Open Source Programme für die Regierung

Eine Petition an die amerikanische Regierung

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Eric Raymond hat mit der von ihm begründeten Open Source Bewegung offenbar den erwünschten Erfolg (siehe auch Eric Raymond und die Kultur des Schenkens). Gerade zur richtigen Zeit formulierte er in seinem Essay The Cathedral and the Bazaar im letzten Jahr die Vorteile einer Software, deren Quellcode öffentlich zugänglich ist und in Kooperation von vielen freiwilligen Mitarbeitern weiter verbessert wird. Netscape hat daraufhin den Quellcode seines Browsers veröffentlicht, und Raymond selbst hatte das Glück, interne Papiere von Microsoft (Halloween-Dokumente) im Netz publizieren zu können, in denen die Vorteile der Open Source Programme herausgestellt und als künftige Konkurrenz zu den Microsoft-Programmen dargestellt wurden.

Raymond lehnte sich für den neuen Begriff aktuell vorwiegend an den Erfolg von Linux und Linus Torvalds an, und er versucht, die Hackerkultur durch den neuen Begriff auch kommerziell attraktiver zu machen und von ihrem manchmal schlechten Ruf zu befreien. Gegenüber der "freien Software", wie sie etwa Richard Stallman vertritt, soll Open Source einfach das bessere Modell zur Herstellung von Software sein. Für Stallman jedenfalls ersetzt der Begriff Open Source nicht den der freien Software, weil für ihn dieser Begriff mit einer Bewegung verbunden ist, für die Freiheit und Gemeinschaft primär ist, während Raymond versuche, über seine Definition von Open Source möglichst jeden Idealismus auszutreiben.

Jetzt haben in den USA, gesponsert von Eric Raymond und dem Open Source Programm, bereits an die 1500 Menschen - "Benutzer von Open Source Software und Betriebssysteme aus privatwirtschaftlichen, wissenschaftlichen und universitären Bereichen" - eine seit Freitag im Netz befindliche Petition an die amerikanischen Bundesbehörden unterzeichnet, die diese im Interesse der Regierung und der Steuerzahler auffordert, doch auch Open Source Programme und Betriebssysteme in Betracht zu ziehen, wenn sie Institutionen mit neuen Computern ausstatten oder Computersysteme erneuern.

Open Source Software habe ihre Qualität in den letzten 25 Jahren als Grundlage des Internet demonstriert und jetzt auch einen Grad an Stabilität und Leistungskraft erreicht, mit dem sie auch in Konkurrenz zu kommerziellen Betriebssystemen treten könne. Clay Shirky, Professor am New York City's Hunter College, formulierte die Petition und verwies als Bekräftigung für die Güte der Open Source Software auf einen Bericht von Microsoft an die Securities and Exchange Commission, in dem zu lesen war, daß die Betriebssysteme von Microsoft nicht nur mit UNIX-basierten Betriebssystemen von vielen Firmen konkurrieren, sondern daß das Linux-Betriebssystem immer mehr geschätzt werde und Firmen wie Oracle oder Corel Anwendungen auf der Grundlage von Linux entwickeln wollen.

Die Petition nutzt die neue Site E-The People, deren Dienste von Alex Sheshunoff kostenlos allen Einzelnen, Gruppen und nicht-gewerblichen Organisationen angeboten werden, die für ein Anliegen Mitstreiter suchen, um Spenden bitten oder eine Petition an Abgeordnete richten wollen. Demokratie lebe, so die Philosophie, von der Partizipation der Bürger an der Politik und der Kommunikation der Bürger mit den Politikern. Gesammelt wurden bislang über 140000 Email-Adressen von Behörden und politischen Repräsentanten auf allen Ebenen, wobei man sich die jeweils relevanten mit einer Suchmaschine leicht heraussuchen kann. Wenn ein Politiker keinen Zugang zum Internet besitzt, so kann die E-Mail in ein Fax umgewandelt werden. Noch ist E-The People in der Testphase, die Linux-Petition aber könnte bereits ein erster Erfolg werden, denn Shirky will, daß mindestens 10000 Menschen sie unterzeichnen. Das wird wahrscheinlich nicht schwer fallen. Finanziert werden soll dieser demokratische Dienst durch Werbung - und man will ihn übrigens auch bald in Deutschland anbieten. Oder ist das vielleicht nur eine neue Spam-Maschine, die nur zum information overload beiträgt und dadurch den Wert von Petitionen weiter vermindert?