client, der sogar ohne die in der Windows-Version enthaltene lästige Spyware1 auskommt und mit dem sich außerdem Listen der von der eigenen Festplatte heruntergeladenen Dateien erstellen lassen.

Auch für den Macintosh gibt es noch keinen FastTrack-Client, obwohl viele User einen suchen. Viele andere Mac-Clients für Filesharingsysteme haben nicht alle Features der Windows-Version oder sind schwerer bedienbar. Für den eDonkey-Client, der nur unter Mac OS X läuft, müssen sich grafikgewohnte Mac-Benutzer sogar an Kommandozeilen gewöhnen.