OPEC lässt sich Zeit

Das Bild ist aus Aufnahmen drei verschiedener Satelliten am 5. Mai 2008 zusammengesetzt, in dem jeweils die wolkenfreien Segment kombiniert wurden. Außerdem wurde eine Datensatz des baumbestandes aus der region verwendet. Die Methode für diese Datenanalyse wurde am Geographischen Institut der Universität von Maryland, USA, entwickelt. Bild: NASA Earth Observatory

Die Klima- und Energiewochenschau: G-8-Minister fordern von der OPEC die Ausweitung der Förderung, als gäbe es keine Peak-Oil-Diskussion

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Ölpreis war auch letzte Woche das energiepolitische Thema und wird es wohl noch für lange Zeit bleiben. Nach seinem Rekordsprung vom vorvorigen Freitag auf 139,12 $/b (US-Dollar pro 159-Liter-Fass) ist der Preis nicht wieder zurückgefallen, sondern hat sich um die 135 $/b eingependelt.

Während Gazprom-Vorstand Alexei Miller meinte der Ölpreis würde in "absehbarer Zeit" auf 250 $/b klettern, und auch die Rohstoffexperten bei der US-amerikanischen Investment-Bank Goldman Sachs mit 200 $/b rechnen, werden die Regierungen der großen Industrieländer langsam nervös.

Am Wochenende trafen sich die Finanzminister der G-8-Staaten (USA, Frankreich, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Italien, Japan und Russland) im japanischen Osaka und drängten die Förderländer zur Erhöhung der Produktion. Die Weltwirtschaft würde durch den hohen Preis "Gegenwind" spüren. "Erhöhte Rohstoffpreise, insbesondere für Öl und Nahrungsmittel, stellen eine ernste Herausforderung für ein stabiles weltweites Wachstum dar, haben für die Schwächsten ernsthafte Folgen und könnten den Inflationsdruck erhöhen", heißt es in einer Stellungnahme der Minister.

Die Subventionen für Treibstoffe müssten abgebaut und durch direkte Unterstützung der Ärmsten ersetzt werden, um "das Preissignal an die Verbraucher weiterzugeben". Und weiter: "Wir fordern die ölproduzierenden Länder auf, die Produktion zu erhöhen und in langfristige Produktionskapazitäten zu investieren, wobei sie das Know-how internationaler Ölgesellschaften nutzen sollten." Letzteres darf wohl als kleiner Hinweis vor allem der Briten, Franzosen und US-Amerikaner gesehen werden, dass sie sich ungern das Geschäft von den oft staatlichen Gesellschaften der jeweiligen Förderländer wegnehmen lassen (Siehe Der Untergang von "Big Oil").

Die Nachrichtenagentur AP zitiert den US-amerikanischen Schatzminister Henry Paulson, mit dem dringenden Appell, den Märkten ihren Lauf zu lassen. Es müsse einfach mehr in die Förderung investiert werden. Er hält es für eine Gefahr, von Spekulation zu reden. "Wenn man sich das Problem anschaut, dann, denke ich, ist es ziemlich klar. In den letzten zehn Jahren hat es keinen Anstieg der Förderkapazitäten gegeben." Einige europäische Minister hatten hingegen von Spekulation als einer der Ursachen des Preisanstiegs gesprochen.

Der Preis für einen Korb der von der OPEC geförderten Sorten. Der meist zitierte Referenzpreis liegt um einige US-Dollar höher, weil er für qualitativ höherwertige Sorten ermittelt wird. Grafik: OPEC

Der Präsident der Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC), Chakib Khelil, kündigte an, dass es eine Entscheidung über die Förderquoten erst im September auf der turnusmäßigen Konferenz der Organisation in Wien geben werde. Verschiedene Mitgliedsländer hatten sich in den letzten Wochen wiederholt gegen einen Sondersitzung ausgesprochen, da diese die Märkte nur zusätzlich nervös machen würde. Die OPEC-Länder fördern knapp die Hälfte des derzeitigen Ölverbrauchs. Sie gelten allerdings mehr oder weniger als die einzigen, die ihre Produktion noch steigern können.

Saudi Arabien hat unterdessen allerdings angekündigt, seine Förderung im Juli um 200.000 Fass zu steigern. (Siehe auch Ölpreis auf Rekordstand). Die Steigerung in Saudi Arabien wird aber die Märkte, wenn überhaupt, nur kurzfristig beruhigen. Um mit dem wachsenden Verbrauch Schritt halten zu können, müsste die Förderung jährlich um ca. zwei Millionen Fass pro Tag steigen (Wird das Öl knapp?).

