Politische Mitverantwortung

Ein gesetzliches Monopol trägt dazu bei, dass Fahrgäste bei Bahnstreiks und bei schlechtem Wetter warten müssen

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Der Bahnstreik, der derzeit stattfindet, trifft viele Pendler auch deshalb besonders hart, weil die Bahn auf vielen Strecken ein Monopol hat. Dieses Monopol ist allerdings kein natürliches Monopol, sondern ein künstliches, das die Politik im Paragrafen 42a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) festgeschrieben hat.

Dort steht, dass Busunternehmen (außer in genehmigungspflichtigen Ausnahmefällen) keine Strecken bedienen dürfen, auf denen "der Abstand zwischen [den] Haltestellen nicht mehr als 50 km beträgt" oder die die Bahn in weniger als einer Stunde schafft. Der Stundenwert, von dem dabei ausgegangen wird, ist der theoretische - nicht der praktische (der bemerkenswert oft deutlich über den theoretischen hinausgeht).

Dieser gesetzliche Monopolschutz der Bahn stammt aus den 1930er Jahren und war bis zur Zulassung von Fernbussen 2013 sogar noch deutlich umfassender. In der Praxis führt die Regelung zu Einschränkungen, die Fahrgästen sehr oft nur schwer einsichtig sind: So halten die Busse des Unternehmens MeinFernbus/Flixbus beispielsweise in den benachbarten Städten Ludwigshafen und Mannheim, dürfen dort aber - je nach Fahrt - nur ein- oder aussteigen lassen.

Eine weitere Liberalisierung plant das Bundesverkehrsministerium derzeit trotzdem nicht. Stattdessen verweist man darauf, dass es ja auch auf der Schiene Bahn-Konkurrenz gebe: Zum Beispiel die Bayerische Oberlandbahn (BOB), die ihr namensgebendes Gebiet befährt, oder die Vogtlandbahn, die in Ostbayern und Tschechien die Alex-Züge betreibt. Tatsächlich lassen diese Unternehmen ihre Züge auch dann Fahren, wenn die Lokführer der Bahn streiken. Aber wenn die Bahn aus anderen Gründen zu spät oder gar nicht kommt, nutzen auch sie den Fahrgästen oft wenig.

Das liegt daran, dass die oberirdisch verlegte Schiene eine Technologie aus dem 19. Jahrhundert und im Vergleich zu modernen Straßen sehr unflexibel ist: Während Busse im Bedarfsfall ohne weiteres Umwege nehmen können, fahren weder Züge der Bahn noch solche der Konkurrenz, wenn Oberleitungen vereist oder Schienen von Laub oder Ästen bedeckt sind.

Den Bürgern scheint das bewusster zu sein als der Politik: Darauf deutet zumindest der Ausgang eines Bürgerentscheids zum Bau einer Stadt-Umland-Bahn im Landkreis Erlangen-Höchstadt hin: Hier wollten Kommunalpolitiker für mehrere Hundert Millionen Euro eine Schienenverbindung bauen lassen. Die Beteiligung an einem Zweckverband zur Vorbereitung dieser Bahn lehnten die Bürger am 19. April mit 54,8 zu 45,2 Prozent ab.

In den Diskussionen vor der Abstimmung hatten Gegner des Projekts deutlich gemacht, dass sie eine bessere Verkehrsanbindung durchaus begrüßen würden, wenn diese mit Bussen eingerichtet würde. Solche Busse hätten nicht nur den Vorteil, dass sie deutlich billiger wären und Umleitungen nehmen können - sie könnten auch Ortschaften anfahren, die nicht an die Schienenbahnverbindung angeschlossen werden sollten. Und da die Stadt-Umland-Bahn (wie die meisten S-Bahnen) oberirdisch verlaufen sollte, hätten die Fahrgäste auf sie ebenso im Freien warten müssen wie auf einen Bus.

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