Polen: Widerstand gegen neues Abtreibungsgesetz

Frauenvereinigungen rufen zu Demonstrationen und einem Generalstreik auf, um ein Gesetz zu verhindern, das, bis auf eine Ausnahme, jede Abtreibung zu einem Verbrechen macht, das mit Haft bestraft wird

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Gegnerinnen nennen das neue Gesetz "Scharia-Gesetz", vorbereitet von Nonnen und Priestern, die keine Kinder haben, - und die das Leben anderer zur Härte machen, ließe sich ergänzen.

Es geht um das neue Abtreibungsgesetz in Polen. Es hat mit mächtiger Mobilisierung der katholischen Kirche den Weg ins Parlament geschafft und macht fast jede Abtreibung zu einem Verbrechen, das für die Beteiligten mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden kann.

Einzig legal wäre künftig nur eine Abtreibung, wenn das Leben der werdenden Mutter gefährdet ist. Illegal wäre aber auch eine Abtreibung infolge einer Vergewaltigung oder Inzest. Das bisherige Abtreibungsgesetz macht diese Ausnahmen noch. Allerdings gilt das geltende Gesetz bereits als eines der restriktivsten in Europa. Jetzt soll es noch verschärft werden: "Schlimmer geht immer", kommentiert die taz.

Am 23. September genehmigte das polnische Parlament den neuen Gesetzesentwurf, jetzt liegt der Entwurf laut taz dem Justiz- und Menschenrechtsausschuss vor.

Protestplakat zum Aufruf der polnischen Frauen zu einem Generalstreik #CzarnyProtest. Quelle: Krakow Post

An diesem Wochenende haben die Gegner des Gesetzes zu Demonstrationen aufgerufen, um es doch noch zu verhindern. Für Montag haben die Frauen zum Generalstreik aufgerufen. Das ist eine Premiere, wie Le Monde herausstellt. Die Zeitung sieht den Widerstand gegen das Abtreibungsgesetz als Teil eines Kampfes gegen eine "kulturelle Konterrevolution in Polen", die sich "Frauen als erstes Ziel auserkoren" hat.

Das Ideal-Ziel des "Czarny Protest" (Schwarzer Protest), zu dem Frauenrechtsgruppen und die linke Opposition aufgerufen haben, wäre eine Legalisierung der Abtreibung "ohne Angabe von Gründen bis zur zwölften Woche".

Doch ist nicht anzunehmen - angesichts des Rückhalts, den die "Pro-Life"-Initiative hatte, die von den katholischen Bischöfen unterstützt, zum Gesetzesentwurf wurde -, dass die "Maximalforderung" eine politische Chance hat. So könnte es taktisch opportun sein, zunächst die Verschärfungen zu verhindern, legt der Kommentar der taz nahe, mit der Hoffnung, dass "eine neue große feministische Bewegung die Stimmung im Land wieder nach links drücken könnte".

Der Le Monde-Korrespondent in Polen, Jakub Iwaniuk, sieht eine Möglichkeit, dass das verschärfte Gesetz verhindert wird, darin, dass sich die PiS intern nicht ganz eindeutig dazu steht. Sie befürchte eine neue Front, die eine zu viel ist, so Le Monde. Schon jetzt sieht sich die polnische Regierung Widerständen in der EU gegen ihre Politik ausgesetzt. Mit dem Abtreibungsgesetzes will sich das europäische Parlament am 5.Oktober befassen, am 17. und 18. Oktober wird im Menschenrechtsrat der UN darüber beraten.