Piloten streiken für Rente mit 55

Lufthansa bietet betroffenen Passagieren Bahnfahrkarten an

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Heute Vormittag um 10 Uhr beginnt ein auf acht Stunden angesetzter Streik der Pilotengewerkschaft Cockpit. Direkt davon betroffen sind ungefähr 110 Starts vom Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen, darunter auch Fernflüge. Maschinen der Lufthansa-Töchter Austrian Airlines, Brussels Airlines, Germanwings, Swiss und Air Dolomiti sollen nicht bestreikt werden.

Anlass des Arbeitskampfes ist das Vorhaben der Unternehmensführung, den frühestmöglichen Renteneintrittszeitpunkt für ihre 5.400 Piloten heraufzusetzen, der derzeit 12 Jahre unterhalb des Renteneintrittsalters von Normalarbeitnehmern liegt. Geht ein Lufthansa-Pilot mit 55 in Rente, dann sorgt sein Arbeitgeber dafür, dass er keine Einbußen hat. Die Rückstellungen für diese Übergangsversorgung liegen aktuell bei 1,2 Milliarden Euro.

Nicht alle Lufthansa-Piloten nehmen dieses Angebot wahr - aber sehr viele. Das Durchschnittsrenteneintrittsalter liegt aktuell bei 59 Jahren. Diesen Durchschnittswert möchte die Lufthansa ab 2016 auf 61 Jahre steigern, um ihre derzeit eher magere Profitmarge von 2,2 Prozent zu verbessern und neue Investitionen zu tätigen. Wie dies erreicht wird, soll Gegenstand von Verhandlungen sein.

Die Gewerkschaft Cockpit möchte nicht über ein höheres Renteneintrittsalter reden und verweist unter anderem auf die Sicherheit der Fluggäste. Bis 2011 durften Piloten wegen solcher Sicherheitsbedenken nicht über das 60. Lebensjahr hinaus arbeiten. Dann entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg auf die Klage von drei Lufthansa-Piloten hin, dass diese Regelung "für den Schutz der öffentlichen Sicherheit und der Gesundheit nicht notwendig" und "unverhältnismäßig" sei, weil Flugzeugführer in regelmäßigen Abständen medizinisch untersucht und auf eventuelle Defizite getestet werden. Seitdem gilt die internationale Regelung, nach der Piloten ab 60 bis zum 65. Lebensjahr fliegen dürfen, wenn sie von einem jüngeren Kollegen begleitet werden.

Der Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen. Foto: User:My name. Lizenz: CC BY 3.0.

In der Bevölkerung gibt es für den Pilotenstreik nur bedingt Sympathien. Das liegt auch daran, dass ein Lufthansa-Flugkapitän der höchsten Gehaltsstufe mit Zulagen etwa 260.000 Euro verdient - über 100.000 Euro mehr als seine Kollegen bei Swiss. Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg versuchte das in einem Interview mit dem Spiegel damit zu rechtfertigen, dass "Manager noch deutlich mehr verdienen", obwohl auch sie "nicht zehn- oder zwanzigmal so viel arbeiten wie ein normaler Arbeitnehmer".

Lufthansa hat angekündigt, Kunden, von denen die Linie über entsprechende Kontaktdaten verfügt, via Email oder SMS über ausfallende Flüge zu informieren, damit sie nicht erst am Flughafen davon erfahren. Geschädigten will man Stornierungen, Umbuchungen, Ersatztickets anderer Linien und Bahnfahrkarten anbieten. Dazu müssen sie allerdings ihre Tickets umtauschen. Anrecht auf eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung haben sie nach einer Entscheidung des BGH vom 21. August 2012 (Az. X ZR 138/11) nicht, weil ein Streik der eigenen Piloten als "außergewöhnlicher Umstand" gilt.

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