Schweden klotzt

Die Diskussion über Ölpreis und Peak Oil wird uns also mit Sicherheit noch lange erhalten bleiben. Und ob nun der Punkt der Förderhöchstmenge nun schon erreicht ist oder nicht, so scheint eines ziemlich klar: Wäre nicht in den 1980ern das Rad der Geschichte zurückgedreht worden, wären nicht die ersten guten Ansätze zum Energiesparen und zur Entwicklung regenerativer Energien, die es nach dem Ölpreisschock der 1970er gegeben hatte, wieder eingestampft worden, dann hätten wir heute das Problem nicht. Dann müssten wir nicht um die Weltwirtschaft und die mittelfristige Energieversorgung fürchten, weil wir nicht so bedingungslos vom Öl abhängig wären.

Immerhin können wir vom Glück sagen, dass zumindest die Entwicklung von Windenergie und Photovoltaik boomt, wenn auch ausgehend von einem, am globalen Energiebedarf gemessen, niedrigem Niveau. Schweden zum Beispiel will schon 2020 seine Abhängigkeit vom Öl beendet haben. Angesichts der Bedeutung des Autos in dem dünn besiedelten Land der großen Entfernungen und der ländlichen Wochenendhäuser erscheint das zwar fraglich, aber immerhin macht man nun wenigstens mit dem Ausbau der Windenergie ernst.

Pitea ist ein kleines Küstenstädtchen hoch im schwedischen Norden. Im letzten Winkel des Bottnischen Meerbusens gelegen, sind es nur rund 100 Kilometer zur finnischen Grenze. Die Hauptstadt Stockholm liegt hingegen aus der dortigen Perspektive im fernen Süden: Immerhin 700 Kilometer sind es, soweit wie von Hamburg nach München. Die Gegend leidet unter dem Niedergang der alten Industrien. Menschen ziehen weg, die Jungen hält wenig in einem Landstrich, in dem es selten richtig warm wird und sich die Sonne in langen Wintermonaten rar macht. Zum Polarkreis ist es von hier nur einen Katzensprung.

Diese Region hat sich de Projektentwickler Svevind AB für einen der bisher größten Onshore-Windparks in Europa ausgesucht. Bereits Ende Mai schloss das Unternehmen, wie letzte Woche bekannt wurde, mit dem norddeutschen Hersteller Enercon einen Kooperationsvertrag ab. Demnach sollen im Windpark Markbygden, so heißt das Projekt im Hinterland von Pitea, bis 2020 eine elektrische Leistung von 3000 bis 3500 Megawatt (MW) installiert werden. Ca. 1500 Windräder will Svevind dafür auf einer Fläche von 450 Quadratkilometern aufstellen lassen.

Die E82 von Enercon mit einer Nennleistung von 2000 kW. Schon bald könnte sich eine große Zahl dieser Windräder im Norden Schwedens drehen. Die Rotoren drehen sich mit sechs bis 19,5 Umdrehungen pro Minute. Der Generator arbeitet ohne Getriebe. Foto: Enercon

Enercon will zu diesem Zweck ein Werk errichten, in dem die Betontürme für die Windräder gefertigt werden. 150 bis 200 Arbeitsplätze würden dafür entstehen, sagt das Unternehmen. Außerdem müsse eine Serviceeinheit aufgebaut werden, die sich um den laufen Betrieb der Anlagen kümmert. Aber Energietechnik ist in der Region eine alte, etablierte Branche, denn in Schwedens Norden wird seit langem im großen Maßstab elektrische Energie aus Wasserkraft gewonnen. An Fachkräften dürfte es also keinen Mangel geben, und auch sonst muss bei der Infrastruktur nicht von Null begonnen werden.

Auch sonst sind die Bedingungen für die Windkraft ideal: Auf den Bergkuppen der Region herrschen hohe Windgeschwindigkeiten. Bei Enercon spricht man von einem Jahresstromertrag von 12 bis 14 Milliarden KWh, was grob gerechnet rund für 4.000 Volllaststunden bedeuten würde. An deutschen Landstandorten ist in der Regel maximal die Hälfte, das heißt 2.000 Volllaststunden zu erwarten.

