Neuer US-Geheimdienstkoordinator: Texaner soll Establishment-Republikaner ersetzen

Bild Dan Coats: Office of the Director of National Intelligence / Bild John Ratcliffe: U.S. Congress

Dan Coats, der zu Russland, Syrien, Nordkorea und dem Iran andere Meinungen vertrat als der Präsident, wird aus dem Amt scheiden

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US-Präsident Donald Trump hat via Twitter bekannt gegeben, dass der texanische Kongressabgeordnete John Ratcliffe am 15. August den bisherigen "Director of National Intelligence" (DNI) Dan Coats ablösen wird. Letzterem wolle er "für den großen Dienst an unserem Land danken".

Der 76-Jährige, bei dem nicht ganz klar ist, wie freiwillig sein Rückzug war, wurde 1980 zum ersten Mal in den Kongress gewählt und gehört zum Establishment der republikanischen Partei. Unter George Bush junior war er zeitweise US-Botschafter in Deutschland. Trump ernannte ihn im März 2017 zum ersten regulären Nachfolger von Barack Obamas Nationalem Nachrichtendienstdirektor James Clapper.

Unterschiedliche Meinungen zu Russland, Syrien, Iran und Nordkorea

Coats galt vielen Beobachtern als Zugeständnis an das republikanische Parteiestablishment und gab sich in vielen Fragen anderer Ansicht als der Präsident: Zum Beispiel bezüglich der Wahrscheinlichkeiten einer russischen Einmischung in den US-Wahlkampf 2016, eines vollständigen Sieges über die Terrororganisation Islamischer Staat (IS), eines iranischen Arbeitens an Atomwaffen und eines nordkoreanischen Komplettverzichts darauf. Eine russische Einmischung hielt Coats für wahrscheinlicher als Trump, einen vollständigen Sieg über den IS, ein iranisches Arbeiten an Atomwaffen und einen nordkoreanischen Komplettverzicht darauf für unwahrscheinlicher.

Allerdings erweckte Trump in der Vergangenheit auch den Eindruck, dass er nicht ausschließlich von Leuten umgeben sein möchte, die alle für die gleiche Meinung stehen. Den ebenfalls bereits unter George Bush junior aktiven Neocon-Interventionisten John Bolton machte er etwa erst im April 2018 zum Nationalen Sicherheitsberater, als er seine eigene Machtposition bereits gefestigt hatte und entsprechend weniger auf die Unterstützung des republikanischen Establishments angewiesen war.

Seitdem kursieren zahlreiche Anekdoten über die teilweise sehr konträren außenpolitischen Ansichten von Trump und Bolton. Bei einem Besuch des irischen Ministerpräsidenten soll der mit einer grünen Krawatte und einem Kleeblatt in der äußeren Brusttasche ausgestattete Präsident seinen Nationalen Sicherheitsberater beispielsweise scherzhaft-provokant gefragt haben: "John, is Ireland one of those countries you want to invade?" (vgl. Trump zog Genehmigung für Attacke auf den Iran wieder zurück).

Demokraten dagegen, McConnell skeptisch

John Ratcliffe, der jetzt Dan Coats ablöst, machte bei der Anhörung Robert Muellers im Kongress aber eher den Eindruck, zumindest in Sachen Russlandaffäre eher mit dem Präsidenten auf einer Linie zu sein als sein 23 Jahre älterer Vorgänger. Der demokratische Senatfraktionschef Charles Schumer warf dem designierten DNI in diesem Zusammenhang sogar vor, Ratcliffe habe den ehemaligen Sonderermittler "demagogisch befragt". Ein Vorwurf, der möglicherweise auch damit zu tun hat, dass der Texaner die demokratischen Abgeordneten Adam Schiff und Jerrold Nadler mit Stan Laurel und Hardy verglich.

Bevor Ratcliffe 2015 in das Repräsentantenhaus gewählt wurde leitete der promovierte Jurist unter anderem das osttexanische Bundesamt für Terrorbekämpfung und Nationale Sicherheit. Auf die Stimmen der Demokraten im Senat, deren klare Mehrheit Coats 2017 mit 85 zu 12 Stimmen eingesammelt hatte, kann er wohl trotz dieser einschlägigen Berufserfahrung nicht zählen. Schumer meinte dazu bereits, der Abgeordnete sei "wegen seiner blinden Loyalität zu Präsident Trump ausgewählt" worden, seine Parteifreundin Elizabeth Warren kritisierte die Nominierung als Besetzung eines Amtes, das für überparteiliche Arbeit stehen sollte, mit einem Jasager.

Für eine Verweigerung der für den Amtsantritt erforderlichen Genehmigung reichen die Stimmen der 45 Demokraten und der zwei Unabhängigen im Hundertköpfigen Senat nicht aus. Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass nicht alle republikanischen Senatoren mit der Nominierung Ratcliffes zufrieden sind: Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell lobte beispielsweise den scheidenden Coats auffällig ausgiebig und betonte dabei, die Geheimdienste würden dann am besten funktionieren, wenn sie von "Profis" geleitet werden, die vor politischer Einflussnahme geschützt sind und ihren Vorgesetzten unverblümt harte Wahrheiten sagen können.

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