Piraten werben um Fußballfans

Die Partei kritisiert den Anspruch des Weltfußballverbandes FIFA, nicht explizit von ihm genehmigte Public-Viewing-Veranstaltungen zu untersagen

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Edmund Stoiber hätte so etwas wahrscheinlich eine "Steilvorlage" genannt: Kurz vor der Wahl im wahrscheinlich am meisten von Fußball geprägten Bundesland Nordrhein-Westfalen wurde bekannt, dass der internationale Fußballverband FIFA jede nicht explizit von ihm genehmigte öffentliche Vorführung von Weltmeisterschaftsspielen als verboten ansieht. Dabei definiert die FIFA eine Vorführung bereits dann als öffentlich, wenn sie nicht in einem privaten Wohnumfeld stattfindet. Als Beispiele dafür nennt der Verband unter anderem Gaststätten, Büros, Busse und Krankenhäuser. Dafür, so die Fußballfunktionäre, müsse bei ihnen eine Genehmigung beantragt werden, für sie auch Geld nehmen könnten.

Die Piratenpartei nutzt diesen Anspruch nun, um auch solchen Personen die Auswirkungen sehr weit gefasster Monopolrechtsansprüche vor Augen zu führen, die sich sonst eher weniger für Politik um allgemeinen und die Piraten-Kernthemen im speziellen interessieren. Genau diese Personengruppe erinnert man nun daran, dass die Registrierungspflicht beim Erwerb von Eintrittskarten, die RFID-Überwachungschips in solchen Tickets und Markenrechtsexzesse wie das Verbot von "Weltmeisterbroten" ebenfalls Themen sind, die durchaus ihren Alltag bestimmen, aber von den etablierten Parteien bisher im besten Falle ignoriert und im schlechtesten forciert werden. Deshalb, so die Piraten in einer Pressemitteilung, fordern sie eine Änderung des Urheberrechts, die solchen, so wörtlich, "Machenschaften" die Grundlagen entziehen soll.

In einer Online-Petition werden die Bundesregierung und die Landesregierungen außerdem dazu aufgefordert, klarzustellen, "dass öffentlich-rechtliches Fernsehen in Deutschland ohne jede Beschränkung von Dritten öffentlich gezeigt werden kann", die FIFA daran zu hindern, "die fußballbegeisterten Bürger dieses Landes mit Abmahnungen zu nötigen" und "Rechtssicherheit beim Public Viewing der WM 2010 zu schaffen". Damit könne die Bundesregierung "den Deutschen nach dem Sommermärchen 2006 auch 2010 einen grandiosen Fußballsommer [...] sichern."

Und weil die FIFA ihre umfassenden Monopolrechte zwar forsch behauptet, sie aber nach Auffassung von Juristen nicht unbedingt wirklich hat, planen die Piraten nun auch eigene Public-Viewing-Veranstaltungen zur Weltmeisterschaft. Allerdings ist nicht sicher, ob sie sich damit nur Freunde machen: Weil Behörden häufig beide Augen zudrücken und weder Lärm- noch andere Schutzvorschriften zählen lassen, wenn es um Fußball geht, haben Monopolrechtsansprüche in solchen Fällen nämlich auch ungeplante Nebenwirkungen, die von Anwohnern solcher Veranstaltungsorte mit Etwas assoziiert werden, was man sonst zu den Kernanliegen der Piratenpartei zählt: Den Schutz der Privatsphäre, die nicht nur den Neugierigkeiten von Staat und Konzernen ausgesetzt ist, sondern auch elektronischen wie akustischen Belästigungen durch analoge wie digitale Formen von Spam. Hier könnte sich deshalb tatsächlich eine sinnvolle Anwendung für Digital Rights Management bieten: Jedoch nur dann, wenn die zu zahlende Gebühr für einen Abspielvorgang direkt an die Lautstärke gekoppelt wird, so dass niemandem etwas vorenthalten wird, aber Anreize bestehen, um eine Belästigung von Dritten zu vermeiden.