Beim Projektentwickler setzt man außerdem darauf, dass in der betroffenen Gegend nur sehr wenig Menschen leben. Gerade 444 Bewohner gibt es in den Dörfern, in deren Nachbarschaft der Windpark entstehen soll. Wolfgang Kropp von Svevind hofft daher, dass das Konfliktpotenzial gering ist. Allerdings scheint er nicht mit den Jägern und zahllosen Wochenendhausbesitzern gerechnet zu haben. An kritischen Nachfragen und Einsprüchen hat es jedenfalls auch im hohen Norden keinen Mangel, wie der deutschsprachige Internetdienst von Radio Sverige berichtet.

Not in Myanmar hält an

Während sich die Weltöffentlichkeit längst anderen Naturkatastrophen wie den schweren Erdbeben in China oder den jüngsten Hochwassern im mittleren Westen der USA zugewendet hat, hält die Not der Hochwasseropfer in Myanmar (Burma) an. Von den sechs Millionen Menschen, die im Irrawaddy-Delta lebten, bevor Anfang Mai der tropische Wirbelsturm Nargis die Region traf, sind noch immer 2,4 Millionen auf Nahrungsmittelspenden angewiesen. 133.600 Menschen sind tot oder werden vermisst, berichtet die Nachrichtenagentur AFP.

Die Hilfe für die Bedürftigen wird nicht nur durch eine unfähige und rücksichtslose Militärbürokratie, sondern auch durch neue Regenfälle behindert. Die Monsun-Saison hat gerade erst begonnen, und 500.000 Schulkinder müssen in vollkommen zerstörten Schulen unterrichtet werden, nach dem die Regierung die Wiederaufnahme des Unterrichts angeordnet hat.

Unterdessen weist die US-amerikanische Meeresbiologin Deborah Brosnan, Präsidentin des Sustainable Ecosystems Institute, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters daraufhin, dass das Irradawati-Delta ein Beispiel dafür ist, wie gefährdet viele Mündungsgebiete von Flüssen in aller Welt sind. Dichte, arme Bevölkerung und umfassende Eingriffe in die natürlichen Flussläufe in Kombination mit einem aufgrund der globalen Erwärmung steigenden Meeresspiegel seien eine tödliche Mischung.

Ursprünglich hat die menschliche Besiedlung der Deltas einen guten Grund gehabt. Da sie aus Schwemmland bestehen, bieten sie fruchtbaren Boden. Die Flussarme sind meist voller Fische, und Marschland sowie Mangrovenfelder boten Schutz vor Sturmfluten. Doch inzwischen sind die Mangrovengürtel oft verschwunden und Marschland wurde bebaut oder ging ans Meer verloren, weil es seine natürlichen Schutzes beraubt wurde, wie vor den Küste New Orleans an der Mündung des Mississippi in den Golf von Mexiko. Die Entwässerung von Sümpfen in den Deltas führt außerdem zum Absinken des Landes, was zu seiner Gefährdung beiträgt.

Bedrohte Regionen sind neben der Südküste der USA unter anderem das Nildelta, der Unterlauf von Ganges und Brahmaputra in Bangladesch, die Mündungsregion des Jangtse in China mit der Megametropole Schanghai oder der Mekong in Vietnam.

Auch das Delta des Sacramento in der San-Francisco-Bucht im US-Bundesstaat Kalifornien zählt Brosnan zu den gefährdeten Gebieten. Dort sei eine Landschaft von feucht Wiesen in Ackerland verwandelt worden, geschützt von Deichen die sich über 1770 Kilometer durch die Wasserlandschaft schlängeln. Auch einige kleine Inseln, die inzwischen unter dem Meeresspiegel liegen, seien eingedeicht.

Die Meeressbiologin zitiert eine Studie, wonach in den nächsten 50 Jahren die Deiche mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent im großen Maßstab bei einer Flut brechen könnten Die Wiederherstellung und Beseitigung der Schäden – unter anderem wäre eindringendes Salzwasser ein großes Problem, denn das Delta ist ein wichtiges Trinkwasserreservoir – könnten mehr als 40 Milliarden US-Dollar kosten.

Bei einem Meeresspiegelanstieg von 1,5 Meter wären in Bangladesch 16 Prozent des Landes verloren und 15 Prozent der Bevölkerung müsste sich eine neue Bleibe suchen. Dabei wurde allerdings noch nicht berücksichtigt, dass bei einem höheren Meeresspiegel auch die Sturmfluten wesentlich höher und zerstörerischer auflaufen. An Schleswig-Holsteins Ostküste gilt alles Land, das nicht mehr als drei Meter über dem Meeresspiegel liegt, als sturmflutgefährdet. Grafik: GRID