Pentagon-Lösung gegen den Libyen-Frust: Luftangriffe

Operation Odyssey Dawn, Libyen, 2011. Foto: United States Marine Corps/gemeinfrei

Der deutsche Außenminister Steinmeier drängt auf eine "Stabilisierung Libyens". Mittlerweile stellt Tunesien neue Anforderungen an Lösungsvorschläge

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Ben Gardane ist 100 km von der Insel Dscherba entfernt, "Djerba, die Süße" heißt der dort ansässige Club Med. Gestern führte im Zentrum der tunesischen 80.000 Einwohner-Stadt Ben Gardane nicht die Polizei, sondern Dschihadisten Passkontrollen durch. Bewaffnete, so Augenzeugen, die sich unbeschwert in der Stadt bewegten und freimütig erklärten, dass sie dem IS angehören.

Die Nachricht vom IS-Angriff auf den tunesischen Grenzort war am Montag überall zu lesen. Mindestens 45 Tote seien bei den Kämpfen an der Grenze zwischen Tunesien und Libyen getötet worden, berichtete die Zeit. Islamisten hätten versucht, einen Militärstutzpunkt zu stürmen, das tunesische Militär habe aber die Kontrolle wiedererlangt. Auch in der Zeit ist die Rede von einer Präsenz der IS-Milizen in der Innenstadt.

28 tote Dschihadisten, zehn tote Sicherheitskräfte und sieben tote Zivilisten präzisiert der Tagesspiegel die Opferbilanz von Ben Gardane und fügt hinzu, dass es bereits am Mittwoch vergangener Woche in Ben Gardane Gefechte zwischen tunesischen Sicherheitskräften und islamistischen Extremisten gegeben habe. Dazu heißt es:

Bei mindestens vier der fünf Getöteten handelte es sich nach Behördenangaben um Tunesier, die über die libysche Grenze gekommen waren, um in Tunesien Anschläge zu verüben.

Die Aktionen in Ben Gardane bringt der Tagesspiegel in Verbindung mit dem US-Luftangriff auf den libyschen Ort Sabratha - nahe der tunesischen Grenze - am 19. Februar. Der Angriff der amerikanischen Kampfjets galt Noureddine Chouchane, dem mutmaßlichen Drahtzieher des Terroranschlags im Museum Bardo in Tunis im März 2015 (Link auf 44434). Ob Noureddine Chouchane durch die US-Jets getötet wurde, ist unbekannt.

"Damit der IS keinen sicheren Rückzugsort mehr findet"

Bekannt sind dafür aber andere Folgen des Luftangriffs: Laut dem Bürgermeister von Sabratha wurden 40 Personen getötet. Den US-Angriff beantworteten IS-Einheiten mit mörderischen Vergeltungsaktionen in Sabratha, Enthauptungen. Dem folgten dann Gegenreaktionen gegen den IS von lokalen libyschen Kräften.

Die Angriffe der IS-Milizen auf den tunesischen Grenzort Ben Gardane gehören in diesen Kontext, so der Tagesspiegel mit Berufung auf tunesische Sicherheitskreise. Der deutsche Außenminister Steinmeier betont ebenfalls die Zusammenhänge zur Situation in Libyen: Der Angriff auf das tunesische Ben Gardane zeige, "wie wichtig es ist, eine Stabilisierung Libyens zu erreichen, damit der IS keinen sicheren Rückzugsort mehr findet".

Das Pentagon hält dazu bereits Optionen in der Schublade bereit, berichtete die New York Times am Dienstag, wie üblich aus informierten Kreisen. Die Pläne selbst sind keine Offenbarung größerer Geheimnisse:

Luftangriffe gegen 30 bis 40 Ziele in vier Arealen des Landes (Libyen, Erg. d. A,). Sie würden der gefährlichsten Filiale des IS außerhalb Iraks und Syrien einen lähmenden Schlag versetzen und den Weg für libysche Milizen bereiten, um die IS-Kämpfer am Boden zu bekämpfen.

Klingt wie die Neuauflage der Nato-Luftunterstützung von Milizen, die 2011 gegen Gaddafi kämpften, nur dass beim Gegner IS keine Irritationen über das Böse, das es zu bekämpfen gilt, stören. Das militärische Grundmuster ist aber sehr ähnlich: "Verbündete Luftwaffeneinheiten führen Angriffe aus, um Milizen am Boden zu unterstützen."

Der Vorschlag wurde der New York Times von fünf Militärvertretern mitgeteilt. Er soll bei einer Großbesprechung am 22. Februar von Verteidigungsminister Carter an die Sicherheitsberater Obamas weitergegeben worden sein. Die US-Regierung zögert laut dem Zeitungsbericht. Es gab keine Einwilligung Obamas.

In der Regierung setze man auf diplomatischen Druck. Darauf, dass in Libyen endlich die Einheitsregierung gebildet werde. Aus dem Außenministerium gebe es zudem die Warnung, die UN-Vermittlung nicht zu gefährden. Anderseits wolle man aber auch nicht zu lange warten. Der IS könnte in Libyen so groß werden, so dass er nicht mehr durch "begrenzte - und politisch akzeptable - militärische Operationen besiegt werden könnte".