NSA will beim Cyberwar dabei sein

Der Geheimdienstchef sagt, dass der Cyberspace so wichtig wie andere Schlachtfelder geworden sei

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Auf einer Konferenz, die der US-Geheimdienst NSA und das National Institute of Standards and Technology (NIST) über die Sicherheit der nationalen Computersysteme organisiert haben, wies Luftwaffengeneral Michael Hayden, Chef der NSA, darauf hin, dass der Cyberspace mittlerweile ein ebenso wichtiges Schlachtfeld wie jedes andere auch geworden sei.

"Information ist jetzt ein Territorium", sagte Hayden auf der 23rd National Information Systems Security Conference (NISSC). Es ist ein Territorium, auf dem wir die amerikanische Sicherheit ebenso gewährleisten müssen wie auf dem Meer, in der Luft und im Weltraum."

Schon des längeren ist es das strategische Ziel der amerikanischen Sicherheitsstrategie, die militärische Überlegenheit der USA auch im Cyberspace und im Weltraum herzustellen (Pentagon veröffentlicht Joint Vision 2020. Präsident Clinton hat dieses strategische Ziel forciert, indem auch er immer wieder auf die Bedrohung durch den Infowar und den Cyberterrorismus für die nationale Infrastruktur hingewiesen hat. Beim Thema der Aufrüstung mit Informationswaffen wird dabei von amerikanischer Seite immer expliziter nicht nur von Verteidigung, sondern auch von der Kapazität zum Angreifen gesprochen. Überdies bietet das Thema der Sicherheit die Möglichkeit, zivile, militärische und wirtschaftliche Interessen wieder unter ein Dach zu bringen, da im Cyberspace die Grenzen zwischen diesen Sektoren ebenso verschwimmen wie die zwischen Innen-, Außen- und Verteidigungspolitik (Von der Inszenierung des Infowar sowie Panikkrieg)..

Für die Geheimdienste ist die Aufrüstung im Cyberspace ein besonderes Anliegen, da sie hier in ihrem ureigenen Feld arbeiten und neue Betätigungsfelder entdecken können. Das virtuelle Schlachtfeld habe bereits eine Dimension angenommen, "in der wir Operationen ausführen müssen, um die amerikanische Sicherheit zu gewährleisten." Die NSA, die das Echelon-System betreibt und deswegen auch durch den Kongress in Erklärungsnöte geraten ist (Die NSA geht wegen Echelon an die Öffentlichkeit), bemühe sich, so Hayden, darum, die "gesetzliche Struktur, in die wir passen müssen", zu definieren, bevor man "Informationsoperationen", also Angriffe im Cyberspace, starte. Bislang habe die NSA nicht die Genehmigung erhalten, Angriffe auszuführen: "Doch da die USA beginnen darüber nachzudenken, was man tun soll oder will, wenn das Land angegriffen wird, entsteht die interessante Frage, dass wir alle das im Kontext unserer durchgängigen Demokratie erarbeiten müssen." Schon im letzten Jahr kam die Frage nach der Rechtsmäßigkeit wegen der ersten Informationsoperationen im Kosovo-Krieg auf (Pentagon zur rechtlichen Beurteilung des Infowar).

Allerdings hatte erst Anfang Oktober das US Space Command den Auftrag erhalten, Angriffsmöglichkeiten auf Computernetze zu entwickeln (Aufrüstung zum Cyberkrieg: Bits statt Bomben). Ob sich da Konkurrenzen innerhalb des Militärs andeuten? Als wichtigste Aufgabe der NSA hob Hayden den Schutz der Telekommunikation in einer Welt hervor, in der die Angreifer keineswegs mehr Militärs sein müssen, sondern "Cyberterroristen, ein bösartiger Hacker oder selbst ein nicht feindselig gesinnter Hacker". Alle können großen Schaden in den Netzen verursachen, die die industrialisierte Welt zusammenbinden.

Die NSA, so betonte Hayden und verweist damit wieder auf die Verwischung der Grenzen zwischen dem militärischen und zivilen Bereich, engagiere sich darin, ihre Partnerschaften mit der Industrie weiter zu entwickeln, um die Sicherheit der Computernetze zu stärken. So habe die NSA grundlegende Pionierarbeiten für die Sicherung des ECommerce geleistet und biometrische Identifizierungsverfahren mit entwickelt. Die NSA, so würde es Hayden gerne sehen, müsse die Sicherheitsgarantie für die Telekommunikations- und Computerindustrie der USA sein. Schließlich würden bei der NSA die Codes geschrieben, mit der Informationssysteme gesichert werden, und suche der Geheimdienst nach Schwachstellen in den Systemen und Codes der Gegner.

Allerdings ist in letzter Zeit die Leistungskraft der NSA verschiedentlich in Zweifel gezogen worden. Mehrere Tage lang konnten zu Beginn dieses Jahres die weltweit abgehörten Daten nicht verarbeitet werden (Computerausfall bei der NSA). Und schon im letzten Jahr wurden Warnungen laut, dass der Geheimdienst technisch und personell gegenüber den schnellen Entwicklungen und dem rasant ansteigenden Telekommunikations- und Internetverkehr beim Abhören ins Hintertreffen geraten könne (Der amerikanische Geheimdienst NSA ist technisch und organisatorisch in Nöten). Kritisiert wurde die schwerfällige Bürokratie der NSA, die Michael Hayden, seit eineinhalb Jahren Chef des Geheimdienstes, möglichst schnell verschlangen will.

Ohne schnelle Veränderungen, so sagte Hayden jetzt wieder in einem Gespräch mit der Washington Post, bestehe die Gefahr, dass der Geheimdienst in einer Welt mächtiger Verschlüsselungssoftware, Glasfaserkabeln und Mobiltelefonkommunikation "taub" werden könne. Um diese Veränderung zu bewerkstelligen, werde der Geheimdienst neu organisiert, wobei Planungs- und Verwaltungsaufgaben in seinem Büro zentralisiert würden. Zu seinem Amtsantritt hatte Hayden zwei Kommissionen beauftragt, Vorschläge zur Reorganisation des Geheimdienstes zu machen, die gestern veröffentlicht wurden.