Patzer in Afghanistan

Bei einem Spontanbesuch Obamas wird die Identität des Kabuler CIA-Chefs irrtümlich bekannt

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Mit seinem Überraschungsbesuch in Afghanistan am Sonntag machte US-Präsident Obama auf ein Krisengebiet aufmerksam, das zum Nebenschauplatz der Berichterstattung geworden ist. Dass der Besuch von Patzern begleitet war, passt zur unglücklichen Politik, mit der die USA in Afghanistan operieren.

Der CIA-Chef in Kabul sei durch einen Fehler namentlich mit einer wenig verschleierten Angabe seines Postens - "Chief of Station" - auf einer Einladungsliste aufgeführt worden, die an 6.000 Adressen, meistens Pressekontakte, verschickt wurde, berichtet die Washington Post.

Kabul: einer der größten Auslandsposten der CIA

Zwar wurde der Fehler vom Weißen Haus später behoben, der Name tauchte auf einer korrigierten Liste nicht mehr auf, aber der Mann gilt als enttarnt. Welche Konsequenzen dies für die Arbeit der CIA in Afghanistan hat, wo der Geheimdienst laut Zeitung einen der größten Auslandsposten unterhält, mit angeblich "Hunderten von Offizieren, Analysten und Untergebenen", ist nicht nicht bekannt.

Zahlreiche Kommentare unter dem Zeitungsbericht lassen mehrheitlich verstehen, dass sie der Fehler des Weißen Hauses kaum überrascht. Erfolgsgeschichten aus Afghanistan haben Seltenheitswert, schlechte Nachrichten nicht.

Dazu gehört, dass der abtretende Präsident Karzai ein Treffen mit Obama absagte. Dessen Verärgerung über die USA ist seit langem bekannt, dass man ihm dann ziemlich kurzfristig, aus dem Flugzeug heraus, Bescheid über das Spontantreffen zukommen ließ, gab ihm diesmal Gelegenheit zu einer diplomatischen Absage. Obama drängt auf das bilaterale Abkommen zwischen den USA und Afghanistan über die Zukunft der amerikanischen Truppen im Land.

Zwar betont man, dass beide Präsidentschaftskandidaten, die es in die Stichwahl geschafft haben, Abdullah Abdullah und Ashraf Ghani, einem Abkommen zugetan sind, aber in Washington dürfte auch bekannt sein, dass Karsai in Kabul ein mächtiger Drahtzieher bleibt. Karsai weigerte sich, ein solches Abkommen zu unterzeichnen.

Wann Abdullah Abdullah und Ashraf Ghani dies tun könnten, bleibt unklar. Die zweite Wahlrunde ist für Mitte Juni vorgesehen. Doch ist die Unabhängige Wahlkommission derzeit noch mit Betrug in beträchtlichem Ausmaß bei der ersten Runde befasst. Als Konsequenz wurden die Hälfte des Mitarbeiterstabs, 5.338 Wahlhelfer entlassen. Auch dies gehört zu den nicht so guten Nachrichten.

10.000 US-Soldaten sollen bleiben

Gleichwohl gibt sich Obama sicher, was das beiderseitige Abkommen mit Afghanistan anbelangt. Er will Mitte dieser Woche ankündigen, wie stark das künftige amerikanische Truppenkontingent sein wird. Nach Schätzungen des Pentagon sollen von rund 30.000 US-Soldaten, die derzeit in Afghanistan stationiert sind, 10.000 bleiben. RIA Novosti meldet die gleiche Zahl, sie soll von einem gespräch mit Eileen O'Connor, Beraterin des US-Vizeaußenministers, stammen.

Von der Zahl der stationierten Truppen hängt auch ab, wie viel finanzielle Hilfe der Kongress in Washington künftig dem Land zukommen lassen wird. Auch die Entscheidung über Hilfe aus Europa dürfte davon abhängen. Afghanistan braucht c.a. 7 Milliarden Dollar jährlich, so Ahmed Rachid, auch in Deutschland als Verfasser des Buches "Taliban" bekannt, in einem lesenswerten Artikel zur Lage in Afghanistan und Pakistan. Dass der Lagebericht nicht rosig ausfällt, ist schon fast eine Selbstverständlichkeit.