Notrufgerät mit Satellitenunterstützung in den USA patentiert

Ein Empfänger für das Global Positioning System teilt der Polizei auf Knopfdruck mit, wo sich eine Person in Notlage befindet

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Leandra Vicci ist die Leiterin des "Department of Computer Science" an der University of North Carolina in Chapel Hill und Erfinderin eines neuen Gerätes, dass es Bedrohten ermöglicht, nicht nur unverzüglich die Polizei zu rufen, sondern zugleich mitzuteilen, wo sie sich befinden. Das U.S. Patentamt hat gerade die Urkunde zum Schutz dieser Neuentwicklung, des "automatischen Notfall- und Positions-Indikator" ausgestellt.

Mrs. Vicci hat ihre besten Ideen in den unpassendsten Momenten und an den seltsamsten Orten, z.B. früh morgens unter der Dusche. Vergangenes Jahr kam ihr genau dort die geniale Idee zu dieser Erfindung. Beim Abspülen der Seife dachte sie an kürzlich gelesene Berichte über Vergewaltigungen in Chapel Hill, die sie schockiert hatten und ihr wurde klar, dass einem bei einem Überfall keine Zeit bleibt, sein Handy hervor zu kramen und die Notrufnummer zu wählen. Ganz zu schweigen davon, dann noch zu erklären, wer man ist, wo man ist und was gerade passiert. Da sie die Leiterin des mikroelektronische Labors und eine Spezialistin für Hardware ist, fiel ihr ein, dass die technischen Voraussetzungen für eine direkte Notrufübermittlung mit Ortskoordinaten bereits existierten. "Da ist GPS für die Positionsbestimmung, das Handy für die Kommunikation und GIS für die Übersetzung, dazu ein Mikrofon, um zu hören was los ist und ein Mikroprozessor, der das alles zum laufen bringt", erklärt Leandra Vicci. Die Umsetzung dieser Erkenntnisse ist die Vereinigung eines Global Positioning System- (GPS) Empfängers mit einem Mikroprozessor und Handy-Chips, die eine Funkverbindung zu einem Geographischen Information System- (GIS) Server herstellen. Letzterer übersetzt die Koordinaten in präzise Ortsangaben und kann dann sofort die Notrufzentrale oder einen lokalen Polizeiposten vollautomatisch benachrichtigen. Ein Mikrofon schaltet sich automatisch ein und übermittelt der Polizei, was los ist.

GPS, das Global Positioning System, ist ein Funkortverfahren zur Positionsbestimmung, genauer gesagt die seit 1982 auch der Allgemeinheit zugängliche Satellitennavigation, die vom US-Verteidigungsministerium entwickelt wurde. In einer Höhe von 20'200 km umkreisen 24 GPS-Satelliten in sechs Bahnebenen die Erde, die Umlaufbahnen bilden sechs Orbitalebenen, die ausgehend von der Äquatorebene in einem Winkel von 55 Grad zueinander stehen. Die Entfernungsbestimmung geschieht durch die Laufzeitmessung von Signalen, die von Bezugspunkten ausgesendet und vom Nutzer empfangen werden. Fixpunkte sind die Satelliten, deren Position genau definiert ist. Im Mai 2000 wurde die künstliche Ungenauigkeit des GPS-Systems durch die US-Regierung abgeschaltet. Die Positionsbestimmung für zivile Nutzung hat sich dadurch von vorher ungefähr 100m auf nun 10-20m verbessert (Global Positioning System ist jetzt für die zivile Nutzung genauer) Mit GIS, dem Geographischen Informationssystem, (Geoinformationssysteme werden IT-Mainstream) werden raumbezogene Daten digital erfasst, gespeichert und aktualisiert. Es dient zur Raumstrukturierung, Modellierung und zur Simulation räumlicher Entwicklungen, also auch zur exakten Bestimmung einer von GPS übermittelten Position als geographische Gegebenheit.

Der frisch patentierte "automatische Notfall- und Positions-Indikator" ist im Stadium der Planung, noch gibt es kein zusammengebautes Modell des Gerätes. Leandra Vicci hofft eine Firma zu finden, die den Prototypen baut und das Gerät serienreif macht. Sie stellt sich ihren Indikator in Form einer Art Halsband oder eines Gurtes vor, so dass jemand, der bedroht wird, nur kräftig daran ziehen müsste, um das Gerät den Alarm senden zu lassen. Der Angreifer würde nicht mal bemerken, dass bereits Alarm ausgelöst und die Polizei unterwegs ist. Das Notrufgerät wird wesentlich kleiner als ein Handy sein, denn die benötigten Chips nehmen kaum Platz in Anspruch. "Meine Motivation war es, etwas auf den Markt zu bringen, das potentiellen Vergewaltigungsopfern helfen kann, denn dieser Gedanke stand bei mir am Anfang," sagt die bemerkenswerte Computer-Spezialistin, "aber dieses Gerät kann auch in vielen anderen Not-Situationen von Nutzen sein. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch für Reiter und Wanderer sinnvoll wäre, wenn sie irgendwo in der Wildnis Probleme bekommen und so Hilfe holen können. Unser Ziel ist es, etwas zur Verfügung zu stellen, das hilft, diese Welt für alle Leute sicherer zu machen."

Zum Zweck, diese Welt sicherer zu machen, wird GPS in den USA bereits eingesetzt, allerdings auf der anderen Seite der Medaille: bei den Tätern und nicht den potentiellen Opfern. Die elektronische Fußfessel (Gefängnis unter freiem Himmel) mit Global Positioning System wird seit vergangenem Jahr angeboten, um in Echtzeit die Kriminellen zu überwachen. In Deutschland wurde 2000 der erste Versuch elektronischer Bewachung von Straftätern gestartet, die in Hessen auf Bewährung draußen sind. Allerdings kommen hier noch die alten Modelle mit Peilsender und Telefon zur Übermittlung des Aufenthaltsorts des virtuellen Gefangenen an eine Zentrale zum Einsatz (Hessen testet als erstes deutsches Bundesland elektronische Fußfessel)