Mullah Omar nach Bin Laden das nächste Ziel?

Während die Nato angeblich mal wieder mit den Taliban verhandelt, will der pakistanische Geheimdienst den geheimnisvollen Taliban-Führer aus dem Land locken

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Die Tötung von Bin Laden in Pakistan hat US-Präsident Obama auch sicher dazu gedient, den Boden für den Abzug aus Afghanistan vorzubereiten. Afghanistan ist weiterhin sehr instabil, würde sich die Isaf zurückziehen und das Feld den afghanischen Sicherheitskräften überlassen, wäre der Ausgang höchst ungewiss für die installierte Karsai-Regierung.

Von der Etablierung eines demokratischen Rechtsstaates in Afghanistan hat man sich schon lange verabschiedet, ebenso lange versuchen die Nato-Staaten und die Karsai-Regierung unter der Hand mit den Aufständischen, gemeinhin Taliban genannt, ins Gespräch zu kommen, um eine Integration und Versöhnung zu erreichen. Obama steht unter hohem Druck, schließlich soll nach dem "surge" bereits im Juli der Truppenabbau beginnen.

Offenbar ist dies der Grund, warum man, so berichtet die Washington Post, nun wieder einmal geheime Gespräche mit den Taliban um Mohammed Omar beginnt, der wie Bin Laden 2001 untergetaucht ist und sich ebenfalls in Pakistan aufhalten soll. Im Unterschied zu Bin Laden pflegt Omar die Anonymität, es gibt kaum Bilder von ihm, und die es gibt, sind alt. Fragt sich ähnlich wie bei Bin Laden, ob Mohammed Omar nur ein Phantom ist oder wirklich eine einflussreiche Person in Afghanistan.

Angeblich wird vermutet, dass Omar sich in Quetta aufhält. Die USA üben großen Druck auf Pakistan aus, nachdem offensichtlich wurde, dass Bin Laden auf irgendeine Weise unterstützt wurde. Die pakistanische Regierung steht aber auch unter Druck, weil Militär und Geheimdienste versagt haben, weil Bin Laden gedeckt wurde und weil die Amerikaner die Tötungsmission durchführen konnten. Der nationale Druck dürfte nicht geringer werden, nachdem aus Isaf-Hubschraubern pakistanische Soldaten beschossen und zwei getötet wurden.

Um erneute Schwierigkeiten mit der US-Regierung zu vermeiden, aber auch den von der US-Regierung erwünschten Friedensprozess mit den Taliban nicht zu gefährden, soll der pakistanische Geheimdienst ISI nun Omar aufgefordert haben, Pakistan zu verlassen. In Quetta wurde gerade erst wieder ein Terroranschlag vereitelt. Drei Frauen und zwei Männer hatten am Dienstag offenbar versucht, einen Anschlag mit Schusswaffen und Sprenggürteln auszuführen. Sie wurden bei einer Autokontrolle entdeckt, versuchten angeblich zu fliehen und wurden erschossen.

Mullah Omar soll aufgefordert worden sein, zumindest vorübergehend Pakistan zu verlassen und nach Afghanistan oder in den Iran zu gehen. Das soll ein ISI-Mitarbeiter gesagt haben, Vorsicht ist also angesagt. Der Geheimdienst würde das Auswandern unterstützen, aber den Amerikanern dann den Aufenthaltsort mitteilen. Würde er in Afghanistan getötet werden, könne man dann auch sagen, dass sich Terroristen dort verstecken und nicht nur in Pakistan, wo sich auch der berüchtigte Warlord Haqqani aufhalten soll. Wenn der ISI-Mitarbeiter diese Story erzählt haben sollte, dann dürfte dies die Verhandlungen mit den Taliban nicht gerade erleichtern. Aber den Zweck könnte dieses Leak ja auch gerade haben.