Politbarometer: Alles ist gut - und soll so bleiben

Die Deutschen sind gespalten, aber eigentlich zufrieden - oder fürchten sie nur jede Veränderung?

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Das Erstaunlichste beim eben veröffentlichten Politbarometer ist, dass die Deutschen offenbar bei aller Aufregung um Terrorismus, Flüchtlingen und Beteiligung am Krieg in Syrien erstaunlich gelassen bleiben. Offenbar sehen sich die Deutschen, auch wenn dieses Jahr mehr als eine Million Flüchtlinge ins Land gekommen sind, nur als Zuschauer eines fernen Schiffsbruchs, der sich da irgendwo in Syrien oder auch in Frankreich ereignet hat.

Trotz der weiterhin ungelösten, nur durch Fluten der Märkte mit Geld durch die EZB gebremsten Finanzkrise in der EU erwartet mit 64 Prozent eine Mehrheit der Deutschen, dass auch nächstes Jahr sich nichts verändern wird. 27 Prozent denken, dass es ihnen nächstes besser gehen wird. Und das bereits auf dem Hintergrund, dass 76 Prozent meinen, 2015 sei für sie ein gutes Jahr gewesen.

Mit dieser Bombenstimmung, die Anspielung lässt sich nicht vermeiden, muss die Regierung nichts fürchten. Abgesehen davon, dass sich die Angstmacher von der AfD mit 9 Prozent stabilisiert haben, bleibt auch die Union bei 39 Prozent. Die SPD kommt auf 24 Prozent bei der Sonntagsfrage, die Linke auf 9 Prozent, die Grünen auf 10 Prozent, die FDP auf 4 Prozent, was wohl andeutet, dass das nichts mehr wird. Insgesamt zufriedene Stagnation - oder Furcht vor einer Veränderung, Schockstarre.

Stabilität ist gefragt. Das dürfte auch der Grund sein, warum Schäuble der beliebteste Politiker ist, gefolgt von Steinmeier. Bosbach hat es auf den dritten Platz geschafft, immerhin vor Merkel. Und Seehofer ist trotz Aufstand und starken Worten weiter Schlusslicht. 50 Prozent meinen sogar, Gabriel führe die SPD gut, die Genossen haben ihn allerdings gerade abgestraft mit einem schlechten Ergebnis für den Parteivorsitzenden. Ein Viertel hat gegen ich gestimmt. Macht nichts, sagt Gabriel, mit einer Dreiviertel-Mehrheit geht es weiter wie bisher, was wohl auch richtig die Stimmung im Lande trifft.

Genauer gefragt, sind die Deutschen allerdings gespalten, das könnte in Zukunft schwierig werden. 49 Prozent kritisieren Merkels Flüchtlingspolitik, 46 Prozent stehen hinter ihr. 51 Prozent sagen, Deutschland könne die vielen Flüchtlinge vertragen, 46 Prozent meinen das nicht. 48 Prozent gehen davon aus, dass die Flüchtlinge sich integrieren wollen, 46 Prozent nicht. 49 Prozent finden einen militärischen Einsatz gegen den IS für gut, 46 Prozent nicht. Da ist also schon gutes Potential für AfD, CSU und Co. vorhanden, die Lage zuzuspitzen.

Entgegen der Bundesregierung meinen aber 69 Prozent, dass sich der IS militärisch nicht besiegen lasse. 64 Prozent gehen davon aus, dass sich mit der deutschen Beteiligung die Terrorgefahr erhöht. Das ist realistisch, denn nun ist Deutschland Kriegspartei, auch wenn es nur Tornados und eine Fregatte schickt.