Ordnung macht Plastik glänzend und leitend

Ein von koreanischen und amerikanischen Wissenschaftlern synthetisiertes Polymer weist erstmals alle Eigenschaften eines Metalls auf - aber nicht wirklich gut

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Metalle sind in unserer Umwelt nichts Ungewöhnliches: Ungefähr vier Fünftel der Elemente des Periodensystems sind metallischer Natur. Sie bekommen ihre typischen Eigenschaften dadurch, dass die Elektronen darin leicht verschiebbar sind – sie bilden eine Art Elektronengas. Das ist unter anderem die Grundlage für die hohe elektrische Leitfähigkeit, aber auch dafür, dass die betreffenden Elemente undurchsichtig sind und metallisch glänzen: Die Ladungsträger bewegen sich schnell genug, dass sie eintreffendes Licht reflektieren können.

Nun ist schon seit den 70er-Jahren bekannt, dass nicht nur Metalle leitfähig sein können: Damals stellte man erstmals elektrisch leitende Polymere her, indem man sie chemisch dotierte und damit die nötigen freien Ladungsträger erzeugte, die sich entlang der Polymer-Ketten bewegen können. Es dauerte auch nur gute 20 Jahre, bis die damals führenden Forscher Alan Heeger, Alan MacDiarmid und Hiroki Shirakawa 2000 für die Entwicklung leitender Polymere den Chemie-Nobelpreis zuerkannt bekamen.

Trotzdem verhalten sich solche Plastik-Werkstoffe nicht in jedem Aspekt wie Metalle – was sogar zur Entwicklung eines eigenen physikalischen Modells (Polaron-Modell) zur Beschreibung der elektrischen Leitfähigkeit von Polymeren führte. Alan Heeger, einer der Preisträger von damals, tritt nun als Co-Autor eines Artikels (doi:10.1038/nature04705) im Wissenschaftsmagazin Nature in Erscheinung, in dem er gemeinsam mit koreanischen Forschern ein Plastik vorstellt, das erstmals tatsächlich alle Eigenschaften eines Metalls aufweist.

Dabei handelt es sich um ein speziell polymerisiertes Anilin, übrigens vom unvergesslichen deutschen Chemiker Otto Unverdorben erstmals hergestellt. Den Forschern kam es bei dem in Nature beschriebenen Prozess vor allem darauf an, ein besonders gut geordnetes Material mit möglichst wenigen Strukturdefekten zu erzeugen. Und tatsächlich zeigt dieser Stoff ein durchgängig metallisches Verhalten: er ist nicht nur leitfähig (allerdings rund 500mal schwächer als Kupfer), sondern reflektiert auch Licht. Allerdings würden davon nur Feuerkäfer und Grubenottern etwas bemerken – wegen der viel geringeren Elektronendichte auf der Oberfläche spiegelt das Polyanilin nämlich rein im infraroten Bereich.

Ganz brav metallisch verhält sich das neu entwickelte Material auch, wenn man es abkühlt: dabei erhöht es seine Leitfähigkeit. Das ist für Metalle typisch, weil sich dabei die den Elektronentransport störende kinetische Bewegung der Atome verringert. Andere leitende Polymere weisen dieses Verhalten nicht auf – bei ihnen verringert sich mit der Temperatur auch die Konzentration der Ladungsträger. Und das begünstigt die Leitfähigkeit nicht wirklich.

Was insgesamt klingt wie ein Meilenstein der Wissenschaft ohne praktische Bedeutung (wer braucht schon ein Polymer, das 500mal schlechter als Kupfer leitet?), ist für die Polymer-Forschung ein leichter Schlag vor den Kopf: Wie der Wissenschaftler Richard Friend in einem Begleitartikel in Nature beschreibt, würden dadurch die Erwartungen gedämpft, die Leitfähigkeit von Polymeren entscheidend verbessern zu können.