Nato-Mitgliedschaft für Finnland

Karte: CIA

Die Möglichkeit einer Nato-Mitgliedschaft ist in dem traditionell neutralen Finnland präsent wie nie zuvor

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Vor der Parlamentswahl am 19. April will es niemand recht anpacken. "Bei schlechten Wetter sollte Finnland nicht der NATO beitreten und jetzt gibt es schlechtes Wetter", so Alexander Stubb, der derzeitige Premier des Landes am Donnerstag.

Die Ukrainekrise und die Luftverletzungen durch russische Flugzeuge haben in Finnland mit seiner 1.300 km langen Grenze mit der Russische Föderation für Gesprächsbedarf gesorgt. Grundsätzlich will Stubb, der ein Land regiert, das konsensorientiert ist, eine Nato-Mitgliedschaft nicht ausschließen. Doch sollte dies keinesfalls hastig geschehen und erst einmal eine umfassende Studie erstellt werden. Die Entscheidung würde dann jedoch per Volksabstimmung gefällt werden, so Stubb, auch das Gros der Parteien ist der Meinung, dass allein die Bevölkerung darüber zu entscheiden habe.

Nach Umfragen sind derzeit 70 Prozent der Abgeordneten gegen eine Nato-Mitgliedschaft. Die größte Unterstützung ist unter den Mitgliedern der konservativen Nationalen Sammlungspartei zu finden und bei der Minderheitenvertretung Schwedische Volkspartei. Die Sammlungspartei steht der Regierungskoalition vor, der Sozialdemokraten, Schwedische Volkspartei und Christdemokraten angehören. Auch die populistischen "Wahren Finnen" wollen eine Nato-Mitgliedschaft nicht kategorisch ausschließen, sondern fordern eine genaue Abwägung. Finnland ist der EU Mitte 1995 auch aus sicherheitspolitischen Gründen beigetreten. Der Vorschlag von EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker, eine EU-Armee aufzustellen, erhielt in Finnland darum viel Beachtung. Die Regierung war geteilt - Finnlands Präsident Sauli Niinistö, ebenfalls Sammlungspartei, und Stubb sprachen sich für Junckers Idee aus, während der erfahrene sozialdemokratische Außenminister Erkki Tuomioja den Vorstoß als unrealistisch ablehnte, da es eine Vertragsänderung der EU-Mitgliedschaft erfordere und wenig Chancen auf einen Konsens habe.

Parlamentsgebäude in Helsinki. Bild: Cako/CC-BY-SA-2.5

Niinistö beklagte hingegen, dass Junkers Vorstoß in der EU keinen entsprechenden Nachhall fand. Er warb für mehr Offenheit für militärische Bündnisse auch beim skandinavischen Nachbarn. Bei einem Besuch in Schweden schlug er vor, die "Tür zur Nato-Mitgliedschaft offen zu halten". Zudem sollten beide Länder die Mitgliedschaft gemeinsam diskutieren.

Doch in Schweden schließt der im vergangenen Herbst gewählte sozialdemokratische Premier Stefan Löfven eine Nato-Mitgliedschaft kategorisch aus. Schweden will auch keine EU-Armee und schloss ein duales Militärbündnis mit Finnland ebenfalls aus. Finnland und Schweden haben bereits im August ein Abkommen mit dem Nordatlantikpakt geschlossen, das die beiden Länder zu größerer Zusammenarbeit verpflichtet.

In der Bevölkerung Finnlands geht die Frage um, inwieweit eine Nato-Mitgliedschaft provozieren oder abschrecken würde. Die Debatten werden derzeit leidenschaftlich geführt. Nach Umfragen sind 54 Prozent gegen den Antrag auf Mitgliedschaft.

Anlass zum Nachdenken über die Notwendigkeit eines Militärbündnisses gab es am 30. November 2014, am 75-jährigen Jubiläum des finnischen Winterkrieges, dem Tag des Angriffs der Sowjetunion auf das damals ebenso bündnisfreie Finnland. Alexander Stubb erklärte damals in einer Rede, "Finnland dürfe niemals wieder allein gelassen werden", vermied jedoch dabei das Wort "Nato".